[Update] Razzien im Kreis Neustadt wegen Hasspostings aus Querdenker-Szene

Nordoberpfalz. Heute morgen gab es Polizeieinsätze bei zwei Beschuldigten und zwei Objekten im Landkreis Neustadt/WN. Es geht um Hausdurchsuchungen gegen Hasskriminalität aus dem Umfeld der Querdenker-Szene.

Die Querdenker-Szene ist auch in Weiden und im Landkreis Neustadt aktiv. Während einer Demo im Oktober 2020 von Querdenken Weiden überhängen die Teilnehmer ein Corona-Testcenter-Plakat auf dem Neuen Volksfestplatz in Weiden. Nun gab es Razzien in diesem Umfeld. Archivbild: Beate Luber

[Update 14:15] Die Beschuldigten, bei denen die Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden, stammen aus der Querdenker-Szene, bestätigt Andrea Meier vom Oberpfälzer Polizeipräsidiums auf Nachfrage von OberpfalzECHO. Die Beschuldigten hätten eine Seite auf Facebook betrieben, die jedoch bereits gelöscht wurde. Ihnen wird vorgeworfen, Hasskommentare nicht gelöscht zu haben. Weitere Angaben zum Namen der Facebook-Seite, zu dem Alter oder zum Wohnort der Beschuldigten könne sie nicht machen. Dem Vernehmen nach wurden die Razzien im östlichen Landkreis durchgeführt. Die sichergestellten Datenträger würden jetzt ausgewertet, in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft.

[Update 13:00] Laut neuesten Meldungen des Polizeipräsidiums Oberpfalz wurden bei den Durchsuchungen im Landkreis Neustadt Datenträger sichergestellt. “Die beiden Beschuldigten haben eine Seite auf einer Plattform in den sozialen Netzwerken betrieben, und sollen es in vielen Fällen unterlassen haben, Kommentare mit strafrechtlich relevantem Inhalt von ihrer Seite zu löschen”, informiert Andrea Meier von der Pressestelle des Oberpfälzer Polizeipräsidiums

Sie wurden daher verdächtigt, Beihilfe zur „Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten“ geleistet zu haben. Mittlerweile sei die Seite alllerdings gelöscht. Die Ermittlungen werden von der Kriminalpolizeiinspektion Weiden in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Weiden geführt.

Die Querdenken-Bewegung im Landkreis Neustadt und in Weiden

“Querdenken” ist eine Protestbewegung, die sich im Zuge der Proteste gegen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie gegründet hat. Laut Angaben des Verfassungsschutzes geht jedoch ihre Agenda über die reine Mobilisierung zu Protesten gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen hinaus: “Es werden Verbindungen zu “Reichsbürger”- und “Selbstverwalter”-Organisationen sowie Rechtsextremisten in Kauf genommen oder gesucht, das Ignorieren behördlicher Anordnungen propagiert und letztlich das staatliche Gewaltmonopol negiert”. Der Verfassungsschutz beobachtet seit April 2021 bundesweit Personen und Gruppen in der “Querdenker”-Bewegung.

In Weiden und dem Landkreis Neustadt ist vor allem die Bewegung “Querdenken Weiden” aktiv. Gründer ist Helmut Bauer, der sich auf der Webseite mit anderen bundesweiten Wortführern der Szene wie Michael Ballweg präsentiert. Bei einer zehnstündigen Veranstaltung mit Fackelmarsch und Autokorso in Weiden im Oktober 2020 hatte die Gruppe unter anderem Verschwörungstheorien verbreitet.

So teilen sich die heutigen Maßnahmen in Bayern auf. Bild: Bayerisches Landeskriminalamt

[Erstmeldung]

Seit heute, 6 Uhr, fanden bundesweit Durchsuchungen wegen Hasspostings im Internet statt. Mit 23 von insgesamt 90 Durchsuchungen liegt der Schwerpunkt in Bayern, meldet das bayerische Innenministerium. Laut Informationen des Landeskriminalamtes sind auch zwei Objekte in der Oberpfalz betroffen. Beide liegen im Landkreis Neustadt/WN. Die Straftatbestände können von Beleidigung über Bedrohung bis hin zur Volksverhetzung reichen.

In enger Absprache mit der Bayerischen Zentralstelle für die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München koordiniert das Bayerische Landeskriminalamt die Einsatzmaßnahmen.

„Hass im Netz gefährdet die demokratische Gesellschaft! Menschenverachtende Hetze muss konsequent verfolgt und die Verfasser ermittelt werden. Der oft rassistische, antisemitische oder frauenfeindliche Hass ist eine ernste Bedrohung“, so Harald Pickert, Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes in einer Mitteilung an die Presse.

Geld- und Freiheitsstrafen drohen

„Das Posten strafbarer Hasskommentare ist kein Kavaliersdelikt. Es drohen ernsthafte Konsequenzen. Es kann zu einer Wohnungsdurchsuchung kommen. Zudem drohen erhebliche Geld- oder Freiheitsstrafen“, so Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb, Hate-Speech-Beauftragter der Bayerischen Justiz.

“Das konsequente Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft ist mir sehr wichtig”, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in einer Pressemitteilung. “Dazu gehört auch die akribische Auswertung der sichergestellten Beweismittel. Oftmals bekommen wir dadurch Ermittlungsansätze zu weiteren Taten und Tätern.” Herrmann warnte, dass Hasspostings die Vorstufe für weitere Eskalationen sein können. “Wir verstärken deshalb den Kampf gegen Hass im Netz und planen weitere länderübergreifende Schwerpunktaktionen, auch um potentielle Hetzer abzuschrecken.”

1.648 Verfahren wegen Hasskriminalität im Internet

“Das Problem ist das große Dunkelfeld”, erläuterte der Innenminister. Er appellierte an alle von Hass und Hetze Betroffenen, sich umgehend an die Polizei zu wenden. “Dann können wir den Urhebern und Hintermännern auf die Schliche kommen.” Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist nach Herrmanns Worten die möglichst schnelle Löschung der Inhalte auf den Plattformen. Falls der Beitrag nicht fristgerecht gelöscht werde, schalte die Polizei das Bundesamt für Justiz ein.

Justizminister Georg Eisenreich: “Ich habe Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten bei der Generalstaatsanwaltschaft München berufen und 22 Sonderdezernate bei den Staatsanwaltschaften in ganz Bayern eingerichtet. Diese haben im Jahr 2020 bereits 1.648 Verfahren wegen Hasskriminalität im Internet geführt. Unsere Ermittler haben hervorragende Arbeit geleistet. Facebook war dagegen oft nicht hilfreich. Ich erwarte, dass Facebook Auskunftsverlangen der Ermittlungsbehörden ohne Wenn und Aber beantwortet.”

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