Keine Denkwelt in Halmesricht: CSU-Fraktionschef hätte sich „auf Schoß des Finanzministers gesetzt“

Weiden. Die Weidener CSU sucht die Ursache für das Scheitern des Zukunftsprojektes „Denkwelt“ nicht bei Christian Engel, der LUCE-Stiftung oder gar in Speinshart. Fraktionschef Benjamin Zeitler wittert den Grund dafür im Weidener Rathaus.

Benjamin Zeitler, CSU-Fraktionsvorsitzender im Weidener Stadtrat, macht Oberbürgermeister Jens Meyer nicht nur für das Scheitern der Denkwelt verantwortlich. Bild: Helmut Kunz

Die Weidener CSU macht Rathauschef Jens Meyer für das Scheitern des Projektes Denkwelt in Halmesricht verantwortlich. „Innovation braucht Sichtbarkeit. Die Leute wollen was sehen“, sagte CSU-Fraktionschef Benjamin Zeitler beim Bürger- und Sommergespräch im Schätzlerbad. Mit diesem „Leuchtturm“ hätte Weiden europaweit Eindruck schinden können. „Wir hätten Architekturpreise gewonnen.“

Projekt zwei Jahre blockiert?

Sicherlich mache bei mehreren Partnern, die ein Mega-Projekt wie dieses nun mal brauche, nicht jeder alles perfekt. Aber: „Wenn ich einen guten Oberbürgermeister habe, der die Stadt weiterentwickeln will, dann blockiere ich das Projekt nicht zwei Jahre lang wegen eines nicht eingereichten Schreibens des Investors. Nein, ich renn nach München, hocke mich auf den Schoß des Finanzministers und fordere anstatt von drei Millionen gleich zehn Millionen Euro. Jens Meyer war in dieser Angelegenheit noch nicht in München. Das hat doch alles mit Parteifarben nichts zu tun.“

Stadträtin Dagmar Nachtgall warf dem Rathauschef vor, die Angelegenheit nicht zur Chefsache gemacht zu haben. „Ein Investor will Face to Face mit einem Oberbürgermeister reden.“ 2019 sei das Projekt schon einmal auf der Kippe gestanden, ergänzte Zeitler. „Dann wurde eine Einigung erzielt. Aber von 2019 bis Dezember 2021 ist nichts passiert.“ Der Fraktionsvorsitzende sagte, er habe jetzt gemeinsam mit Christian Deglmann von der Bürgerliste vereinbart, eine Aufarbeitung zum Thema „Denkwelt“ einzufordern.

Hat nichts mit Speinshart zu tun

Das Bild, das Weiden in der Landeshauptstadt abgebe, sei nicht gut, fuhr Zeitler fort. „Dass ein Christian Engel jetzt sagt: Sorry, ich bin durch, ist nachvollziehbar.“ Dessen inhaltliche Verbindung zum Kloster Speinshart halte er allerdings persönlich nicht für richtig, sagte Zeitler. Weil das eine mit dem anderen nichts zu tun habe. „Engel hat einfach die Lust verloren.“ Warum: Weil der Oberbürgermeister und die Stadt in Sachen Denkwelt einfach eineinhalb Jahre geschlafen hätten.

Es sei falsch zu glauben, Christian Engel habe nicht gewollt oder sich plötzlich anderweitig orientiert. „Man muss sich mal überlegen, wie viel Zeit, wie viel Kosten und wie viel Energie in diese Sache seit 2008 investiert wurde. Da ist schon viel Geld ausgegeben worden.“ Engel habe an die Vision geglaubt und viele große Firmen an der Hand gehabt. Ein Blick nach Weiherhammer beweise doch: „Dort dreht Mercedes-Benz mittlerweile seine Image-Filme. Ein Magnet ist das.“ Künstliche Intelligenz sei kein Produkt, das man auf die lange Bank schieben sollte. „Die Zeit spielt gegen uns.“

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten: Beim CSU-Bürgergespräch im Schätzlerbad lässt die Weidener Stadtratsfraktion kein gutes Haar an der Stadtpolitik. Bild: Helmut Kunz

Stadtrat Blum: „Projekt mit anderem Investor aufgreifen“?

Natürlich gebe es auch andere wichtige Themen. „Aber die Leute kommen nicht nur wegen der Weidener Altstadt. Die wollen anderen ihr Arbeitsumfeld zeigen.“ Punkte, die man hier zusammengeführt hätte und die jetzt Geschichte seien. Es gehe um die Zukunft der Stadt. Ohne Wirtschaft und Infrastruktur und ohne Finanziers werde es schwierig. „Ich möchte als Stadt nicht von staatlichen Hilfen abhängig sein, sondern möchte das aus eigener Kraft schaffen.“

Stadtrat Hans Blum machte den Vorschlag, das Projekt noch einmal neu aufzugreifen, vielleicht dann mit einem anderen Investor. „Denn ich habe keine Lust, dass das alles in den Landkreis abwandert und wir mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen.“ Zeitler: „Wir müssen raus zu den Bürgern, müssen ihnen klarmachen, wie die Sache hier läuft.“ Allein in den letzten Wochen habe die Weidener CSU zehn Neuaufnahmen verbucht.

Zeitler: Weiden als Bremser statt Antreiber

„Früher war Weiden das Herz, der Antreiber, der Motor der ganzen Oberpfalz“, zitierte Zeitler den bayerischen Finanzminister Albert Füracker. „Jetzt sind wir die Bremser.“ Die Lage sei dramatisch, sagte er. „Wir haben als Oberzentrum schon etwas mehr Verantwortung, als nur zu schauen, dass es irgendwie weitergeht.“

Die Denkwelt sei nur die Spitze des Eisbergs. All die Wahlkampfversprechen seien gedanklich gar nicht mal so schlecht gewesen: Architektenwettbewerb fürs Turnerbundgelände, Obdachlosenunterkunft, Tierheim oder die Entwicklung eines Gewerbegebiets. „Am Ende war alles nur Schaumschlägerei.“

Von der Verwaltung abgewürgt

„Wir machen gerade unsere Gewerbeanalyse mit fiktiven Zahlen. Was wird am Ende herauskommen? Die Stadt hat null Gewerbeflächen zu verkaufen. Im Kern: Null Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Bereich.“ Einen parteiübergreifend akzeptierten Vormarsch der CSU, nämlich Brachflächen auf dem Bahnhofsareal zu Gewerbegebieten zu entwickeln – „wir haben hierfür Fördergelder organisiert“ – sei am 25. Juli, am Tag der formellen Abstimmung durch den Stadtrat von der Verwaltung abgewürgt worden. Begründung: „Können wir nicht machen, haben keine Kapazität.“

Ähnlich gelagert sei die Sache mit dem flächenmäßigen Ausbau des Glasfasernetzes für Weiden gewesen. „Ein Jahr lang mussten wir für diese Investition kämpfen.“ Man müsse sich mal vorstellen: „Die Telekom schenkt uns 30 Millionen Euro für den Glasfaserausbau und die Stadt sagt: Wollen wir nicht.“

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