Migrations-Debatte: Das wünscht sich das Podium – und so reagiert die Politik
Neuhaus. Der Bahler Zoigl ist nicht die Schweiz. Wir haben keine direkte Demokratie. Aber auch bei uns tauschen sich Bürger, Experten und Politiker aus. Nach der Migrations-Debatte äußern die Podiumsteilnehmer ihre Wünsche an die Politik. Und die Politiker antworten.

Zugegeben, Demokratie ist mühsam. Ein Despot hat es einfach. Der gibt Anweisungen, schreibt Dekrete, seine Erfüllungsgehilfen setzen sie um. Das geht im Zweifel schneller, hat aber einen Nachteil: Die Wahrscheinlichkeit, dass er die Interessen seines Volkes berücksichtigt, hält sich in Grenzen.
Klar, auch in der Demokratie läuft nicht alles nach dem Willen des Volkes. Nur: Wer ist denn das Volk? Die am lautesten schreien? Oder sollen sich Politiker an Meinungsumfragen orientieren, die sich je nach Lage wöchentlich drehen können? Alles nicht so einfach.
Wir meinen: Vor jeder Entscheidung sollte erst einmal gründlich informiert werden, statt aus dem Bauch heraus eine Meinung zu postulieren. Das haben wir in vier Teilen zur wirtschaftlichen Lage, zur Inflation, zur Rente und zur Migration getan. Die Experten haben ihre Empfehlungen abgegeben. Und Politiker haben darauf reagiert. Das ist noch keine Garantie für gute Politik – aber ein erster Schritt, um den Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess zu demokratisieren.
Abschlussfrage: Ihr dringendster Wunsch an die Politik …
Paulus Mehler, Geschäftsführer Tirschenreuther Tuchfabrik: Generell von den ganzen Börden, von den Sachbearbeitern – da muss viel mehr Pragmatismus her. Ich habe immer den Eindruck, die verstecken sich hinter diesen ganzen Paragrafen. Die haben doch einen gewissen Ermessensspielraum. Ich habe immer den Eindruck, für die ist das Glas halbleer und nicht halbvoll.
Die müssen sich an Gesetze halten, aber es gibt doch irgendwo Möglichkeiten, wo man das alles besser und irgendwie, ja, normaler machen kann, mit gesundem Menschenverstand. Paulus Mehler
Es ist eigentlich alles da, es wird bloß nicht umgesetzt. Man versteckt sich, und das bringt uns nicht weiter. Wenn wir im Betrieb bei jeder Entscheidung immer nur die Gefahren sehen würden, würden wir nie vorwärtskommen. Das wünsche ich mir, dass jetzt mal einfach ein Biss, eine andere Wahrnehmung kommt.
Dr. Dorothea Woiczechowski-Fried: Mein Wunsch ist, dass die AfD nicht noch größer wird, sondern dass sie eines Tages wirklich verboten wird.
Imam Maher Khedr: Mein Wunsch, dass die Menschen so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt eingeführt werden, egal ob der Asylantrag anerkannt wird oder nicht, und jeder, der in Deutschland reinkommt, auch das Recht hat zu arbeiten.
Thomas Würdinger, Leiter der Weidener Arbeitsagentur: Für uns ist die Debatten-Ehrlichkeit wichtig und eine Rückkehr zur sachorientierten Politik, damit auch die Behörden gut ins Handeln kommen können.
Schröpf: „Differenziert hinschauen“
Siegfried Schröpf, Geschäftsführer Grammer Solar und Mitinitiator der Echo-Wahlinitiative: Ich gehe einher mit dem, was die meisten gesagt haben, dass wir Migration brauchen. Wir brauchen Arbeitskräfte, wir brauchen Einwanderung. Und ich meine, der Herr Wildenauer hat ja das so schön geschildert, wie vielfältig internationales Leben sein kann, das spricht mir aus der Seele.
Auf der anderen Seite möchte ich aber auch sagen, dass man, wenn man Einwanderung kanalisieren will, das Recht dazu auch haben sollte. Und wenn man Regeln definiert, dass man dann nicht sofort, aufeinander eindrischt.
Und das ist das, was ich erlebt habe, die letzten Tage seit vergangener Woche, dass da sofort bürgerkriegsähnliche Fronten entstehen und eigentlich nur noch wild geschossen wird, ohne dass man differenziert hinchaut. Siegfried Schröpf
Ich habe jetzt nicht wahrgenommen, dass Friedrich Merz die Schließung aller Grenzen gefordert hat. Ich bin kein CDU-Wahlkämpfer, aber ich erlebe diese Partei als europäische Partei und nicht als eine, die sich von Europa ausgliedern will. Insgesamt finde ich es gut, Leute schnell in die Arbeit zu bringen, wir brauchen Internationalität, aber man kann Probleme nicht nur kleinreden, indem man sagt, das ist eine Erfindung der Presse. Das ist mein Schlusswort.
Gollwitzer: „Akzeptieren wir einander“
Harald Gollwitzer, Inhaber Gollwitzer Tiefbau und Mitinitiator der Echo-Wahlinitiative: Wir haben jetzt hier viel Positives gehört. Was ich vermisst habe, ist die Trennung zwischen Arbeitsmigration und Flucht und Asyl. Das wird leider Gottes immer wieder vermengt. Wir haben selber 12 Beschäftigte, die aus Europa und außerhalb von Europa kommen. Wir brauchen die Leute, wir brauchen sie ganz extrem.
Wir brauchen auch Deutsche, die bereit sind, diese Tätigkeit bei uns zu machen, weil Zuwanderung allein wird das Thema nicht lösen. Es ist schade, dass kein Landrat oder Kommunalpolitiker da war, der mal die Themen aus der öffentlichen Verwaltung und die Probleme da geschildert hat.
Ich kann mich bloß anschließen, dass man die Diskussion runterbringt auf eine sachliche Ebene und Meinungen akzeptiert. Harald Gollwitzer
Ansonsten wird es schon schwierig, wir brauchen bloß auf Amerika zu schauen. Wir sind leider Gottes schon ein gutes Stück dorthin unterwegs, das ist zumindest meine Analyse. Und wenn das so weiter geht, dann könnte es schon schwierig werden. Ich habe drei Kinder, die in Deutschland bleiben werden, der Sohn ist in der Firma.
Aber wir haben auch in Kanada eine Firma, wir versuchen uns Optionen aufzubauen. Ich bin die zweite Generation, der Sohn macht weiter, das ist sicher ein Glück für mich und für die Familie, und deshalb hoffe ich, dass wir zusammenhalten, dass wir einander akzeptieren.
Schmidt: „Sorge um die Familie im Kriegsgebiet“
Stefan Schmidt, Bundestagsabgeordneter der Grünen: Mehr Pragmatismus ist eine Forderung, wo ich sage, die können wir gesetzgeberisch gar nicht so leicht umsetzen. Aber das ist eine Aufforderung, die man auch mit Leben füllen kann, und wo man Ermessensspielräume schaffen muss. Jeder von uns kennt genau diese Fälle, wo man sagt: Komm‘, lass heute mal alle fünf gerade sein, muss man da jetzt wirklich so ein Geschiss machen – oder kann man da nicht im Zweifel für den Angeklagten entscheiden?
Ein AfD-Verbot begrüße ich sehr. Sie wissen, dass es leider momentan noch keine parlamentarische Mehrheit gibt. Ich hoffe aber, dass das in der nächsten Legislaturperiode sehr konsequent angegangen wird. Meine Einschätzung ist schon, sie radikalisiert sich von Monat zu Monat, vielleicht manchmal auch von Woche zu Woche.
Eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt halte ich auch für wirklich sehr entscheidend. Integration grundsätzlich heißt für mich im Wesentlichen: Spracherwerb muss möglichst zügig gehen und Integration in den Arbeitsmarkt. Aber beides hängt ja miteinander zusammen, weil sobald die Menschen im Betrieb sind, lernt man zwangsläufig auch die Sprache. Nicht als Kurs bei der Abendschule, sondern durchs gemeinsame Beieinandersein kommt automatisch der Wortschatz.
Das merken wir ja selber, wenn wir im Ausland sind und mehr mit Einheimischen in Kontakt kommen, wie schnell man die ersten Begriffe lernt und verinnerlicht. Stefan Schmidt
Was wir letzte Woche neben dem Thema Grenzöffnung und Grenzschließung sehr intensiv diskutiert haben, war die Frage des sogenannten Familiennachzugs. Es ist ja regulär so, dass die anerkannten Flüchtlinge auch ihre Familie, wenn auch mit Hindernissen, nach Deutschland bringen dürfen. Aber für die sogenannten Asylbewerber mit subsidiärem Schutz, das heißt, diejenigen, die eigentlich wieder zurückmüssten in ihr eigenes Land, aber dorthin momentan nicht zurückkönnen – Syrien, Afghanistan sind so typische Beispiele – gilt momentan ein Limit auf 1000 pro Monat – Eltern, Kinder Ehepartner – die nachgeholt werden dürfen.
Und da ist die große politische Diskussion: Ist es sinnvoll, weil klar, das erzeugt neuen Zuzug. Da kommen noch mehr Menschen, obwohl wir ja das Gefühl haben, schaffen wir das überhaupt alles? Sie haben es aus dem betrieblichen Kontext beschrieben: Familie zu haben, nicht nur die Betriebsfamilie, ist für Menschen einfach ein wahnsinniger Rückhalt und eigentlich auch Voraussetzung für Integration. Ich erlebe es ja selber. „Ich bin froh, dass ich meine Frau habe, weil das ist manchmal so ein gewisses Korrektiv, dass man nicht zu viel Alkohol trinkt, dass man vielleicht über die eine oder andere Sache noch mal eine Stunde länger nachdenkt.“
Andererseits muss ich dann auch nicht ständig in Sorge sein, weil man muss sich ja vor Augen halten, die engen Angehörigen leben noch in dem Land, aus dem ich geflohen bin, in dem immer noch Krieg ist, weswegen ich nicht dorthin zurückgehen muss. Die leben im Krieg, und ich lebe halbwegs in Sicherheit:
Wie soll ich mich da integrieren können, wenn ich mir jeden Tag einen Kopf machen muss, wie geht’s wohl meinen Kindern, wie geht’s wohl meiner Frau, wie geht’s wohl meinen Eltern? Stefan Schmidt
Schicker: „Migration nicht auf Attentate verkürzen“
Hubert Schicker, Nordoberpfälzer Direktkandidat der Freien Wähler: Ich möchte mich wirklich bedanken für diese Meinungen von ihnen, das tut im Herzen gut. Und gleichzeitig muss ich jetzt, bevor es persönlich wird, politisch werden. Und es ärgert mich in den letzten Tagen so sehr, dass dieses hochemotionale Thema ein Modethema der Politik geworden ist.
Man hat die ganze Thematik der Migration auf dieses eine oder auf zwei oder drei Attentate verkürzt. Hubert Schicker
Ich komme aus Pechtnersreuth, das ist das nördlichste Dorf der Oberpfalz, 40 Einwohner, mein Haus, mein Hof, ich bin Bauer, ist 50 Meter weg von der Grenze zu Tschechien. Ich bin 1978 geboren, habe also 12 Jahre meines Lebens am Ende der Welt verbracht. Der Eiserne Vorhang war hinterm Haus, die Felder, die wir bewirtschaften, waren an der Grenze. Die Welt war dort zu Ende. Und jetzt reden wir über Migration und Leute, die über Grenzen gehen, die irgendwo anders hingehen, weil sie vertrieben worden sind.
Und als Bauer, wenn sie an der Grenze aufgewachsen sind, haben sie das erlebt, dass zu Ihnen nach dem Krieg Vertriebene aus dem damaligen Sudetenland kamen. Eine Dame kam zu uns, das war unsere Haushälterin und wie meine Oma, und es liegt ein bisschen daran, dass dann ein Bauernbub ein bisschen Hochdeutsch kann. Sprache ist ganz wichtig, da geht’s dann nicht nur um Arabisch, da geht’s auch um Dialekte und Identitäten.
Die Grenze ging dann zum Glück auf, und zum Glück durfte man reisen. Hubert Schicker
Ich habe vier Kinder und wir sprechen zu Hause mittlerweile nicht nur Dialekt, sondern neben Deutsch sprechen wir Französisch, wir sprechen Italienisch und Tschechisch, meine erste Frau und ich waren 12 Jahre in Italien, wir haben die Kinder von Anfang an dreisprachig aufgezogen. Sie ist Französin, wir haben in Italien gelebt und ich habe Deutsch mit ihnen gesprochen. Meine zweite Frau ist Tschechin, das heißt, der Kleine spricht Tschechisch und Deutsch.
Und jetzt können Sie sich vorstellen: Mein Vater, Bauer aus Pechtnersreuth, trifft sich mit der Familie, wo nicht um 12 Uhr Mittag gegessen wird, wie man das so macht in der Oberpfalz, sondern erst um halb zwei Uhr. Und dann spricht man an dem gleichen Tisch Französisch, Deutsch, Tschechisch und Italienisch. Meine Schwester wohnt mittlerweile in Luxemburg, da geht es weiter, das Mischmasch. Und was hat das alles mit dem heutigen Thema zu tun?
Sprache ist das Werkzeug zur Integration, denn nur mit Sprache können sie kommunizieren, und nur mit Kommunikation können sie sich integrieren. Hubert Schicker
Und ein zweiter Punkt, wir sind alles Menschen. Und was ist menschlicher als Faulheit? Das kennen wir alle: Wenn wir mal ein paar Tage krank waren und am Sofa, auf der Couch und im Bett liegen, da fällt uns das Aufstehen doppelt schwer. Jetzt stellt euch mal vor, ihr dürft ein halbes Jahr oder ein Jahr nicht arbeiten! Ihr kommt doch gar nicht mehr zum Arbeiten! Ihr habt überhaupt keine Lust mehr dazu, weil es menschlich ist, dass man nach einem Jahr überhaupt keine Lust mehr hat zum Arbeiten!
Nicht nur wegen der Sprache und der Integration ist es so wichtig, dass man die Leute möglichst schnell in die Arbeit bringt, sondern auch, dass man ihre Lust an der Arbeit erhält – weil, ich bin ganz fest davon überzeugt, dass die Leute zu uns nach Deutschland gekommen sind, weil sie in Deutschland eine wirtschaftliche Zukunft für sich und ihre Familie suchen! Hubert Schicker
Und jetzt kommen wir dann doch noch mal zu diesem Thema: Jedes Attentat, jeder Mordanschlag ist dramatisch. Aber da darf man daraus kein Modethema machen. Und ich als Direktkandidat für die Freien Wähler hier in der Nordoberpfalz, wir haben das Thema schon lange auf der Agenda. Leute, die flüchten müssen, Leute, die daheim wegmüssen, und ich erweitere das –auch Leute, die zu uns kommen wollten, weil Deutschland eines der reichsten Länder auf dieser Erde ist, die müssen wir willkommen heißen. Die müssen wir willkommen heißen, denn wir brauchen sie. Aber ich erwarte, wenn ich als Gastgeber Leute bei mir zu Hause habe, dass sie sich an meine Regeln halten.
Wenn jemand straffällig wird, dann gibt’s für mich nur zwei Lösungen: Entweder, er sucht sich einen neuen Gastgeber, oder er muss die volle Härte unserer Justiz ertragen. Und das schützt natürlich auch 98 Prozent der anderen Zuwanderer, denn die leiden doch drunter, wenn wir alle Syrer, alle Afghanen, alle Araber in einen Sack stecken. Das ist doch bei weitem nicht so, dass das alles Straftäter sind.
Aber landläufig, wenn sie beim Zoigl sind, dann haben sie manchmal wirklich das Gefühl, dass die Leute meinen, dass alle Syrer Straftäter wären. Hubert Schicker
Forster: „Wann würden Sie Ihr Zuhause verlassen?“
Gregor Forster, Nordoberpfälzer Direktkandidat der SPD: Ich bin jetzt auch schon öfter da gewesen und danke meinem Vorredner, dass er schon so vieles, wirklich Wichtiges von sich gegeben hat. Ich wollte deswegen vielleicht noch mal einen anderen Weg beschreiten und grundsätzlich als Mensch sprechen und meinen Wertekanon beschreiben – einmal das Christentum, in dem ich tatsächlich mal gelernt habe, dass jeder Mensch ein Geschöpf Gottes ist.
Dazu passt ganz gut unser Grundgesetz. Da steht im ersten Artikel drin: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Und das ist so eine Grundlage allen Denkens. Wenn wir über Migrationspolitik sprechen in diesem Land, dann müssen wir endlich wieder anfangen, diesen Wertekanon in unser Denken aufzunehmen. Denn worüber wir da sprechen, das sind immer Menschen, das sind einzelne Individuen mit ihrem Schicksal, mit ihren Frauengeschichten, mit ihren Kindern, die hierherkommen.
Wir sprechen nicht über eine graue Masse, über eine Bedrohung, über eine Welle, die vor den Grenzen steht, sondern wir sprechen über einzelne Männer, Frauen und Kinder. Und wenn man mal diesen menschlichen Perspektivwechsel noch ein Stück weiter geht, dann stellt man letztendlich fest:
Wann würden Sie, meine Damen und Herren, denn ihr zu Hause freiwillig verlassen? Jeder hat daheim seine Wohnung, hat sein Bett, seine Familie, seine Freunde, seine Arbeit – und was muss passieren, dass jemand geht? Gregor Forster
Im Endeffekt muss es dann ganz schön schlimm sein, sonst geht doch keiner freiwillig woanders hin. Denn diese sozialen Bindungen sind noch deutlich stärker als jedes wirtschaftliche Interesse. Tatsächlich ist Deutschland ein Migrationsland – und zwar in zwei Richtungen. 1848 bis 1860, das weiß ich als Geschichtslehrer, war es bei uns richtig schlecht. Und da sind in diesen 12 Jahren über eine Million Deutsche ausgewandert nach Amerika.
Man stelle sich vor, die Amerikaner hätten immer geschrien, „wir müssen alle Grenzen zu machen“. Das haben sie nicht. Sie haben die Chancen gesehen. Sie haben gesehen, da kommen Menschen, die wollen hier arbeiten und die wollen sich hier verwirklichen. Wenn die sich an die Regeln halten und demokratisch hier teilhaben wollen, dann dürfen die das. Und dann dürfen die im Westen das Land besiedeln.
Wir sind aber auch ein Einwanderungsland, weil wir schon immer mit Einwanderung Leben. 2000 Jahre vorher sind bei uns viele Römer eingewandert. Der ganze Süden Bayerns war römische Provinz. Und glauben Sie, die Römer sind alle heimgegangen, nachdem das römische Reich zerbrach? Ganz im Gegenteil, ganz viel DNA der Römer steckt bei uns drin.
Dann gab es später eine Völkerwanderung, und wir hatten viele Wellen der Einwanderung. Die Hugenotten sind gekommen, dann sind Deutsche in den Osten ausgewandert, nach Russland, Rumänien und Siebenbürgen. Irgendwann im 19 Jahrhundert kommt dieses Giftes des Nationalismus über unsere Welt, und wir fangen an, plötzlich überall Zäune aufzuziehen und zu sagen, die Menschen dürfen nicht mehr migrieren.
Und dieses Gift des Nationalismus sorgt dafür, dass wir dann früher oder später in zwei schrecklichen Kriegen in Europa landen – und nach dem Krieg überall Grenzen, Zäune, Schlagbäume haben. Gregor Forster
Aber die Geschichte der Migration hört nicht auf. Wir hatten massive Vertreibungswellen, die Sudetendeutschen sind eingewandert, später die Rumäniendeutschen wieder zurückgekommen. Wir hatten Gastarbeiter, die wir zu uns eingeladen haben, damit sie bei uns das Land wieder aufbauen, das nach dem Krieg kaputt war. Es waren Millionen aus der Türkei, aus Italien, aus Griechenland und viele davon sind inzwischen fester Bestandteil unseres Landes.
Und so geht es weiter: Die Russlanddeutschen sind zurückgekommen. Wir haben, wenn man es mal genau nimmt, fast 17 Millionen Bürger aus Ostdeutschland wieder dazubekommen. Und immer war das am Anfang von großer Hilfsbereitschaft geprägt und dann ist die Stimmung wieder gekippt. Und trotzdem war das eine Erfolgsgeschichte.
Denn wenn man ins bayerische Realschulgeschichtsbuch schaut, steht da nämlich auch drin, dass der Erfolg der deutschen und bayerischen Wirtschaft immer darauf beruht hat, dass wir Menschen hinzugewonnen haben. Gregor Forster
Das einzige Problem, das wir in unserer Migrationspolitik meines Erachtens bisher hatten, war, dass wir immer noch nicht verstanden haben, dass wir vom Menschen aus denken müssen. Wir haben immer gedacht, ich denke da an die Gastarbeiter: Wo können wir die brauchen, was bringen sie uns und wie kriegen wir sie wieder los? Und erst in den letzten Jahren ist ein Umdenken passiert und da muss man auch ganz deutlich noch mal sagen – ein Umdenken auch dank der Ampelregierung, die ein modernes Migrationsrecht geschaffen hat, das Menschen erlaubt, bei uns schneller Deutsche zu werden und sich auch Deutsch zu fühlen.
Und dazu gehört die Sprache, dazu gehört das Akzeptieren des Grundgesetzes, dazu gehört es, die Gepflogenheiten zu akzeptieren, und dazu gehört natürlich, dass man sich entsprechend einbringt in der Arbeit. Und da ist natürlich auch unsere Partei immer ganz vorne dabei zu sagen, Arbeit ist die Grundlage einer jeden Zivilisation. Wenn Menschen sich langweilen, wenn Menschen eingesperrt sind in Lager, fangen die an, Blödsinn zu machen.
Ein Mensch, der eine Lebensaufgabe hat, der eine Familie hat, der mit anderen Kontakt hat, wird nicht so leicht kriminell. Gregor Forster
Die große Frage: Was machen wir denn dann gegen Kriminalität? Auch da haben wir schon gute Vorschläge gehört. Wir müssen einfach unser Recht und Gesetz anwenden. Wozu brauchen wir denn ständig neue Gesetze? Was wir brauchen, ist eine bessere Ausstattung unseres Vollzuges. Was mich nämlich tatsächlich schockiert hat im Rahmen meiner Kandidatur, wenn man dann hört, dass Bayern von 8000 neuen Polizisten letztes Jahr 4000 an die Grenze geschickt hat. Dort kontrollieren sie dann die Grenze und 4000 Polizisten bleiben übrig. Davon kommt eine ganze Stange nach Nürnberg und München und bei uns aufs Land pro Inspektion vielleicht noch ein oder zwei Leute.
Ein letzter Punkt noch, die Sache mit den Grenzschließungen. Das ist etwas, worüber wir einfach aufhören müssen zu diskutieren. Denn grundsätzlich bedeutet dieses europäische Projekt, dass wir seit 70 Jahren Frieden haben, in einer Gesellschaft leben dürfen, in der man sich frei bewegen darf, in der man alle Grundrechte genießen darf. So lange Frieden gab es noch nie in Europa. Das zu gefährden, als Land, das von der EU am meisten profitiert, das eigentlich eine Vorbildfunktion einnehmen sollte in diesem europäischen Kontext.
Wer sind wir denn, dass wir uns jetzt hinstellen und sagen, wir werfen das alles über Bord und machen die Grenzen zu und halten uns nicht mehr an europäische Gesetze? Wenn wir das machen als Deutschland, dann machen die anderen das auch – und dann ist das Projekt Europa gescheitert und wir als Land mit nur noch einem Prozent der Weltbevölkerung haben entsprechend keine Stimme mehr auf dieser Welt.
Vorbildfunktion können wir aber nur erreichen, wenn wir es schaffen, Migration zu steuern und in einen Kanal zu lenken der sich ins Positive wendet. Gregor Forster
Wildnauer: „Geht zur Wahl, wählt vernünftig!“
Bürgermeister Reinhold Wildenauer, FDP: Liebe Kollegen von der Ex-Ampel, ich weiß, wir hatten eine schwere Zeit gemeinsam, aber die schwere Zeit ist vorbei – und trotzdem haben wir doch einiges geschafft mit der Ampel, was leider nicht so wahrgenommen wurde von der Bevölkerung. Aber zum heutigen Thema, zur Migration: Herr Würdinger, es ist nicht einfach, Leute in den Arbeitsmarkt zu bringen, aber wenn der Wille da ist und wenn der Mut da ist, die Leute schneller und mit mehr Vertrauen in den Arbeitsprozess zu bringen, wäre schon wahnsinnig viel erreicht.
Weil wir einfach die Leute brauchen. Wenn ich heute in die Lokale gehe in Weiden, fast jedes zweite Lokal hat einen mit Migrationshintergrund beschäftigt. Was wäre ansonsten los? Wir müssten praktisch die Hälfte der Lokale schließen. Ich habe bei mir im Haus Studenten aus sechs verschiedenen Ländern. Sie können nicht sich vorstellen, was da los ist in dem Gebäude. Da sprechen natürlich alle Englisch, und man lernt die Kulturen kennen. Und wenn man die Kulturen kennt, erweitert das den eigenen Horizont. Ich habe zwei aus Jordanien, zwei aus Kamerun, eine aus der Ukraine und zurzeit eine aus Norddeutschland – gut das ist jetzt keine Migration, aber trotzdem.
Ich bin immer wieder mal mit unser Integrationslotsin in Weiden beieinander, und wenn sie rauskommt Richtung Kaserne, da haben wir den großen Container und da muss sie sagen: „Herr Wildenauer, wir haben da große Probleme, weil die Leute ein Jahr, fast zwei Jahre dasitzen, zum Teil mit Kleinkindern, und die sagen irgendwann mal, ich pack‘ das nicht mehr.“ Dass dann die Psyche mit dazu kommt, ist ganz normal. Und deswegen ist es schade, dass bei uns alles viel zu langsam geht.
Ich sehe auch selber, der Verwaltung heutzutage fehlt der Mut, dass man was macht, dass man es gut umsetzt. Da haben wir in Deutschland mittlerweile ein Problem insgesamt, mit der Umsetzung. Die Bürokratie: Bevor einer einen Akt in die Hand nimmt, muss er schon mal überlegen, was mache ich jetzt zuerst, nicht dass ich was falsch mache. Jeder hat Angst, dass er irgendwas falsch macht, und das hemmt unsere ganze Struktur, unser ganzes System.
Und deswegen hoffe ich da zukünftig auf die nächste große Politik – wahrscheinlich Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb oder auch Schwarz-Rot, aber natürlich nicht Schwarz … – Sie wissen schon, das Blaue können wir nicht brauchen, das wäre für uns eine absolute Katastrophe, für unser Volk insgesamt. Reinhold Wildenauer
Dieses Theater vergangene Woche war eine Schande für unsere Politik insgesamt, das kann und darf nicht sein – wir machen uns dadurch selber kaputt, und die Blauen machen wir stärker. Deswegen hoffe ich, gehen Sie am 23. Februar bitte zur Wahl, gehen Sie vernünftig wählen, damit wir endlich mal wieder eine Regierung bekommen für die Zukunft!
Und denkt daran, Migration bringt uns wahnsinnig weiter. Wir können ohne nicht mehr überleben. Weiden hatte 1945/46 23.000 Einwohner. Dann kamen die Menschen aus dem Sudetenland, dann hatten wir 38.000 Einwohner – heute haben wir 43.000. Wenn die nicht zu uns gekommen wären, wären wir vielleicht heute bei 25.000. Die haben sich längst integriert. Gegenüber von mir wohnen sogenannte Deutschrussen, die in den 90 Jahren zu uns gekommen sind. „Herr Wildenauer“, hat er gesagt, „das Haus da drüben, wo Sie wohnen, da ist oben ein großes Loch drin – ich komme mit meinem Freund und mach‘ das Loch zu!“
Drei Tage später ist er gekommen, hat eine große Leiter aufgestellt und sie sind hochgestiegen und haben einen dreiviertel Tag lang das Loch zugemacht. Das ist Nachbarschaftshilfe, solche Leute brauchen wir! Reinhold Wildenauer
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1 Kommentare
Ich kann mich nur wundern über die Ignoranz mancher Menschen, die in besseren Wohn- und Lebensverhältnissen wohlbehütet Zuhause sind und dort kaum bis keine Berührungspunkte zu Migranten haben. Sie haben offenbar kein Mitgefühl für die deutschen Bürger, die aus sozioökonomischen Gründen in den sogenannten Problembezirken und am Rande der Gesellschaft leben müssen. Dort sind die Auswirkungen einer völlig ungezügelten Masseneinwanderung direkt spürbar auf dem Arbeitsmarkt, in der Lohnentwicklung, auf dem Mietmarkt, in der öffentlichen Sicherheit, kaum ein Bereich, der davon nicht negativ berührt wird. Ich komme daher zu dem Punkt, dass es in der Bevölkerung ein wachsendes Problembewusstsein dafür entwickeln muss, ein genereller Kulturwandel hin zur Einsicht, dass Remigration und Protektionismus durchaus Bestandteile einer Lösung sein können.