Regional genießen (4): Brennnesselspinat
Weiden. Bei der Brennnessel hält sich das Verständnis der Gartenbesitzer in Grenzen. Als Unkraut bereitet es für sie viel Arbeit. Es gibt aber auch eine andere Sicht auf diese Pflanze.

Die kürzlich verstorbene und unvergessliche Ehrenkreisbäuerin Roswitha Scheidler hat einmal gesagt: „Wenn ich a frisches Gmöijs brauch, göij i hinte in Goatn und hol mia an Giersch oder a boa Brennnessln.“ Viele kennen beide Pflanzen nur als lästiges Unkraut aus dem Garten. Dabei sind sie ein Schatz – nicht nur für die Küche. Wir widmen uns beim regionalen Genuss der Brennnessel.
Steckbrief: Brennnessel
Sobald ein Hobbygärtner mehr als zehn Quadratmeter sein Eigen nennt, muss er mit einem „Brennnesseldschungel“ rechnen. Zunächst ein ärgerlicher Umstand, weil die Pflanze einen schlechten Ruf, als Schmerzensbringerin gilt. Beinahe jeder kann sich an einen schmerzhaften Brennnessel-Unfall aus seiner Kindheit erinnern.
Aber: Die Brennnessel ist eine erstaunlich vielseitige Pflanze, die zahlreiche Vorteile bietet, sowohl in der Küche als auch in der Naturheilkunde und im Gartenbau. Hier sind einige der wichtigsten Vorzüge der Brennnessel:
- Reich an Nährstoffen: Brennnesseln sind vollgepackt mit Vitaminen und Mineralstoffen. Sie enthalten Vitamin A, C, K und mehrere B-Vitamine sowie Eisen, Kalzium, Magnesium und Kalium. Diese Nährstoffe tragen zur allgemeinen Gesundheit und Vitalität bei.
- Entzündungshemmende Eigenschaften: Die in der Brennnessel enthaltenen Verbindungen, wie Flavonoide und Carotinoide, wirken entzündungshemmend. Das macht sie zu einem beliebten Mittel in der Naturheilkunde zur Linderung von Arthritis und anderen entzündlichen Erkrankungen.
- Blutreinigend und harntreibend: Brennnesseln werden traditionell zur Entgiftung des Körpers und zur Förderung der Nierengesundheit verwendet. Sie haben eine harntreibende Wirkung, die hilft, überschüssige Flüssigkeiten und Giftstoffe aus dem Körper zu spülen.
- Unterstützung des Immunsystems: Dank ihres hohen Gehalts an Antioxidantien und Vitaminen stärken Brennnesseln das Immunsystem und helfen dem Körper, Infektionen abzuwehren.
Die Brennnessel in der Küche
- Brennnesseltee: Brennnesseltee ist ein wohltuendes Getränk, das nicht nur erfrischend schmeckt, sondern auch die oben genannten gesundheitlichen Vorteile bietet. Er kann sowohl heiß als auch kalt genossen werden. Man kann die Blätter selbst trocknen oder den fertigen Tee im Reformhaus kaufen.
- Küchenzutat: Die jungen Blätter der Brennnessel können ähnlich wie Spinat verwendet werden. Sie eignen sich hervorragend für Suppen, Eintöpfe oder als Beilage. Vor dem Verzehr sollten die Blätter jedoch blanchiert oder gekocht werden, um die brennenden Härchen zu deaktivieren.
- Brennnesselsmoothie: Brennnesselblätter im Smoothie verleihen dem Getränk einen ungeahnten Schub an gesundheitlich wertvollen Inhaltsstoffen. Sie enthalten zum Beispiel die 30-fache Menge an Vitamin C und 50-mal soviel Eisen als ein Kopfsalat.
Die Brennnessel im Garten
Die Brennnessel ist eine sogenannte Zeigerpflanze. Solche Pflanzen zeigen schon von weitem die Bodenbeschaffenheit an. Die Brennnessel zeigt einen besonders nährstoffreichen Boden an. Im Gegensatz dazu zeigt der Ackerschachtelhalm magere, schwere und zu Staunässe neigende Böden an. Aufmerksame Gartler haben es schon immer gewusst: Brennnesseln gedeihen besonders gut in der Nähe des Komposthaufens.
Brennnesseljauche: Kunstdünger muss nicht sein, der Trend geht zurück zur Natur. Wer seine Gartenpflanzen (beispielsweise Starkzehrer wie Kürbisse, Tomaten o. ä) biologisch düngen will, der kann Brennnesseljauche einsetzen: ein Kilogramm Brennnesseln in einen zehn-Liter Kübel geben und mit Regenwasser auffüllen. Vierzehn Tage gären lassen und der beste Biodünger ist einsatzbereit.
Zugegeben: Die Nase muss man nicht in das Gebräu hineinstecken. Andererseits stinkt die ausgebrachte Jauche, sobald sie im Erdreich versickert ist, in keiner Weise. Diese Jauche ist reich an Stickstoff und anderen Nährstoffen, die das Pflanzenwachstum fördern. Deshalb Vorsicht vor Überdüngung.
Einfach mal ausprobieren: Brennnesselspinat aus Omas Küche
500 g kleine, zarte Spitzen der jungen Brennnesseln
30 g Butter
40 g Weizenmehl
1 mittlere Zwiebel
Salz, Pfeffer schwarz, Muskatnuss
Die Blätter in kochendem Wasser kurz blanchieren. Anschließend fein hacken/zerkleinern.
Butter zerlassen, kleingehackte Zwiebel dazu geben und auf mittlerer Hitze mit dem Mehl eine helle Einbrenne herstellen. Brennnesseln in die Mehlschwitze geben, Sahne dazu gießen und mit Salz und Gewürzen abschmecken. Mit einem Spiegelei und Kartoffeln ist der Brennnesselspinat eine vollwertige vegetarische Mahlzeit. Garantiert ohne den industriellen ‚Blub‘ aus dem Tiefkühlfach.
Alles Wissenswerte über „Unkraut“
Die Brennnessel ist weit mehr als nur ein lästiges Unkraut. Ihre gesundheitlichen Vorteile, kulinarischen Einsatzmöglichkeiten und praktischen Anwendungen im Garten und Haushalt machen sie zu einer wertvollen Ressource. Ob in der Teetasse, auf dem Teller oder im Garten – die Brennnessel hat ihren festen Platz verdient. Wenn man ihre Vorzüge kennt, wird man sie vielleicht beim nächsten Spaziergang mit ganz anderen Augen sehen.
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