Naturschutzinitiative e. V. klagt gegen Fischotterabschüsse

Die Naturschutzinitiative e.V. klagt gegen die Erlaubnis des Abschusses von Fischottern in der Oberpfalz, da sie die Maßnahme für rechtswidrig hält und fordert, Abschüsse nur in gut begründeten Einzelfällen zu erlauben.

Fischotter. Foto: Harry Neumann/Naturschutzinitiative e. V. (NI)

Die Regierung der Oberpfalz hat eine Allgemeinverfügung zum Abschuss von Fischottern erlassen. In dieser ist eine Obergrenze von jährlich 23 Fischottern im Regierungsbezirk festgelegt. Dabei ging die Bezirksregierung von einer geschätzten Fischotterpopulation in der Oberpfalz von ca. 393 Tieren aus.

Naturschutzinitiative sieht rechtswidriges Vorgehen

Die Naturschutzinitiative e. V. (NI) hat gegen diese Allgemeinverfügung am 10. März 2025 Klage erhoben und einen Eilantrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Regensburg gestellt, da sie die geplanten Abschüsse für rechtswidrig hält.

„Wenn Fischwirte, insbesondere Teichwirte durch einen Beutegreifer wie Fischotter, Graureiher oder Kormoran Verluste ihrer Fischbestände erleiden, denken sie und die örtlich zuständigen Behörden meist zuerst häufig an die Beseitigung der Beutegreifer statt über Mittel zur Beseitigung der Schadensursache. Der Fischotter ist eine streng geschützte Tierart und darf nicht gejagt werden“, betonten der bayerische NI Landesvorsitzende Harry Neumann und Dr. Wolfgang Epple, wissenschaftlicher Beirat der Naturschutzinitiative e. V.

Abschuss nur in Einzelfällen vertretbar

Deshalb sei der Abschuss eines Fischotters nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig. Die behördliche Entscheidung über einen Einzelabschuss müsse gut begründet werden: § 45 Absatz 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) verlange eine abgewogene Einzelfallentscheidung. Begründet werden müsse, weshalb im konkreten Fall das Wirtschaftsinteresse des Fischwirts dem Allgemeininteresse am Artenschutz vorgehe, betonte die Naturschutzinitiative e. V.

Die Vorschrift § 45 Abs. 7 BNatSchG setze die europäische Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie) um und weiche von dieser in einem Punkt ab: Nach § 45 Abs. 7 Satz 4 BNatSchG dürfen die Länder Ausnahmen auch mittels einer Rechtsverordnung zulassen. Diese Vorschrift stehe nach Auffassung der Naturschutzinitiative e. V. nicht im Einklang mit Art. 16 der FFH-Richtlinie.

Der Freistaat Bayern hat auf der Grundlage des § 45 Abs. 7 Satz 4 BNatSchG die bayerische Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten (Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung – BayAAV) von 2008, zuletzt geändert im Jahre 2024, erlassen. Mit dieser regelt er den Abschuss der Kormorane (§ 1), der Biber (§ 2) und der Fischotter (§ 3 BayAAV).

Allerdings regele der Freistaat in § 3 BayAAV nicht sämtliche Voraussetzungen des Abschusses nach dieser Rechtsverordnung, sondern delegiere mit dieser einen Teil der Entscheidungen an die höheren Naturschutzbehörden, das heißt an die bayerischen Regierungen der Regierungsbezirke. Insbesondere sollen diese Bezirksregierungen Entnahmehöchstzahlen bestimmen, das heißt eine Obergrenze der Abschusszahlen.

NI forder rechtliche Prüfung

Dürfe Deutschland Ausnahmen überhaupt allgemein mittels einer Rechtsverordnung zulassen? Oder seien nicht vielmehr ausschließlich Einzelfallentscheidungen statthaft? Darf ein Bundesland die Rechtsverordnung aufteilen in eine eigene Rechtsverordnung einerseits und eine behördliche Allgemeinverfügung andererseits? Die Naturschutzinitiative (N) geht von einem Formverstoß aus. Ein Land dürfe gesetzlichen Ausnahmen nicht an Behörden delegieren.

Geht die Regierung der Oberpfalz von einer zutreffenden Populationsgröße aus? Die Regierung stützt sich auf ein im Jahre 2023 erstelltes Schätzgutachten, welches sie selbst in Auftrag gegeben habe und welches sie seitdem nicht veröffentlicht habe. In diesem Schätzgutachten soll stehen, dass die Fischotterpopulation in der Oberpfalz bei ca. 393 Individuen liegen dürfte. So steht es in der Allgemeinverfügung. Demgegenüber liefere die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft andere Zahlen. Nach Informationen auf der Webseite gäbe es in der Oberpfalz vielleicht etwa 209 Fischotter zuzüglich ein paar Fischottern im Wege der statistischen Hochrechnung. Welche Datenbasis nun richtig sei, stehe nicht fest. Denn von der korrekten Fischotterzahl hänge natürlich auch die Obergrenze für den jährlichen Abschuss ab, so die NI.

Falsche Herangehensweise des Regierungsbezirks

Die Regierung der Oberpfalz gehe davon aus, dass sich die Fischotterpopulation in der Oberpfalz durch den jährlichen Abschuss der 23 Tiere nicht verschlechtern würde. Denn es würden neue Tiere insbesondere vom Osten her (aus Tschechien, Österreich) und aus dem eigenen Nachwuchs nachkommen. Die Naturschutzinitiative e. V. kritisiert diese Sichtweise, welche sich auf die lokale Population beschränke. Die Fischotterpopulation vertrage keinen Abschuss dieser Größenordnung. Es fehle in dieser Überlegung der Blick auf die Populationszahlen in Deutschland und im westlichen Teil Kontinentaleuropas. Es müssten – auch nach der Rechtsprechung des EuGH – auch die dortigen Bestandszahlen einbezogen werden – die nationale und die grenzüberschreitende Population. Und diese seien deutlich kleiner; denn der Fischotter wandere von Osten nach Westen zu. So wie auch der Wolf. Der Fischotter brauche die Tiere aus der Oberpfalz, so die NI. Sonst könne er sich nicht weiter ausbreiten. Sein Bestand sei noch immer gefährdet, etwa durch Straßenverkehrsunfälle.

Und schließlich gehe es dem bundesweit anerkannten Natur- und Umweltschutzverband bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung aufgrund der bayerischen Rechtsverordnung auch um die Frage, ob der jährliche Abschuss von 23 Tieren den Teichwirten überhaupt helfen könne. Denn wenn nach einem Abschuss neue Tiere zuwanderten, dann löse sich das Problem gar nicht. Und wenn vor allem die Elterntiere geschossen würden, dann kann es passieren, dass sich die unerfahrenen Jungtiere erst recht zu den Fischteichen begeben würden. Denn sie könnten noch nicht so gut jagen und würden die leichter greifbare Beute vorziehen. „Für uns steht die Geeignetheit der Dezimierung der Fischotterbestände generell infrage. Die Jagd auf Fischotter löst nicht das Problem. Letztlich darf es Abschussgenehmigungen nur in besonderen und gut begründeten Einzelfällen geben – also nicht auf der Grundlage einer Rechtsverordnung plus einer Allgemeinverfügung, sondern nur, sofern überhaupt, aufgrund einer behördlichen Einzelfallentscheidung“, betonten der bayerische Landesvorsitzende Harry Neumann und Dr. Wolfgang Epple, wissenschaftlicher Beirat der Naturschutzinitiative e. V. (NI).

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