Realsatire: „Danke, Trump!“ – „America is back“ am geistigen Hosenboden

Washington. Trump tut, was nur Trump tun kann: In seiner Rede vor dem Kongress lobt sich der US-Präsident mit sämtlichen Superlativen, die ihm in seiner improvisierten, stundenlangen Rede einfallen. Quintessenz: Was er in 6 Wochen geleistet hat, ist mehr als alle Regierungen zuvor in acht Jahren.

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation. Screenshot: ZDF

Die konzertierte Show beginnt bereits Stunden, bevor der Matador die Bühne betritt. Standing Ovations für die First Lady: Melania Trump trägt ein graues Kostüm und winkt firstlady-like. Trump-Kumpel Elon Musk marschiert auch ein – nach der Schelte für Selenskyjs Outfit am Freitag dieses Mal mit Anzug statt T-Shirt und ohne Kettesäge. Er feiert sich selbst.

„Ich möchte einer weiteren Person danken“, wird Donald Trump später seine selten gesehene Gattin loben, „unserer First Lady, die sich bei Pflegeelternschaft engagiert – mit erstaunlichen Ergebnissen“, verweist er auf zwei beeindruckende junge Frauen neben Melania, die bei Pflegeeltern aufgewachsen sind. „Solche Projekte sind so wichtig für unsere Gesellschaft“.

Trumps Team fährt zig Zeugen der „kriminellsten Vorgänger-Administration aller Zeiten“ und der „großartigsten Erfolge, die die vereinigten Staaten jemals erleben durften“, auf: Witwen und Angehörige von Polizisten, Feuerwehrmännern, Geschlechtsumwandlungen – in Trumps Lesart alle Opfer von Joe Bidens offenen Grenzen. Und Kanadas und Mexikos Drogenschmuggel.

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Gesundheitsminister Robert Kennedy soll Krebs heilen. Screenshot: ZDF

Atem Gottes an Trumps Ohr

Trump ernennt einen krebskranken Jungen (13) zum Secret-Service-Agenten. Die Abgeordneten feiern den kleinen „DJ“ Daniel mit Standing Ovations! Für die Heilung des Jungen dankt er seinem Gesundheitsminister Robert F. Kennedy jr., den er mit der Ursachensuche für die vielen Krebsfälle beauftragt. Mutmaßlich stecken auch dahinter Biden, die Kanadier und die EU.

Mit im Saal ein in Moskau verhafteter Lehrer, den Trump nach zwei Tagen im Amt befreit haben will, und dessen Mutter aus Butler, Pennsylvania, stammt, wo der Atem Gottes Trumps Ohr streifte. Und wegen dieser schicksalhaften Analogie auch gleich die Witwe und Töchter des bei diesem Attentatsversuch getöteten Zuschauers, eines Feuerwehrmanns. Kann alles kein Zufall sein.

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Standing Ovations der Republikaner, Protestschilder der Demokraten. Screenshot: ZDF

Zwei Lager: Team Trump und alle anderen

Trump teilt die Welt in zwei Lager: die USA und seine Anhänger – und alle anderen, Kanada, Mexiko, die EU vor allem, einschließlich der Demokraten und Beamten, die seinem Feldzug im Weg stehen. Russland kommt bei der langen Aufzählung nicht vor. Und dann beginnt das gigantischste Selbstlob in der Geschichte der Menschheit, womöglich des Universums.

„Wir haben in 6 Wochen mehr erreicht als die meisten Regierungen in 4 oder 8 Jahren.“ Ja, Stand jetzt die höchsten Preise und die niedrigste Zustimmung für einen Präsidenten seit Trump 1. Fassungslose Demokraten halten Protestschilder hoch: „Lie – Lüge!“ Man kann die Schilder auch gleich festschrauben. Es wird nicht wahrhaftiger.

Viele haben das gesagt – wissen Sie, wer die Nummer 2 ist? George Washington hat den zweitbesten Kurs gefahren. Donald Trump

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Der Abgeordnete Al Green aus Texas wird aus dem Saal entfernt, Screenshot: ZDF

Free Speech nur für Trump

Ein Mann leistet mit Zwischenrufen Widerstand: Nach strengen Ermahnungen wird der störende Abgeordnete Al Green aus Texas aus dem Saal entfernt. So viel zur Meinungsfreiheit, zur „free speach“! Frei sprechen darf der, der das Mikrophon in der Hand hält und die Saalaufsicht unter seiner Kontrolle hat. Seine dritte Rede an den Kongress sei das jetzt. „Ich habe nichts, was ich den Demokraten anbieten kann, um sie glücklich zu machen“, sagt er mit drohendem Unterton.

Das habe ich inzwischen eingesehen – ich kann ein Heilmittel gegen schlimmste Krankheiten finden, aber die Leute, die hier sitzen, stehen nicht auf, applaudieren nicht, zeigen keinen Respekt. Das sollte so nicht sein. Jedes Mal das gleiche Bild. Demokraten, die ihr hier sitzt, schließt euch doch uns an und feiert die vielen Erfolge mit uns zusammen. Donald Trump

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Standing Ovations der Republikaner, Protestschilder der Demokraten. Screenshot: ZDF

Immer wieder Biden

Bei seiner angeblichen Abwehr der illegalen Migration kommt er über sich selber noch mehr ins Schwärmen: „Mein Gott, haben wir starke Arbeit geleistet – der Stand ist so niedrig wie nie zuvor.“ Vor allem im Vergleich mit „Joe Biden, dem schlechtesten Präsidenten in der Geschichte des Landes, unter dem 100.000e Mörder, Vergewaltiger und Drogendealer einfach in unser Land gelassen wurden“.

Nichts sei so wichtig wie der Grenzschutz: „20 Millionen Menschen sind eingefallen, Mörder, Drogendealer, Vergewaltiger – wegen Joe Bidens Politik der offenen Grenzen. Langsam haben sie unser Land unterwandert, aber wir schmeißen sie wieder raus und zwar schnell.“ Hervorragende Arbeit konstatiert er allen Grenzschützern und der Polizei. „Wir haben das radikalste Programm gegen die illegale Immigration umgesetzt, haben niedrigste Zahlen in Rekordzeit erreicht, ich danke euch allen dafür.“ Standing ovations, Jubel, Gekreische, „USA, USA, USA …“ – entsetzte, resignierte Demokraten.

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Seltener Besuch von Gattin Melanie Trump. Screenshot: ZDF

Fired: „Oder ihr fliegt raus!“

In den vergangenen Jahren sei das Justizsystem von radikalen Linken auf den Kopf gestellt worden. „Meine Regierung hat schnell und entschlossen gehandelt.“ Angefangen beim FBI: „Kash Patel, great Job, vielen Dank“! Und dem Justizministerium: „Danke Pam Bondi!“  Und er habe die Todesstrafe verpflichtend für Polizistenmörder eingeführt. Jeden Tag arbeite er an der Wende, die dieses Land brauche: „Einstellungssperre, Stopp der Auslandshilfe, des lächerlichen Green-Deals, der uns Billionen kostet, die andere Länder nicht zahlen.“ Standing ovations, Jubel, Gekreische, „USA, USA, USA …“ – verzweifelte, fassungslose Demokraten.

Ausstieg aus der „korrupten WHO und auch aus diesem Menschenrechtsrat, der völlig gegen Amerika eingestellt ist“. Man habe Rekorde aufgestellt bei der Beseitigung überflüssiger Verordnungen. Zu den Beamten habe er gesagt: „Ihr erscheint persönlich im Büro, oder ihr fliegt raus!“ Schluss gemacht habe er mit der Zensur, die Meinungsfreiheit wieder hergestellt, Englisch als einzige Amtssprache eingesetzt, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umbenannt und den Mount McKinley wieder nach William McKinnley zurückbenannt. Standing ovations, Jubel, Gekreische, „USA, USA, USA …“ – Demokraten fassen sich an die fiebrige Stirn.

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Entsetzte Nancy Pelosi, Screenshot: ZDF

Bidens schlimmstes Verbrechen: die Preise für Eier

„Wir haben mit der Tyrannei der Gleichmacherei Schluss gemacht – unser Land wird nicht mehr länger woke sein!“  Das Oberste Gericht habe in einer kühnen Entscheidung dafür gesorgt, „dass wir das auch tun können“. Man habe das Gift der kritischen Rassentheorie aus den Schulen entfernt, dafür gesorgt, dass Männer nicht mehr im Frauensport antreten dürfen. „Es ist eine Revolution des gesunden Menschenverstands, mit dem wir über die Welt hinwegfegen.“ Die Biden-Administration habe 95 Prozent aller Öl- und Erdgasbohrungen zurückgefahren, viele Kraftwerke geschlossen: „Wir fahren sie wieder hoch – ganz ehrlich, so etwas haben wir noch nie gesehen.“

Er habe den Energienotstand ausgerufen: „Wir haben mehr flüssiges Gold unter unseren Füßen als jedes andere Land – drill, Baby, drill!“ Seine Regierung plane die gewaltigste Erdgas-Pipeline ever in Alaska: „Japan, Südkorea und andere Länder wollen sich mit Milliarden beteiligen.“ Oberste Priorität genieße die Rettung der Wirtschaft vor dem Alptraum in puncto Inflation: „Der schlimmsten in 48 Jahren, vielleicht der schlimmsten in der Geschichte unseres Landes.“ Er kämpfe jeden Tag dagegen.

Joe Biden hat zugelassen, dass die Preise für Eier in den Himmel schießen, das war einer seiner größten Fehler. Donald Trump

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Fassungslose Demokraten. Screenshot: ZDF

Elon, der Pate von Doge-City

„Außerdem werden wir der Verschwendung von Steuergeldern ein Ende bereiten“, verspricht Trump, der auf Nachfragen bei Pressekonferenzen bislang keinen einzigen Fall dokumentieren konnte. Hier aber unterbricht ihn keiner bei der Hymne auf Doge – das Department of Government Efficiency – „geführt von Elon Musk, der heute ebenfalls hiersitzt. Vielen Dank, Elon! Er arbeitet wirklich hart, er hat das gar nicht nötig.“ Standing ovations, Jubel, Gekreische, „Elon, Elon, Elon…“ – Demokraten vergraben ihr Gesicht in ihren Händen.

„Hören Sie sich das mal an“, wirft Trump wild Zahlen durcheinander, „22 Milliarden, durch die Autos finanziert werden sollten, 45 Milliarden für Inklusion, Milliarden für Migranten, Milliarden für LBGTQ, 60 Milliarden für Ureinwohner, Milliarden für Transgender – das passiert wirklich.“ Für die arabische Sesamstraße, für Dekarbonisierung, die eine Frau namens Stacey Abrahams genehmigt habe. Für die Aufsicht der Fischerei, für Klimaschutz. „So können wir hunderte Milliarden an Steuergeldern einsparen, angeleitet durch junge Leute von Elon.“

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Auch Elon Musk wird gefeiert. Screenshot: ZDF

Einer Methusalem-Gang auf der Spur

Einige Demokraten halten Schilder mit Slogans wie „MUSK STEALS“ (dt.: „Musk klaut“) hoch. Der Tesla-Chef wurde von Trump mit dem umstrittenen Kürzungsprogramm auf Bundesebene beauftragt. Trump ficht es nicht an: „Wir haben Inkompetenz, Betrug beseitigt.“ Ein Highlight seiner Rede hat er offenbar der Genesis entliehen, die Methusalem das biblische Alter von 969 Jahren nachsagte.

Jedenfalls behauptet der Präsident, seine Musketiere seien einer gewaltigen Greisengang auf der Spur, die bis ins biblische Alter Zahlungen überwiesen bekämen: „Millionen sollen zwischen 100 und 109, 110 und 119 … 150 und 159, Hundertausende, über 160 Jahre alt sein.“ Standing ovations, Jubel, Gekreische, Lachen, „Elon, Elon, Elon…“ – Demokraten versinken vor Scham in ihren Sitzen.

Das tut unserem Land weh. Eine Person mit einem Alter von 360 Jahren – 100 Jahre älter als unser Land. Wir finden heraus, wohin das Geld fließt. Donald Trump

US-Präsident Donald Trumps Rede zur Nation: Standing Ovations der Republikaner, Protestschilder der Demokraten. Screenshot: ZDF

„Fang damit an, deine Steuern zu zahlen!“

In naher Zukunft möchte der größte Schuldenmacher aller Zeiten auch noch den Haushalt ausgleichen: „Mit diesem Ziel haben wir detailliert ausgearbeitet, was wir die Goldkarte nennen“, sagt Trump scheinbar ohne Zusammenhang. „Nämlich eine Staatbürgerschaft für Leute, die herkommen, investieren, Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen – wo sie herkommen, zahlen sie keine Steuern, hier müssen sie.“ Meint Trump das Steuerparadies Deutschland? „Wir bringen jetzt brillante Menschen auf hervorragende Arbeitsplätze und bauen damit unsere Schulden ab.“

Aha. Das wird den Tech-Buddies gefallen, MAGA aber weniger. Der Applaus ist deutlich moderater. Egal! „Über 100 Jahre ist das Defizit nur gewachsen“, weiß der versierte Hobby-Historiker. „Man braucht manchmal 10, 20 Jahre, für Dinge, die nur zehn Tage brauchen dürfen.“ In der nächsten Phase werde dieser Kongress Steuererleichterungen verabschieden:

Dafür dürft ihr Demokraten auch applaudieren, sonst werdet ihr nie mehr gewählt. Donald Trump schaut auf ein Schild mit der Aufschrift „Start by paying your taxes!“

„Zölle: Was für ein schönes Wort!“

Die US-Automobilindustrie werde ein Wachstum erleben, wie nie zuvor. „Was für ein schönes Wort, Zölle!“ Er habe mit den Chefs der drei größten Hersteller gesprochen, sie hätten gesagt: „Ja, sie werden viele Werke errichten, in Indiana, das größte und modernste der Welt.“ Der 5. November, Tag seiner Wiederwahl und Beginn eines goldenen Zeitalters „wird als einer der größten in die Geschichte unseres Landes eingehen“.

Wer nicht in Amerika produziert, werde saftige Zölle bezahlen: „Die EU, China, Mexiko, Kanada und zahllose Länder berechnen uns enorme Zölle, das ist unfair!“ Indien erhebe Automobilzölle von mehr als 100 Prozent. „Am 2. April – ich wollte es erst am 1. April machen – werden reziproke Zölle eingeführt: Egal, was sie uns abnehmen, wir nehmen es uns wieder zurück.“ Billionen werde man dadurch einnehmen: „Um Arbeitsplätze zu schaffen, die wir nie gesehen haben.“ Vieles sei schon über Mexiko und Kanada gesagt worden:

Sie lassen Fentanyl in unser Land, Familien werden zerstört, das wird von Kanada subventioniert, und wir subventionieren Kanada – das werden wir nicht mehr tun! Donald Trump

Das bisschen Außenpolitik: Und was ist mit der Ukraine?

Wenn man Kriege beenden wolle, müsse man mit beiden Seiten Sprechen. Trump zufolge sei sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj bereit, ein Rohstoffabkommen zu unterzeichnen. Er beruft sich auf einen Brief des ukrainischen Präsidenten, in dem dieser sich zu Verhandlungen mit Russland bereit erklärt habe.

Trump meldet erneut Ansprüche auf den Panamakanal und Grönland an. Sollten die Grönländer sich für die USA entscheiden, würde man sie willkommen heißen. Trump bittet den Kongress darum, einen Abwehrschild gegen Raketen für die USA mit dem Namen „Golden Dome“ (dt. „Goldene Kuppel“) zu finanzieren. Und dann eine Außenpolitik ganz nach Donalds Geschmack:

Wir werden die amerikanische Flagge auf dem Mars hissen – und noch an ganz anderen Orten. Wir werden den amerikanischen Traum weiterentwickeln, fight, fight, fight! Danke, Trump für diese donaldeske Vision einer „Brave new World“!

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