Nach über 60 Jahren: Heiliges Grab steht an Ostern wieder in der Kirche

Pullenreuth. 1962 schmückte das Heilige Grab zum letzten Mal den Chorraum der Pullenreuther Kirche. Dann verschwand es auf dem Dachboden. Nach 60 Jahren wird es, komplett restauriert, heuer an Ostern zum ersten Mal wieder aufgebaut.

Steinwaldia-Vorsitzender Norbert Reger hatte sich für die Revitalisierung des Heiligen Grabs von Pullenreuth eingesetzt. Foto: Theo Kurtz

Das bevorstehende Osterfest wird für die Katholiken in Pullenreuth ein ganz besonderes werden. Nach mehr als sechs Jahrzehnten wird in der Pfarrkirche St. Martin wieder das Heilige Grab zu sehen sein. Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war es zum letzten Mal aufgebaut worden. Dann verstaubten seine Einzelteile auf dem Dachboden. Die Wiederauferstehung des Grabs, das das Geschehen um das Sterben Jesu bildlich darstellt, ist dem Einsatz der Gesellschaft Steinwaldia und dessen Vorsitzenden Norbert Reger zu verdanken. Sie hatten nicht locker gelassen, jede Menge freiwilliger Arbeitsstunden und noch mehr Geld in das Projekt hineingesteckt.

Riesiges Kulissenbild

Reger war damals noch ein Bub, als 1962 zum allerletzten Mal das Heilige Grab den Chorraum schmückte. Zusammen mit seiner Oma war er da. Er kann sich noch gut daran erinnern. „Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken.“ Das mächtige, sechs Meter breite und sieben Meter hohe Kulissenbild, das in der abgedunkelten Kirche stand, machte auf die Gläubigen mächtig Eindruck. Sie gingen vor Ehrfurcht in die Knie. Doch dieses Zeugnis der Volksfrömmigkeit, das in Pullenreuth bis in das Jahr 1704 zurückdatiert werden kann, sollte nie mehr aufgebaut werden. Das Zweite Vatikanische Konzil hielt diese Form der Gottesverehrung für nicht mehr zeitgemäß.

Auf Dachboden eingelagert

In seine 70 Einzelteile zerlegt verschwand es zunächst auf dem Dachboden der Kirche. Als das Gotteshaus saniert wurde, wurden sie in eine Scheune eines Bauernhofs ausgelagert. Das Wirtschaftsgebäude des Anwesens brannte 1991 ab. Das Heilige Grab blieb, wie durch ein Wunder, aber unversehrt. Reger brachte die Teile bei sich zu Hause unter, nachdem sich der damalige Pfarrer aus Angst vor einem Holzwurmbefall, geweigert hatte, das Kulissenbild wieder zurückzunehmen. Doch der Steinwaldia-Vorsitzende wollte sich mit dem bloßen „Einlagern“ nicht zufriedengeben. Er, dem in der Vergangenheit schon so mancher Rettungseinsatz gelungen war, etwa als es um den Erhalt der alten Glasschleif oder der Burgruine Weißenstein ging, wollte auch dem Heiligen Grab wieder neues Leben einhauchen. Kein Wunder, es ist schließlich das Einzige in ganz Nordbayern und eines von nur fünf im gesamten Freistaat.

Eine Aufnahme des Heiligen Grabs aus dem Jahr 1950 Foto: Josef Pickert

Besonders wertvolles Kulturgut

Im Juli 2016 sahen sich Experten des Landesamts für Denkmalpflege aus München die Teile – einige davon stammen noch aus dem Spätbarock – an und die staunten nicht schlecht. Sie stuften das Heilige Grab als volkskundlich besonders wertvolles Kulturgut ein, das unbedingt erhalten werden sollte. Mit dieser Expertise öffneten sich für die Steinwaldia nicht nur verschiedene Ämterpforten, sondern auch Fördertöpfe für das auf 170.000 Euro veranschlagte „Revitalisierungsprojekt“. Ein Restaurator konnte engagiert werden. Fleißig mitangepackt hatten die Mitglieder der Steinwaldia. Sie hatten, wie bei einem Puzzlespiel, die Bühnenelemente rekonstruiert und zusammengefügt. Tragende Holzteile, die ebenso verschwunden waren, wie die Beleuchtungskörper, wurden in Eigenregie wieder hergestellt. „Ich denke, um die 2.000 Arbeitsstunden haben wir schon investiert“, erzählt Reger.

Experten sahen sich die Einzelteile des Heiligen Grabs genau an. Foto: Cornelia Müller

Vom Weißsaal in die Kirche

Und die werden natürlich wieder die Ärmel hochkrempeln, wenn das Grab vom derzeitigen Standort, dem historischen Weißsaal, in die Kirche umziehen wird. In der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag wird das geschehen. Abgebaut wird es in der Nacht von Karsamstag auf -sonntag, um Platz für die Ostermesse zu machen. Am Karfreitag wird übrigens Grabmusik erklingen. Der Verein hatte die mehr als 150 Jahre alten Noten entdeckt, die aus der Feder des Brixener Domorganisten Josef Gregor Zangl stammen. Neben dem Kirchenchor Riglasreuth werden Streicher, Solisten und Sänger aus Pilsen diese musikalische Uraufführung gestalten. Ein paar Tage vorher, nämlich am 5. April, wird der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer vorbeischauen und das Heilige Grab weihen.

Danach wandert das Bühnenbild wieder zurück in den Weißsaal. Ab Mitte Mai organisiert die Steinwaldia dort nach Vereinbarung Gruppenführungen. Wann das Heilige Grab wieder in der Kirche zu sehen sein wird, ist noch nicht ganz raus. 2024 höchstwahrscheinlich nicht. Denn: Zu groß ist der Aufwand, um es jährlich dort an Ostern zu präsentieren.

Der Aufbau des Heiligen Grabs:

Das Grab ist als Tempel mit verjüngtem Stockwerk kulissenhaft aufgebaut. Im palastartigen Unterbau flankieren zwei hohe, betende Engel mit den Leid-Werkzeugen die Türöffnung. Ein aus gemalten Palmen bestehender Säulengang führt ins Innerste zum Felsengrab. Dort sieht man das Grab des Heilands, bestückt mit beleuchteten gläsernen Kugeln und der Schrift „Sein Grab wird glorreich sein“.

Die zweite Etage, der kreuzbekrönte Aufbau, ähnelt einem „Theatrum-Sacrum“ mit geöffneten Vorhängen, in dessen Tiefe, gleichsam wie am Ende eines Triumph-Saales, das strahlen umgebende Podest des Auferstandenen zu sehen ist. Auf beiden Seiten der oberen Etage wird zudem die Heilige Stadt Jerusalem auf großen Leinwänden dargestellt. (Quelle: Norbert Reger/Edmund Prechtl)

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