Premiere für Klankermeier-Saga: volles Haus, volle Begeisterung

Weiden. Wer wagt, gewinnt: Das Landestheater Oberpfalz erntet für die Uraufführung von "Pfui! - Die Klankermeier-Saga" viele Bravo-Rufe. Ein Stück mit Witz und Würde.

Landestheater Oberpfalz Klankermeier
Das LTO bringt das Stück “Pfui! Die Klankermeier-Saga” auf die Bühne. Im Bild die vielumjubelte Premiere. Foto: Christine Ascherl

Kompliment an das Ensemble des Landestheaters Oberpfalz. Ihm ist es gelungen, mit “Pfui! – Die Klankermeier-Saga” ein Stück Weidener DNA auf die Bühne zu bringen. Walter Klankermeier und die Atmosphäre seiner Zeit werden lebendig. Weiden in den 70ern: Eine Striptease-Bar löst einen Skandal aus. Eine Stadt verheddert sich im Wunsch, weder als Hinterwäldler- noch als Sex-Hochburg zu gelten.

Die Story ist bekannt: Ein CSU-Mann (genial komödiantisch: Stefan Puhane) startet eine Unterschriftenaktion vor Weidens Kirchen. Am Ende blamiert ihn der Nachtclubkönig, in dem er dessen Besuch in der “Fortuna”-Bar öffentlich macht. Es gibt eine Szene im Stück, in der eine Hamburger Journalistin (flott: Claudia Lohmann) den gebrochenen CSU-Mann tröstet: “Glauben Sie wirklich, dass sich in 50 Jahren in Weiden noch jemand an diese Geschichte erinnert?”

Aufwändige Recherche

Ja! Verrückt, nicht? Vom Publikum wird das Phänomen in der Pause viel diskutiert. Alle neun Vorstellungen sind ausverkauft, der Zusatztermin war es in weniger als zwei Stunden. Der Mythos Klankermeier hält bis heute an. Das mag an seinem mysteriösen Tod 1982 liegen. Das mag auch daran liegen, dass negative Seiten des knallharten Geschäftsmanns verblasst sind und ein charmantes Abziehbild geblieben ist.

Autor Uli Scherr hatte sich 2020 erst gar nicht auf die Anfrage der Regisseurinnen Doris Hofmann und Katharina Stangl einlassen wollen. Zu auserzählt, zu abgenutzt. Als er das Thema für den Bayerischen Rundfunk dann zufällig beackern musste, fing er Feuer. Er interviewte etliche Zeitzeugen von Walter Klankermeier. Gleichzeitig stieß er auf den frisch veröffentlichten Aufsatz von Historiker Sebastian Schott (Stadtarchiv Weiden), der Fantasie von Fakten trennt. Das Stück profitiert davon.

Mit Würde und Witz

Dem Autor ist mit “Pfui! – Die Klankermeier-Saga” noch viel mehr gelungen als eine Nacherzählung des Skandals. Es ist ein Stück über den Wunsch nach Angenommensein, der Suche nach dem “richtigen Ort”. Türsteher Fritz (großartig: Maximilian Hegner) träumt von St. Pauli. Stammgast Feichtmeier (Paraderolle für Gerhard Wölfel) sehnt sich nach Zärtlichkeit, wenn er sich gegen Geld den Kopf kraulen lässt.

Illusionen geben sich die Tänzerinnen Cleo und Dolly hin (schön und frivol: Carmen Puhane und Jana Tölzer). “Er sagt, ich bring’ dich nach Chiagco – und jetzt sitz’ ich in der Wei’n”, singt die wunderbare Sophia Rusch. Wirklich jede Rolle ist treffsicher besetzt: Sigrid Künkler überrascht als forsche Ehefrau des CSU-Stadtrats Johann Schwan (souverän: Ruppert Grünbauer). Tobias Schmauß nimmt man den “Batzi” Bicherl aus München(reuth) bei Hundsbach gerne ab.

Musik von Martin Kubetz

Und Klankermeier? Stefan Neubauer bringt den ausgepichten Glücksritter aus dem Ländle gut rüber. Viel Fassade, und man weiß nicht, was dahinter ist. Durchaus Absicht. Autor Scherr konnte sich nach langer Recherche kein wirkliches Bild von Klankermeier machen: Je mehr Befragte, je mehr Gesichter. Ein “feiner Mensch”? “Kein Ehrenmann”? Scherr: “Ich könnte heute noch nicht sagen, was das für ein Mensch war.”

Ein riesengroßes Plus ist die Musik. Wieder ist es Martin Kubetz (“King Elvis”), der auf der Bühne als One-Man-Band zaubert. Er hat, teils zu Scherrs Texten, für “Pfui” Songs komponiert, die man gerne noch einmal hören würde. Man würde auch gerne selbst einmal in so eine Bar gehen (Top-Bühnenbild: Tanja Jackwerth), sich mit einem Sektchen in die Sessel sinken lassen und die Welt für ein paar Stunden vergessen.

Hab keine Angst und komm herein, du weißt ja nicht, was wird denn morgen sein. Ob dich dein Herrgott zu sich nimmt oder für dich bereits das Fegefeuer glimmt. Bis dahin: Komm in die Fortuna-Bar! Wenn einst dein letztes Stündlein schlagt und der Leibhaftige dich fragt, ob du bereit bist für die Höllenfahrt, dann zeig dem Teufel deine Faust, denn es gibt nichts, wovor dich graust: Du warst schon in der Fortuna-Bar. Liedtext aus “Pfui! – Die Klankermeier-Saga”

Noch acht Vorführungen

Noch achtmal geht im Jugendzentrum in der Frühlingsstraße das Rotlicht an. Mehr ist wegen des vollen Spielplans nicht drin, trotz des Hypes um Karten. Die Erwartungshaltung des fachkundigen Publikums (jeder Weidener ist Klankermeier-Experte) hatte Regisseurin Doris Hofmann vor der Premiere “supernervös” gemacht. Nachdem der letzte Vorhang gefallen ist, dankt sie am Samstag dem Ensemble: “Das hat mich heute selbst nochmal vom Hocker gehauen.”

Hinter den Kulissen waren dabei: Kostüme (Eva Schwab, Tanja Jackwerth), Maske (Linde Hammer und Team), Technik (Ralf Grimaldi und Lukas Höllerer), Requisite (Julia Ludwig), Werkstatt (Marco Bäumler).

Das LTO bringt das Stück
Das LTO bringt das Stück “Pfui! Die Klankermeier-Saga” auf die Bühne.Foto: Jochen Schwab/LTO
Das LTO bringt das Stück
Das LTO bringt das Stück “Pfui! Die Klankermeier-Saga” auf die Bühne.Foto: Jochen Schwab/LTO
Das LTO bringt das Stück
Das LTO bringt das Stück “Pfui! Die Klankermeier-Saga” auf die Bühne.Foto: Max Hegner/LTO
Foto: Jochen Schwab/LTO
Foto:  Jochen Schwab
Foto: Max Hegner/LTO

Neues Filmmaterial

Einmal Klankermeier live sehen? Findige Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks haben drei Tage vor der Premiere einen Filmausschnitt von 1980 entdeckt, in dem Walter Klankermeier in einem Interview über den Skandal in den 70ern spricht. Margit Ringer hat das Material in einem BR-Beitrag über “Pfui! Die Klankermeier-Saga” verarbeitet.

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