Kein Asyl mehr an der tschechisch-deutschen Grenze: Bundespolizei weist “konsequent zurück”
Waidhaus. Die Botschaft soll ankommen, im In- und Ausland: Deutschland krempelt seine Asylpolitik um. Bisher kam ins Land, wer "Asyl" sagte. Künftig wird Schutzsuchenden aus einem sicheren EU-Mitgliedsstaat die Einreise verweigert. "Wir weisen konsequent zurück", sagt Gerhard Höfler, Chef der Bundespolizei Waidhaus.

In der Praxis sieht das in Waidhaus seit gestern so aus: Einreisewillige ohne die erforderlichen Papiere werden zum alten Straßenübergang an der B14 gebracht und dort an die tschechische Polizei übergeben. In den ersten 24 Stunden waren es vier Männer, die nach Tschechien zurückgebracht wurden. Dabei handelte sich nicht um Asylsuchende, sondern um zwei Ukrainer, einen Türken, einen Moldawier, die nicht über ausreichende Einreisepapiere verfügten.
Im Monate etwa hundert unerlaubte Einreisen
Mit welchen Zahlen ist zu rechnen? Nach Auskunft von Bundespolizeichef Gerhard Höfler sind seit 16. September 2024 – also in acht Monaten – 705 unerlaubte Einreisen festgestellt worden. 223 Personen konnten zurückgewiesen werden, weil beispielsweise schon eine Eurodac-Registrierung (Fingerabdruck-Datenbank) in einem anderen EU-Staat vorlag. Der Rest durfte ins Land. Das ist jetzt vorbei.
Höfler: “Die Bundespolizei Waidhaus hat im Rahmen der aktuellen Weisungslage des Innenministeriums die Grenzkontrollen massiv ausgeweitet.” Die illegale Migration soll eingedämmt werden, ebenso die Schleuserkriminalität. “Jeder Schutzsuchende wird konsequent zurückgewiesen.”
Die Zahlen
Seit 16. September 2024 hat die Bundespolizei Waidhaus:
- 705 unerlaubte Einreisen festgestellt, davon wurden 223 Personen nach Tschechien zurückgewiesen,
- 206 offene Haftbefehle wurden vollstreckt,
- 23 Schleusungen aufgedeckt.

Jeder Schutzsuchende wird konsequent zurückgewiesen. Gerhard Höfler, Leiter der Bundespolizeiinspektion Waidhaus
Künftig kommen nur noch “Vulnerable” in Erstaufnahmeeinrichtung
Rechnerisch wären das – sollten die Zahlen ähnlich bleiben, etwa 60 Menschen im Monat. Ausgenommen sind sogenannte vulnerable Gruppen: Minderjährige, Schwangere und Schwerkranke, “bei denen man es erkennen kann”. Diese Personen werden weiterhin an die Erstaufnahmeeinrichtung des BAMF – in diesem Fall das Ankerzentrum Regensburg – weitergeleitet.
Höfler ist am Freitag ein gefragter Interview-Partner. Denn: Dem Dienstherren in Berlin ist daran gelegen, dass sich die neue Praxis herumspricht. In mehreren “Schichten” begleiten die beiden Sprecher der BuPo Waidhaus, Tobias Pfeiffer und Johann Miesbeck, am Freitag Journalisten zur Kontrollstelle. Von Antenne Bayern bis zum Bayerischen Fernsehen, das für die “Tagesschau” dreht: Reporter Rudi Heinz soll um 18 Uhr sogar “live” gehen.
Dobrindt hebt Weisung von 2015 auf
Mit einem DIN-A4-Blatt hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die zehnjährige Praxis seit der Flüchtlingskrise 2015 beendet. In einem Schreiben hat Dobrindt am Mittwoch unmittelbar nach Amtsantritt eine mündliche Anweisung der damaligen Regierung Merkel an den Bundespolizeipräsidenten aufgehoben. Dobrindt beruft sich auf Paragraf 18 des Asylgesetzes, dass Schutzsuchenden bei der Einreise aus einem sicheren Drittstaat die Einreise verweigert werden kann. Juristisch ist sein Schnellschuss umstritten. In der Praxis läuft die Umsetzung.
In Waidhaus sind seit gestern deutlich mehr Bundespolizisten im Einsatz. Die Bundespolizei Waidhaus (rund 200 Mitarbeiter) wird von Kollegen aus anderen Teilen der Bundesrepublik unterstützt. In zwölf Stunden-Schichten werden Grenzkontrollen durchgeführt, die an die Zeit vor dem Fall des Eisernen Vorhangs erinnern.
Jedes Fahrzeug muss von A6 in Kontrollstelle
Rund 6.000 Fahrzeuge rollen täglich aus Tschechien über die A6 nach Deutschland. Schon seit Oktober 2023 ist auf dem Autobahnparkplatz Ulrichsberg – ein paar Kilometer im Landesinneren – eine feste Grenzkontrollstelle eingerichtet. Die Waidhauser Bevölkerung und Einpendler aus Tschechien haben sich inzwischen daran gewöhnen müssen: Auf die A6 ist in Waidhaus weder die Auffahrt noch die Abfahrt möglich.
Jedes Fahrzeug auf der A6 muss auf den Parkplatz Ulrichsberg einfahren. Bundespolizisten filtern am Parkplatzeingang, welche Fahrzeuge näher angesehen werden. Es kann alle treffen: Transporter, Reisebusse, Privat-Pkw und Lkw. Ruckzuck durch ist an diesem Freitagvormittag eigentlich nur der Motorradfahrer aus Bamberg und ein Seniorenausflugsbus aus Staffelstein.
Wie groß die Verstärkung durch Kollegen aus dem Bundesgebiet ist, das will Bundespolizeichef Höfler nicht publik machen. Nur so weit: Auch die grüne Grenze habe man im Auge. Am alten Übergang Waidhaus an der Landstraße steht die Grenzpolizei. In Waldsassen sei eine feste Kontrollstelle eingerichtet und auch der Übergang in Bärnau werde überwacht.
Zusammenarbeit mit Tschechien
Was sagen die Tschechen dazu? “Wir stehen seit Dienstag in ständigem Austausch mit Tschechien”, sagt stellvertretende Dienststellenleiterin Sabine Stein. Auf lokaler Polizei-Ebene versteht man sich traditionell gut – und das inzwischen seit Jahrzehnten. Polizeibeamte beider Länder arbeiten im nahen Gemeinsamen Zentrum Petrovice-Schwandorf zusammen.
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