Magische Momente: Oberpfälzer Wilfried Hösl fotografiert seit 30 Jahren in der Staatsoper
München/Altendorf. Vor seiner Kameralinse standen sie alle: die Opernsänger Anna Netrebko und Jonas Kaufmann, aber auch Schauspieler wie Willem Dafoe, Jeanne Moreau und Regisseur Ingmar Bergman. Wilfried Hösl, geboren in Altendorf bei Nabburg, war über 30 Jahre Fotograf der Bayerischen Staatsoper in München.
Zum Ende der Spielzeit 2024 hat Wilfried Hösl (Jahrgang 1957) seine Tätigkeit beendet. Die Bayerische Staatsoper widmet ihm zum Abschied eine Ausstellung im Foyer der Oper (noch bis 31. Juli 2025). Parallel dazu feiert ihn der Schirmer/Mosel-Verlag in München mit einem opulenten, von ihm selbst zusammengestellten Bildband: „Through the Looking Glass“ (232 Seiten, 185 Farbtafeln, 49,80 Euro).
Das Vorwort stammt aus der Feder von Indentant Serge Dorny: „Seit über vier Jahrzehnten prägt Wilfried Hösl die Art und Weise, wie wir Theater und Menschen durch das Medium der Fotografie erleben.“ Dorny würdigt die Fotografien von Hösl als einzigartig: Ihm sei es gelungen, die flüchtigen, magischen Momente auf der Bühne und die teils intimen Begegnungen in einer neuen Tiefe wahrzunehmen. Die Bilder von Hösl seien „eigenständige Kunstwerke“.
Stars vor der Linse
Und tatsächlich ist der Bildband ist eine beeindruckende Hommage. Das großformatige Buch enthält nicht nur Portraits der ganz Großen der Theater- und Opernszene, wie die Sänger Long Long, Christian Gerhaher, Edita Gruberová, Anna Netrebko und Jonas Kaufmann. Es zeigt auch Blicke hinter die Kulissen, etwa die Tänzerinnen des Balletts „Jewels“ mit Choreograf George Balanchine backstage.
Spektakulär sind die Aufnahmen der großen Inszenierungen – und damit die ästhetische Entwicklung – der Bayerischen Staatsoper in München. Intendant Peter Jonas und Dirigenten-Legende Zubin Mehta hatten Fotograf Hösl 1993 an die Bayerische Staatsoper geholt, ab 1996 arbeitete er auch für das Bayerische Staatsballett. Auf Jonas/Mehta folgten Kent Nagano, Nikolaus Bachler und jetzt Dorny.
Nationaltheater als zweites Wohnzimmer
Jährlich besuchen rund 600.000 Gäste in über 400 Veranstaltungen die Staatsoper. Innerhalb einer Spielzeit werden über 40 Opern aus fünf Jahrhunderten und mehr als 20 Ballette vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart gegeben. Spielstätte ist das Nationaltheater, Hösls berufliche Heimat. Der beste Platz für den Fotografen war dabei nicht die erste Reihe. Die Saalbestuhlung beginnt relativ weit unter der Bühnenrampe. Würde er dort fotografieren, bekäme er den Blick auf die Darsteller von den Füßen aufwärts. Hösl wählte daher oft entfernte Positionen.
Dramaturg Malte Krasting zeichnet anlässlich der laufenden Sonderausstellung den Lebensweg des Fotografen nach. 1957 im oberpfälzischen Altendorf geboren, studierte Hösl von 1978 bis 1982 Fotoingenieurswesen an der Fachhochschule in Köln. Initialzündung für den Berufswunsch war ein Urlaub der Familie am Tegernsee, als Hösl noch ein Kind war. Ihn faszinierte, dass der Vater „ein Stück von der Welt mit nach Hause nahm“.
Eher zufällig gelangte Hösl 1983 ans Bayerische Staatsschauspiel – der Wunsch, nach Bayern zurückzukehren, spielte dabei keine geringe Rolle. Der Job wurde zur Berufung, Hösl blieb dem Theater treu. In einem Interview mit Dramaturgin Hella Bartnig, ebenfalls im Buch enthalten, beschreibt er die Faszination, die unwiederbringlichen Momente auf der Bühne festhalten zu wollen.
Schon jetzt in Museen
Die Theaterfotografie hat dem gebürtigen Oberpfälzer einigen Ruhm eingebracht (siehe Infokasten). Unter anderem befinden sich seine Fotografien in der Sammlung der Bibliothèque nationale de France in Paris, im Musée de la Photograpghie im belgischen Charleroi und in privaten Sammlungen. Der 67-Jährige lebt in München.
Die eigentlich magischen Momente sind diejenigen, die man im Bild nicht festhalten kann, die nicht direkt ans Licht kommen und dennoch vorhanden sind. Ganz besonders spürt man das im Theater. Jeder Zuschauer nimmt eine Aufführung anders wahr, erlebt dabei etwas ganz Eigenes, was nur an diesem Abend geschieht, was nur er von seinem Platz aus, in der Stimmung, in der er sich gerade befindet, sieht und hört, und was weder durch Film noch durch Fotografie konserviert werden kann. Das kann ich mit meiner Kamera nicht festhalten. Ich kann nur versuchen, mich einigen dieser unwiederbringlichen Augenblicke anzunähern. Wilfried Hösl
Wilfried Hösl, geboren 1957 in Altendorf/Oberpfalz. Studium des Fotoingenieurwesens an der Fachhochschule in Köln. 1983 – nach Assistenzen bei verschiedenen Fotografen – Fotograf am Bayerischen Staatsschauspiel. 1987 erste Ausstellung in Köln (Porträts 1983-1987), weitere Ausstellungen auf der Quatrième Triennale de la Photographie in Charleroi, im Centre d´Art Contemporain Brüssel und im Münchner Residenztheater. 1991 Auszeichnung für hervorragende fotografische Arbeit beim European Kodak Award.
Seit 1993 Fotograf an der Bayerischen Staatsoper, seit 1996 ist er außerdem für das Bayerische Staatsballett tätig. Von 1997 bis 2010 war er Dozent für Fotografie an der Universität Salzburg (Mozarteum). 1998 Festspielpreis der Gesellschaft zur Förderung der Münchner Opernfestspiele. Seine Fotografien befinden sich in der Sammlung der Bibliothèque Nationale Paris, im Belgischen Photomuseum und privaten Sammlungen.
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