Pilot mit Parkinson: Sein letzter Flug endet mit Bruchlandung

Weiden. Ein Hobby-Pilot (54) war am 31. August 2021 bei der Landung auf dem Flugplatz Latsch verunglückt. Am Dienstag steht er wegen fahrlässiger Gefährdung des Luftverkehrs vor Gericht. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Er hätte mit einer Parkinson-Diagnose nicht fliegen dürfen.

Foto: OberpfalzECHO/David Trott

Der ehemalige Unternehmer (54) aus Weiden hatte am 31. August 2021 mit seinem Ultraleichtflugzeug eine Platzrunde am Flugplatz Latsch gedreht. Neben ihm saß ein Freund als Copilot. Bei der Landung kam das Flugzeug zu früh auf, etwa 80 Meter vor der Asphaltpiste. Es überschlug sich und kam 28 Meter weiter auf dem Dach zum Liegen. Beide Insassen stiegen unverletzt aus, die Maschine (120.000 Euro) war ein Totalschaden. Die Kripo nahm Ermittlungen auf.

Erkenntnis: Dem Arzt nichts verschwiegen

Amtsrichterin Carina Särve stellt das Verfahren am Dienstag mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gegen eine Geldauflage von 3000 Euro ein. Wie das? Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass der Pilot dem Arzt, der ihm die Flugtauglichkeit bescheinigt hatte, seine Nervenerkrankung verschwiegen hatte. Das stimmt nicht, wie man inzwischen wisse, informiert Richterin Särve. Der Mediziner habe die Diagnose gekannt, als er 2020 das für die Lizenz erforderliche „Medical“ ausstellte.

Zwei Jahre sind seit dem Unfall vergangen. Vor Gericht ist dem 54-Jährigen die für Parkinson typischen Muskelanspannungen anzumerken. Das war damals noch anders. Anwalt Marc Steinsdörfer kennt den Mann seit vielen Jahren: „2021 ist mit dem jetzigen Zustand nicht zu vergleichen.“

Der 54-Jährige berichtet vor Gericht anschaulich von seinem aktuellen Krankheitsbild: Wann immer ein Bewegungsmuster ungewöhnlich ist, gehorcht sein Körper. Er kann Treppen steigen, Rad fahren, Golf spielen, sogar Ski fahren. „Ich kann mit Ihnen tanzen“, sagt er zu Richterin Särve, steht auf und walzert durch den Sitzungssaal. Nur das ganz normale Gehen oder still Sitzen: Das ist schwierig. Es passiere ihm, im Gasthaus irrtümlich als betrunken angesehen zu werden.

Lebenstraum erfüllt

Lebhaft erinnert er sich an den Sommerabend 2021. Vier Wochen zuvor hatte er sich seinen Lebenstraum erfüllt: ein eigenes Flugzeug. Schon vor 27 Jahren hatte er die Fluglizenz erworben und war 2020 nach ein paar Jahren Pause wieder eingestiegen. „Ich bin überzeugter Flieger. Das war mein Leben. Das Coolste, was ich je gemacht habe.“ Zur Sicherheit nahm er 2020 etliche Flugstunden. Auch in dem neu gekauften Flugzeug war die ersten 15 Male ein Fluglehrer an Bord. Ende 2020 bekam er dann wieder die unbefristete Fluglizenz ausgestellt. Er absolvierte auch die erforderliche medizinische Prüfung.

Am 31. August 2021 nahm er erstmals einen Passagier mit in seine nagelneue „Sirius TL 3000“. Der Bekannte (60), ebenfalls ein Hobby-Flieger, hatte sich die Maschine ansehen wollen. Spontan entschied man sich gegen 18 Uhr zu einer Platzrunde. Es herrschte „Rückseitenwetter“: Sonne nach Regen mit Cumulus-Wolken. Dann zu fliegen, „das ist das Schönste“, sagt der Angeklagte. Beim Landeanflug sei er dann zu flach angekommen, „eine falsche Einschätzung der Situation“. Mit dem Aufsetzen in sumpfigen Gras überschlug sich das Flugzeug. Mit seiner Erkrankung habe das nichts zu tun.

Eine Woche zuvor tödlicher Flugunfall

Der Co-Pilot wird ebenfalls als Zeuge gehört. Auf dem Flugplatz sei eine riesige Rettungskette abgelaufen: „Ich weiß gar nicht , wie viele Feuerwehren und Krankenwagen vor Ort waren.“ Gemeinsam verbrachten die beiden die Nacht im Klinikum, obwohl sie unverletzt waren. „Wir haben die Nacht durchgeratscht.“ Der 60-Jährige trägt dem Bruchpiloten nichts nach. Er stellte auch keine Strafanzeige, als der Kripobeamte ans Krankenbett kam.

Er wolle den Unfall „nicht herunterspielen“: „Aber es war kein Flugfehler. Wir waren einfach zu niedrig.“ Die Sonne habe tief gestanden, die Landebahn gespiegelt. Nach dem Überschlag sei es im Flugzeug erst einmal „ganz still“ gewesen. Dann halfen sich die beiden gegenseitig zügig aus dem Wrack. Eine Woche zuvor hatte es einen tödlichen Unfall auf dem Flugplatz gegeben, bei dem der Pilot verbrannt war. „Bei uns tropfte schon Benzin in die Kabine.“

Die Geldauflage geht an die Deutsche Parkinson-Vereinigung. Die Einstellung hilft dem 54-Jährigen möglicherweise bei der Versicherung, die sich während des laufenden Strafverfahrens gegen eine Schadensübernahme sperrte. Der 54-Jährige ist seither nie wieder geflogen. Die Fluglizenz hat er abgegeben.

* Diese Felder sind erforderlich.