KNO-Chef im Echo-Interview: Welche Folgen hat die Krankenhaus-Reform?
Weiden. Ist das Krankenhaus in Weiden besser als sein Ruf? Anders als manche Kritik nahelegt, sei jedenfalls die Weiterempfehlungsquote mit über 90 Prozent extrem hoch, sagt KNO-Chef Michael Hoffmann im Echo-Interview. Wie aber wirkt sich die geplante Klinikreform aus?

Herr Hoffmann, wenn selbst Landrat Andreas Meier als einer der KNO-Träger bei seinem Vorstoß zu einem Neubau sagt, dass ein solcher Schritt auch ein Neuanfang bei der Bewertung des Krankenhauses sein könnte, scheint es mit dem Image des Weidener Krankenhauses nicht allzu gut bestellt zu sein?
Michael Hoffmann: Ich war ja nun schon an einigen Krankenhäusern tätig, und es ist überall das Gleiche. Wenn jemand unzufrieden ist, spricht sich das rum, wenn dagegen Patienten zufrieden sind, hört man davon nichts. Wir behandeln 100.000 Menschen im Jahr – von wie vielen hört man ein Feedback? Warum auch, wenn es keinen Grund für Klagen gibt! Die objektiven Zahlen sprechen jedenfalls auch im Vergleich für unsere Kliniken Nordoberpfalz. Bei unserer internen Patientenbewertung geben 80 Prozent eine positive Bewertung ab – mit Herzchen und Kommentaren wie „super Station“. Die Weiterempfehlungsquote ist mit über 90 Prozent extrem hoch.
Zwar ist das Kapitel der Krankenhausreform politisch vorerst abgeschlossen. Andererseits kann man davon ausgehen, dass der Regierungswechsel und auch der künftig stärkere Einfluss Bayerns auf die Gesetzgebung noch zu einigen Änderungen führen dürfte. Wie können sich Krankenhäuser und Ärzte dennoch schon vorbereiten?
Hoffmann: Die Reform wurde im Dezember beschlossen, sie soll 2027 umgesetzt sein. Wir gehen davon aus, dass sie in Nuancen nachgeschärft wird. Aber die demografische Entwicklung bleibt ja. Und sie ist die Ursache für den Druck auf das Gesundheitssystem. Da die Menschen immer älter werden, gibt es auch einen höheren medizinischen Bedarf. Und auch die Lebensstile und damit die Ansprüche an die Medizin haben sich verändert.
Durch den demografischen Faktor wird das Gesundheitssystem teurer bei gleichzeitig klammen Kassen der Kommunen und Träger. Michael Hoffmann
Als Erstes soll die Verordnung zur Ausgestaltung des Transformationsfonds kommen – er soll die Kliniken mit bis zu 50 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren bei Umstrukturierungen unterstützen. Reicht das?
Hoffmann: Wir können das nicht einordnen. Es bleibt unklar, wofür es Geld gibt. Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat jetzt wohl auch anderes im Kopf. Wir müssen da einfach abwarten, was die neue Regierung auf den Weg bringt.
Eine zweite Verordnung bereitet die Einrichtung des sogenannten Leistungsgruppen-Ausschusses vor. In Vorbereitung auf die 65 Leistungsgruppen sollten sich Krankenhäuser auf ihre Kernkompetenzen fokussieren und sich von kleinen Leistungsgruppen trennen, schlug Gesundheitsökonom Professor Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) auf dem Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf vor – welche Leistungsgruppen könnt ihr anbieten, was fällt weg?
Hoffmann: Das ist eine völlig neue Herangehensweise und Zusammenstellung. Die Kriterien wurden erst nach und nach bekannt, nachdem sie der Freistaat abgefragt hat. Es geht darum, welche Leistungen vonseiten einer Klinik erbracht werden können und was sie dafür vorhalten muss, um diese Patienten behandeln zu können. Zu den Qualitätskriterien gehören eine Mindestanzahl an Fällen für jede Leistungsgruppe und bestimmte Qualifikationen sowie die Anzahl der Ärzte, die dafür erforderlich sind. Das ist weitgehend definiert, aber es gibt noch Abstimmungsbedarf zwischen den Fachgruppen.
Stand jetzt würde unser Leistungsangebot in Weiden in etwa gleichbleiben. Das gilt auch für das Kemnather Krankenhaus. Michael Hoffmann

Wie genau funktioniert der sogenannte Grouper: Welche Krankenhausleistung, wird welcher Leistungsgruppe zugeordnet, wenn es Überschneidungen gibt, man beispielsweise bei der Blinddarm-OP feststellt, dass die Patientin einen entzündeten Eierstock hat?
Hoffmann: Eine Software soll alle Fälle auswerten, die es bisher an einem Krankenhaus gab. Die Einführung dieser Software hat sich allerdings immer wieder verschoben. Es geht im Kern darum, dass sichergestellt werden soll, dass Ärzte einer Klinik eine bestimmte Behandlung so häufig machen, dass sie gute Routinen entwickeln konnten. Das führt erfahrungsgemäß dazu, dass eine Behandlung professionell ausgeführt wird. An dem genannten Fallbeispiel würde das nichts ändern.
Wenn sich, wie Sie sagen, in Weiden nichts ändert, erfüllt die Reform dann überhaupt das Ziel, Geld einzusparen?
Hoffmann: In der Summe wird die Anzahl der Kliniken weniger, und damit auch eine höhere Wirtschaftlichkeit erreicht. Es gibt bisher rund 1500 Krankenhäuser in Deutschland. Nach den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministers sollen es danach 450 Häuser weniger sein.
Gesundheitsökonom Augurzky empfiehlt auch regionale Verbünde. Damit könnten Kliniken einfacher Schwerpunkte bilden und Mindestanforderungen für Leistungsgruppen besser erfüllen – welche kommen infrage, Amberg, Fichtelgebirgsklinik – und wie kann die Kooperation ausgestaltet werden?
Hoffmann: In anderen Bundesländern, vor allem in Nordrhein-Westfalen, das oft als Vorbild genannt wird, ist das schon gelaufen. In Bayern werden Krankenhäuser jetzt massiv aufgefordert, regionale Kooperationen aufzunehmen, damit diese Professionalität erreicht wird. Das geht jetzt gerade los. Die Kliniken Nordoberpfalz AG engagiert sich in verschiedenen Kooperationen mit anderen medizinischen Einrichtungen, um die Patientenversorgung zu optimieren.
Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth im Rahmen eines innovativen Modellprojekts zur Dienstplangestaltung, das vom Bayerischen Gesundheitsministerium finanziell unterstützt wird. Dieses Projekt zielt darauf ab, die Arbeitszeiten in der Pflege attraktiver zu gestalten und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Michael Hoffmann
Um sich gut auf die geplante Vorhaltefinanzierung von 60 Prozent der Betriebskosten vorzubereiten, rät Augurzky, Leistungsgruppen mit hohen Fallzahlen anzustreben. Darüber hinaus sollten sie sich von wenig komplexen Fällen lösen und ambulante Strukturen etablieren oder ausbauen. Zudem sollten Kliniken Schwerpunkte bilden und Standorte zu Zentralkliniken zusammenziehen, um größere Einheiten zu schaffen. Deckt sich das mit Ihren Plänen?
Hoffmann: Im Moment beziehen wir unsere Erlöse über DRGs, also Fallpauschalen. Jetzt sollen wir eine Vorhaltepauschale von 60 Prozent bekommen. Der Geldbetrag ist aber der Gleiche. Das bedeutet, dass wir nur dann mehr Geld zur Verfügung hätten, wenn wir weniger Patienten versorgen. Die Grundmechanik ändert sich nur, wenn man weniger Personal bezahlen muss.
Deshalb überlegen alle Krankenhausmanager derzeit, wie sie die Quadratur des Kreises hinbekommen. Michael Hoffmann
Vor allem im ländlichen Bereich könnten künftig sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen mit ambulanten und stationären Versorgungsformen unter einem Dach die Behandlung in der Fläche ermöglichen. Dabei könnte man Altstandorte in ambulante Einrichtungen umwandeln und der Bevölkerung vor Ort diese Art der Versorgung anbieten, um ein Basisangebot in der Fläche zu schaffen und es mit einem Zentrum, also einem großen Klinikum verbinden. Heißt konkret?
Hoffmann: Man wird niemals in eine Gewinnzone kommen, indem man eine Infrastruktur vorhält. Mit sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen, beispielsweise mit einer oder zwei Stationen, etwa Innere Medizin oder Geriatrie, dazu ambulante Leistungen durch niedergelassene Ärzte und einigen Betten, will man vor allem eine Möglichkeit schaffen, die Versorgung auch in ländlichen Regionen sicherzustellen.
Behält Weiden die zweithöchste Versorgungsstufe nach der Uni-Klinik und was bedeutet das in diesem Kontext für die Neubau-Pläne?
Hoffmann: Wenn ich mir die Infrastruktur des Klinikums anschaue, können wir alle Leistungen auch auf der Leistungsgruppen-Basis erbringen – unabhängig von der Frage, ob ein Neubau auf der grünen Wiese logistisch und energetisch effizienter ist, oder eine scheibchenweise Sanierung und Erweiterung wie bisher.
Klar ist, dass der Aufwand beim Eingriff in so einer gewachsenen architektonischen Struktur aus unterschiedlichen Zeitaltern erheblich ist. Michael Hoffmann

Der Weidener Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht ist in Kontakt mit einem Gesundheitsökonom, der der Auffassung ist, dass Krankenhäuser im Allgemeinen zu schwerfällig sind, weshalb man sie ständig modernisieren und sanieren müsse. Die Zukunft vor allem im ländlichen Raum gehöre kleineren Einheiten, also beispielsweise MVZen mit Tele-Medizin und anderen technologischen Tools – sehen Sie das auch so und was bedeutet das für das Krankenhaus langfristig?
Hoffmann: Ich gehe davon aus, dass es immer einen Bedarf an großen Kliniken geben wird, dass es aber auf Sicht weniger werden. Und es deshalb ergänzend mehr solch dezentral Strukturen bedarf, die in der DDR Polykliniken hießen. Das sind Ärztehäuser wie in Tirschenreuth mit integriertem Pflegedienst. Also, Krankenhäuser werden sicher nicht von der Landkarte verschwinden, einige Zentren werden sogar noch wachsen. Sie werden aber durch ambulante Versorgung in der Fläche ergänzt.
Bei einem Treffen im Landkreis Tirschenreuth mit Vertretern der Fichtelgebirgsklinik hatte der Leiter des Rettungsdienstes, Dr. Josef Kick, geschildert, dass die Versorgung von Unfallopfern trotz der Einschränkung des Notdienstes weiter gewährleistet sei. Vieles könnte bereits im Rettungswagen vorbereitet werden. Notarzt Dr. Achim Nemsow aber warnt, es könne zu Engpässen kommen, etwa wenn nach einem Motorradunfall der Heli nicht verfügbar ist?
Hoffmann: Uns sind keine Fälle bekannt, in denen ein Patient deshalb in eine gefährliche Situation geraten wäre. Der Rettungsdienst bringt die Patienten nach Marktredwitz oder Weiden, was im Übrigen bei allen schweren Fällen auch bisher schon so war. Alle vorgeschriebenen Zeiten werden eingehalten. Sicher gibt es dadurch mehr Patienten in Weiden, aber die Wartezeiten in der Notaufnahme liegen im deutschen Mittel.
Dass es hier zeitweise zu einem Andrang kommt, liegt weniger an den neuen Öffnungszeiten der Tirschenreuther Notfallambulanz als daran, dass Patienten keine Termine beim Facharzt bekommen, und deshalb vermehrt die Notaufnahme im Krankenhaus aufsuchen. Michael Hoffmann
Dennoch sind wir immer dabei, so gut wie möglich nachzusteuern – zum Beispiel durch die kompetente Zuordnung der Fälle in der Notaufnahme nach Dringlichkeit.
Ihr sucht auf der einen Seite Pflegekräfte und Ärzte, wollt gleichzeitig weiter in der Verwaltung abbauen und die Sekretariate umstrukturieren, was zu großem Unmut unter den Chefärzten geführt hat – wie sieht die langfristige Personalplanung quantitativ und qualitativ aus und woher sollen die benötigten Kräfte kommen?
Hoffmann: Das meiste haben wir schon umgesetzt. Abgebaut wurde überwiegend durch die Fluktuation, es gab nur sehr wenige harte Kündigungen. Und ja, wir brauchen dringend Nachwuchs im Pflegebereich und bilden aus wie verrückt. Deshalb sind wir auch sehr froh, dass unsere Schulen voll sind. Das ist unsere zuverlässigste Quelle.
Aus Ihrem Haus stammt der Vorschlag, eine Ausbildung von Pflegekräften in Indien zu organisieren, weil es mit Ihren indischen Ärzten bereits gut vernetzte Leute von diesem Subkontinent mit ständig wachsender Einwohnerzahl gibt …
Hoffmann: Wir beschäftigen uns mit dem Thema Personalrekrutierung. Unsere Erfahrungen zeigen aber auch, dass die soziale Integration und die Wohnungssuche nicht trivial sind. Von angeworbenen Kräften aus Südamerika etwa, ist nur noch eine da.
Wenn diese Menschen bei uns keinen Anschluss finden, zieht es sie in Metropolen, wo es bereits ein Netzwerk von Landsleuten gibt. So eine Initiative muss man gut vorbereiten. Michael Hoffmann
Wie genau funktioniert die Technologie-Partnerschaft mit Siemens Healthineers – wie viel spart ihr dadurch ein?
Hoffmann: Die Technologiepartnerschaft mit Siemens Healthineers und VAMED besteht seit Anfang 2022. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es der KNO, ihren Gerätepark umfassend zu modernisieren und dabei über einen Zeitraum von zehn Jahren mehr als 13 Millionen Euro einzusparen. Diese Partnerschaft ist ein Modernisierungsmotor auf dem Weg zur High-Tech-Medizin. Durch die Kooperation profitieren sowohl die Patienten durch modernste Geräte in Diagnostik und Behandlung als auch die Teams in den medizinischen Bereichen durch einen erstklassigen Service, einheitliche Gerätestandards und schnelle Verfügbarkeit.
Siemens Healthineers vermittelt dabei auch Geräte anderer Hersteller?
Hoffmann: Geräte, die sie selber nicht anbieten, kaufen sie zu und stellen sie uns zur Verfügung. Weil Siemens Großabnehmer ist, kommt das auch uns günstiger. Ein weiterer Mehrwert für uns ist, dass wir den Gerätepark harmonisieren, statt wie bisher über die Jahre unterschiedliche Geräte anzuschaffen.
Für die Mitarbeiter wird die Bedienung einfacher. So konnte sich beispielsweise zwischen Intensivstationen das Personal nicht gegenseitig helfen, weil die Mitarbeiter an den jeweils anderen Beatmungs- oder Überwachungsgeräten nicht ausgebildet waren. Michael Hoffmann

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