Kafkas Spiegel zur Menschheit in Weiden entfaltet

Weiden. Franz Kafkas Erzählung "Ein Bericht für eine Akademie" wurde lebendig durch eine szenische Lesung, inszeniert von Schauspieler Peter Kampschulte. Der trug ein Affenkostüm und diskutierte nach der Aufführung mögliche Interpretationen mit dem Publikum.

Foto: Siegfried Bühner

Ein außergewöhnlicher Abend in Weiden brachte Franz Kafkas „Ein Bericht für eine Akademie“ zum Leben. Bei den Vortragsabenden des Freundeskreises Weiden der Evangelischen Akademie Tutzing kommen normalerweise Experten zu Wort. Dieses Mal jedoch stellte der Schauspieler Peter Kampschulte die Veranstaltung auf den Kopf. In voller Affenmontur gab er Kafkas Erzählung zum Besten.

Ein Affe als Mittelpunkt

Kampschulte, gewandet im Affenkostüm, entführte das Publikum in die Welt Kafkas, wo ein Affe, Rotpeter genannt, nach seiner Gefangennahme durch Jäger des Zirkus Hagenbeck in Afrika, allmählich menschliche Züge annimmt. Der Schauspieler mischte seine Darbietung mit echten Affenlauten wie „hua, hua“ oder „ho, ho“, vergriff sich in Grimassen und agierte geschickt am Rednerpult. „Rotpeter“ erzählt in der Geschichte von seinem Transport in einem Käfig auf einem Schiff, wie er Verhaltensweisen der Seeleute adaptiert, schnell saufen, rauchen und schließlich sprechen lernt. „Nein, Freiheit wollte ich nicht, nur einen Ausweg“, mit diesen Worten Kafka lässt seinen Protagonisten philosophieren.

Sprecher des Freundeskreises Dr. Ehrenfried Lachmann zusammen mit Schauspieler Peter Kampschulte als Rotpeter. Foto: Siegfried Bühner

Ein Dialog mit dem Publikum

Die Darstellung endete nicht mit der szenischen Lesung. Kampschulte nahm sich Zeit, um mit den Anwesenden über die zahlreichen Interpretationsmöglichkeiten der Geschichte zu diskutieren. Die Bandbreite der Deutungen war vast, von Kritiken an der Menschheitsentwicklung bis hin zu symbolischen Vergleichen mit der Geschichte des Judentums – eine Reflexion Kafkas eigener Herkunft. Besonders das Verhältnis zwischen Mensch und Tier sowie das wiederkehrende Thema der Freiheit – „mit Freiheit betrügt man sich unter Menschen allzuoft“ – standen im Fokus der Nachbesprechung.

Der Abend war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie literarische Werke lebendig werden und zur Auseinandersetzung anregen können. Die Veranstaltung bot eine einzigartige Möglichkeit, Kafkas Texte neu zu erleben und zu interpretieren und zeigte einmal mehr die zeitlose Relevanz seiner Werke.

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