Keyless-Go-Dieb stahl ein 100.000-Euro-Auto: „Das kann jede Hausfrau“

Weiherhammer/Weiden. Als der Familienvater aus Weiherhammer an einem Juni-Morgen 2018 zum Bäcker fahren wollte, war sein Auto weg. Der BMW 540d (Neupreis 100.000 Euro) war über Nacht in der Einfahrt geparkt. Polnische Keyless-Go-Diebe hatten ihn per Antenne in Bewegung gesetzt.

Nach Haft in Österreich und Polen folgt für einen 33-Jährigen jetzt wohl noch eine Gefängnisstrafe in Deutschland. Foto: Christine Ascherl

Der Clou daran: Diese Geschichte passiert dem heute 47-Jährigen gleich zweimal. Anfang Juni 2018 fand er sein Auto 40 Meter weiter um die Ecke wieder. Offenbar waren die Diebe gescheitert. Zwei Wochen später wollte der Weiherhammer wieder morgens zum Bäcker. Da war der BMW dann wirklich weg. „Ich habe um die Kurve geschaut. Aber diesmal stand er leider nicht beim Nachbarn.“ Drei Tage später hätte die schon bestellte Alarmanlage installiert werden sollen.

Der Mann ist in leitender Position. Der ein Jahr alte BMW war ein von seinem Unternehmen geleaster Firmenwagen. Zeitwert: 80.000 Euro. Er konnte den Wagen noch kurze Zeit in Tschechien orten. Dann verliert sich die Spur. Inzwischen fährt er ein Elektroauto. „Das stiehlt keiner.“

DNA führt sechs Jahre später zum Treffer

Am Dienstag steht einer der Diebe vor dem Schöffengericht Weiden: Thomas D., Pole aus Breslau, 33 Jahre alt. Warum erst jetzt? Der Spurensicherung der Kripo Weiden war es 2018 gelungen, DNA des Täters am Türgriff und am Sitz zu sichern. Die Daten wurden in die europäische Datenbank eingespeist.

2022 kam es zum Treffer in Österreich: Thomas D. hatte mit Komplizen im Weinviertel drei Mercedes gestohlen. Das Landesgericht Korneuburg in Niederösterreich verurteilte ihn zu zwei Jahren Haft. Die saß er ab, wurde dann zur Verbüßung einer weiteren Haftstrafe nach Polen ausgeliefert – und im Februar 2024 aufgrund des Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Weiden wieder festgenommen.

Geräte im Internet zu haben

Das Schöffengericht Weiden unter Vorsitz von Richter Hans-Jürgen Schnappauf nimmt ihm seine Story, erklärt über Verteidiger Adam Zurawel, nicht ab. Demnach habe er erst kurz zuvor in Polen den Mittäter kennengelernt, dessen Familiennamen er nicht kenne. Er habe sein „Traumauto“ stehlen wollen, dann aber Skrupel bekommen und den BMW nach 40 Metern stehen lassen.

In der Verhandlung entbrennt eine Diskussion, wie professionell das Vorgehen in Weiherhammer war. Anwalt Zurawel behauptet: „Zwei Hausfrauen würden das auch schaffen.“ Die Antennengeräte („Jammer“) kann sich jeder im Internet bestellen.

Dort finden sich auch Beschreibungen. Ein Täter muss mit der Antenne in fünf bis zehn Metern zum Schlüssel stehen (in Weiherhammer lagen die Schlüssel auf einer Kommode im Flur sowie in der Handtasche). Ein zweiter Täter – in diesem Fall Thomas D. – hält das Empfangsgerät in der Hand. Sobald die Antenne das Signal vom Schlüssel übermittelte, konnte er das Auto öffnen und starten.

Nachbar ist Polizist: verdächtige Beobachtungen im Vorfeld

Der guten Überwachungskamera der Familie ist zu verdanken, dass dem Mann der Bandendiebstahl (und nicht bloß Diebstahl) nachgewiesen werden kann. Für eine „Bande“ müssen die Täter mindestens zu dritt gewesen sein. Das ist mit den Videos aus Weiherhammer gut nachzuweisen: Sie zeigen zwei junge Männer bei der Tat, gestochen scharf. Der Angeklagte ist nicht dabei. Aber seine DNA wurde im Auto entdeckt. Sprich: Es waren mindestens drei Diebe.

Für Profis spricht auch, dass ein Nachbar ein, zwei Tage vorher verdächtige Beobachtungen gemacht hat. Der Mann ist Polizist. Ihm fielen beim abendlichen Gießen zwei Männer auf, die auf einem Feldweg hinter den Wohnhäusern entlang gingen. Sie unterhielten sich in einer osteuropäischen Sprache. Eine Berufskrankheit: „Wenn etwas im gewohnten Umfeld nicht gewohnt ist, dann richte ich mein Augenmerk darauf.“ Aus Sicht von Verteidiger Zurawel könnten das doch auch „Pilze- oder Himbeerensammler“ gewesen sein.

Keine Bewährung

Dem Schöffengericht glaubt am Ende nicht an den Rücktritt vom versuchten Diebstahl, für den der Verteidiger Freispruch fordert. Das Gericht folgt dem Plädoyer von Staatsanwalt Wolfgang Voit. Es verurteilt den 33-Jährigen wegen versuchten schweren Bandendiebstahls. Das Strafmaß: 1,5 Jahre Haft, ohne Bewährung.

Den Appell des Anwalts, man möge den Angeklagten nicht von seiner Freundin und dem siebenjährigen Kind trennen, fegt Richter Schnappauf vom Tisch: „Himmeldonnerwetter, dann begeht man eben keine solchen Straftaten.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Revision ist noch möglich.

Amtsgericht Weiden Keyless Go
Der Autodieb mit seinem Anwalt Adam Zurawel. Foto: Christine Ascherl

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