Rupprechts Rezept: Mit Exzellenz-Ausbildung gegen den Fachkräftemangel

Weiherhammer. Es ist das Thema, das die Unternehmen umtreibt: Noch mehr als Bürokratie und Energiepreise bremst der Fachkräftemangel wirtschaftliches Wachstum auch in der Region. Albert Rupprecht startete deshalb bereits eine Initiative zur Exzellenz-Ausbildung – die will er weiter ausbauen.

Berufliche Ausbildung auf Elite-Uni-Niveau: (von links) Florian Waldeck, Geschäftsführer der C4TRENDS GmbH, ÜBZO-Geschäftsführerin Stefanie Luber, MdB Albert Rupprecht und Zuo Xiaochen, 3D-Artist des ÜBZO. Foto: Jürgen Herda

Der demografische Wandel zeichnet sich in vielen Politikfeldern seit langem ab: Die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, der Rente, des Gesundheitssystems – all das steht und fällt mit dem Verhältnis zwischen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern und Rentnern.

Im Jahr 1962 kamen in Westdeutschland auf einen Altersrentner sechs aktiv Versicherte. Heute stehen einem Altersrentner nur noch rund zwei Beitragszahler gegenüber. Gleichzeitig fehlt an allen Ecken und Enden Nachwuchs, der in den Unternehmen, im Handel und bei Dienstleistungen anpackt.

Besonders Handwerk und Industriebetriebe beklagen, dass es von den im Verhältnis knapp gewordenen jungen Menschen, immer mehr an die Hochschulen zieht. 1950 standen 75,5 Azubis zehn Studenten gegenüber. Bereits 2021 kamen nur noch 4,3 Auszubildende auf 10 Studierende.

Berufliche Bildung auf Augenhöhe mit Eliteunis

Auch wenn sich die Arbeitswelt seitdem durch Automatisierung und Digitalisierung dramatisch verändert hat: Der Fachkräftemangel im Handwerk und produzierenden Gewerbe ist dadurch noch gravierender als in akademischen Berufen. Da sich schon allein wegen der verfassungsmäßig garantierten freien Berufswahl die Orientierung am Arbeitsmarkt nur schwer steuern lässt, setzt Albert Rupprecht (CSU) auf starke Anreize.

Der Weidener Bundestagsabgeordnete, der in unionsgeführten Bundesregierungen den Forschungs- und Bildungsetat mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro sowohl für die akademische als auch die berufliche Bildung 13 Jahre lang verantwortet hatte, setzte deshalb parallel zur Exzellenzinitiative für die Hochschulen auch einen sogenannten Innovet-Wettbewerb für die berufliche Bildung durch.

ÜBZO profitiert vom „Innovet-Wettbewerb“ Bei einem Nutznießer dieser Initiative, dem Überbetrieblichen Bildungszentrum Ostbayern (ÜBZO) in Weiherhammer, sprechen wir mit dem Abgeordneten, ÜBZO-Geschäftsführerin Stefanie Luber sowie dem Geschäftsführer der C4TRENDS GmbH, Florian Waldeck, über die Strahlkraft einer beruflichen Ausbildung auf zeitgemäßem Top-Niveau (siehe Video).

Es war immer die Frage, wie stärken wir die berufliche Bildung? Albert Rupprecht

Angelehnt an die Exzellenzinitiative für Elite-Universitäten, wollte der Bundestagsabgeordnete mit einer hohen Fördersumme die berufliche Ausbildung revolutionären. Mit Rücksicht auf die standesbewussten Hochschulrektoren habe man sich im Ministerium dann auf den Begriff „Innovet-Wettbewerb“ verständigt. Am Ende wurden 171 Anträge gestellt und es flossen zwischen 2020 und 2024 in 16 deutsche Regionen abhängig vom Konzept jeweils zwischen 6 und 7 Millionen Euro – unter anderem an den Nordoberpfälzer Leuchtturm der beruflichen Bildung, das ÜBZO.

Die Vision des Weidener Bundestagsabgeordneten: MdB Albert Rupprecht wünscht sich eine Berufsschule im Silicon-Valley-Stil. Foto: Martin Zimmer

„Allianzbildung in Ostbayern“

„Die, die am meisten Know-how hatten“, lobt Rupprecht die ÜBZO-Gesprächspartner, „wart halt einfach ihr.“  Es habe ein unabhängiges Auswahlgremium gegeben: Der frühere OTH-Präsident Professor Erich Bauer, der als ÜBZO-Geschäftsführer den Stab demnächst weitergibt, sei damals sein Ansprechpartner gewesen. „Die Qualität des Ausbildungsprogramms wurde dann über das ÜBZO vor Ort regional organisiert – ihr wart dann einer von den wenigen, die einen Zuschlag gekriegt haben.“ Das ÜBZO-Initialprojekt zur Stärkung der beruflichen Bildung hieß „Allianz für berufliche Bildung in Ostbayern“ (ABBO).

Wir haben mit der Frühausbildung begonnen“, schildert Florian Waldeck die verschiedenen Stationen des Kernprojekts, das um diverse andere Bausteine ergänzt wurde, „eine Art Berufsorientierung über ein ganzes Schuljahr gespannt.“ 32 Schülerinnen und Schüler jeweils aus der Vorentlassklasse hätten über drei Jahre in drei verschiedenen Gruppen aus allen Schulformen im ÜBZO die moderne Arbeitswelt kennen- und schätzengelernt.

Mit denen haben wir gebaut, programmiert, geschweißt und gelötet. Florian Waldeck

Berufliche Ausbildung auf Elite-Uni-Niveau: Florian Waldeck, Geschäftsführer der C4TRENDS GmbH. Foto: Jürgen Herda

Ausbildung mit VR-Brille

Profitiert hätten sowohl Schüler und angehende Azubis als auch Nordoberpfälzer Unternehmen, die sich auf hoch motivierten Nachwuchs freuen konnten: „Wir haben sie auf 60 Kooperationspartner, also auf viele andere Firmen, verteilt.“ Um einen Eindruck von der Qualität dieses neuen Ansatzes zu gewinnen, treffen wir uns im FutureLab, das als Nukleus dieser beruflichen Hightech-Agenda Rupprechts der Idee Gestalt verleiht: Statt trister Gänge, kleiner Klassenzimmer und Geruch nach Linoleum könnte eine neue Berufsschule in Weiden auch so aussehen (siehe Info-Kasten unten).

„Man kommt hier rein ins FutureLab“, beschreibt Stefanie Luber die Vorzüge des Bildungszentrums im Silicon-Valley-Style, „es ist aufgeräumt, es ist offen, es ist hell, man ist nicht in Klassenzimmern eingeengt.“ Genau der richtige Ort, an dem Zuo Xiaochen, 3D-Artist des ÜBZO, mit VR-Brille vorführen kann, wie moderne Ausbildung funktioniert. „Diese Brille hat eine große Auflösung“, erklärt Xiaochen, der auch gelernter Maschinenbauer ist, „die Auflösung ist 4k.“ Eine chinesische Marke von ByteDance, dem Anbieter des schillernden Sozialen Netzwerks TikTok.

Berufliche Ausbildung auf Elite-Uni-Niveau: (von links) MdB Albert Rupprecht, Zuo Xiaochen, 3D-Artist des ÜBZO, und ÜBZO-Geschäftsführerin Stefanie Luber. Foto: Jürgen Herda

Training in der virtuellen Realität

„Das ist das Setup, wenn wir Virtual-Reality-Trainings machen“, erläutert Waldeck die Anordnung.  „Wir haben immer einen Monitor dabei, der muss nicht so groß sein wie der hier.“ Es würden auch die kleinen an der Decke reichen. „Damit der Trainer sieht, was der Teilnehmer sieht.“ Damit er ihm, wenn er mal irgendwo hänge, weiterhelfen könne. „Xiaochen steht im virtuellen FutureLab an einem Getriebestand.“ Über Audio würde er angewiesen, was er für Schritte machen kann. „Xiaochen, wenn du jetzt mal ins Menü gehst und einen Kettenantrieb raussuchst“, weist er seinen Spiele-Entwickler an, „genau, das ist ein Szenario – dann startet es hier.“

Der Aufbau entspreche in der Realität der Ausbildungswerkstatt: „Wenn dort Betrieb ist, kann man nur einen oder zwei Azubis an der Maschine schulen.“ Aber dadurch, dass sie schon vorab virtuell trainieren könnten – mit Kettenantrieben, Zahnradantrieben, Kupplungen und Übersetzungen – übten die Azubis schon mal den Aufbau. Man könne sich dann an der Maschine eher um Problembehandlungen und Fragestellungen kümmern. „Xiaochen ist schon ziemlich schnell, der hat das schon ein paarmal gemacht.“

Berufliche Ausbildung auf Elite-Uni-Niveau: (von links) MdB Albert Rupprecht, Florian Waldeck, Geschäftsführer der C4TRENDS GmbH und ÜBZO-Geschäftsführerin Stefanie Luber. Foto: Martin Zimmer

Keine Angst vor Fehlern

In diesem offenen Raum mit verteilten Sitzflächen könne man anders als im Klassenzimmer schnell mal sagen: „Hey Xiaochen, mach mal was mit der VR-Brille vor“, ergänzt Luber. „Dann stehen alle auf, stellen sich um ihn rum, und können zusätzlich beobachten, was am Monitor passiert.“ Das sei der Spaßfaktor der ÜBZO-Ausbildung: „Das macht es aus, die Vielfältigkeit, die Kombination, die Abwechslung – dass es nie langweilig wird und man selber was machen kann.“ Anstatt nur stur drei Stunden am Metallplatz zu feilen, kollaboriert man hier an Projekten.

„Man stellt eine Aufgabe“, sagt Luber, „erklärt die Herangehensweise und dann probieren die Azubis das selber aus.“ Man unterstütze sich gegenseitig, frage: „Hey, wie machst denn du das?“ und „schau mal, das kannst du so machen!“. So stellten sich schnell Fortschritte ein. „Man kann es probieren, man weiß, man kann nichts kaputt machen, man testet – und dann gehen wir raus an die Maschine und niemand hat mehr Angst, weil man weiß, wie’s funktioniert.“ Solche Hightech-Module habe man hier entwickelt. „Aber auch mit Robotik, KI, Modulen Additiver Fertigung, also 3D-Druck, bringen wir einfach mehr Digitalisierung und Moderne in die Inhalte“, ergänzt Waldeck.

Berufliche Ausbildung auf Elite-Uni-Niveau: (von links) Florian Waldeck, Geschäftsführer der C4TRENDS GmbH, ÜBZO-Geschäftsführerin Stefanie Luber. Foto: Jürgen Herda

Berufswahl: Die Wünsche junger Menschen

Die moderne Arbeitswelt stärke auch das Zusammengehörigkeitsgefühl. „Wir haben eine virtuelle Lernplattform geschaffen“, erzählt Waldeck weiter, „wo sich die Schülerinnen und Schüler, die Azubis dann mit ihren Avataren online treffen können.“ Für so ein Netzwerk brauche man freilich immer auch einen Steuermann, der es in die Hand nimmt: „Der die einzelnen Ausbilder, der die Berufsschulen, der die Eltern und Schüler anspricht und informiert.“ Die Bilanz dieses Pilotprojekts: In den Köpfen der Menschen entstehe ein neues Bild von der beruflichen Ausbildung.

Bei einer Werksführung, zu der die Eltern mit eingeladen waren, habe eine Mutter erstaunt festgestellt: „Das ist ja gar nicht laut und schmutzig bei euch.“ Solche Klischees höre Luber öfter, dass man im handwerklichen Beruf „dreckat“ werde, keine Hilfsmittel habe, körperlich schwer arbeiten müsse. „Man hat inzwischen so viele Hilfsmittel und Instrumente.“ Und am Ende zählten bei der Berufswahl eben die Wünsche und Träume der jungen Menschen:

Schon auch Entwicklungsmöglichkeiten, ein spannender Job, ein guter Verdienst, ein modernes digitales Umfeld – und vielleicht auch mal international unterwegs sein: Das kriegt man alles hin! Stefanie Luber

Die Berufsschule der Zukunft

Die Vision des Albert Rupprecht: Das Pilotprojekt in der ganzen Gesellschaft verankern, in die Breite streuen. Was in Weiherhammer begann, soll nicht im FutureLab enden. Schon einmal sei er mit der Idee vom Neubau einer Berufsschule der Zukunft in Weiden nur knapp an der Finanzierung gescheitert. Das soll nicht der letzte Versuch gewesen sein, einer Art „Oxford der Ausbildung“ auch ein adäquates Zuhause zu geben.

Ein innovativer beruflicher Lernort, von dem – vom kleinen Handwerker bis zum Global Player – alle Unternehmen der Nordoberpfalz profitieren könnten. Wo die Innovation und Wertschöpfung der nächsten Jahrzehnte ausgetüftelt wird. Ein Ort, der eine ähnliche Anziehungskraft entfaltet, wie das FutureLab oder eben das Silicon Valley. Ein Ort ohne Denkverbote und räumliche Barrieren.

„Denn wo wird die Ausbildung der eigenen Kinder geplant?“, stellt Rupprecht eine rhetorische Frage. „Am Küchentisch mit den Eltern!“ Und wenn man da beim Tag der offenen Tür eine solche Talentschmiede schon mal von innen gesehen, sich über Karriere- und Verdienstmöglichkeiten in handwerklichen und industriellen Berufsfeldern informiert habe, stünden die Chancen gut, dass nicht jeder junge Mensch seinen Weg nur an der Uni sehe oder „irgendwas mit Medien“ machen wolle.

„Die Regierung der Oberpfalz war von der Idee begeistert“, erzählt Rupprecht, „die standen zu 100 Prozent hinter dem Projekt.“ Sie hätte den Neubau mitfinanziert: „Genau so etwas brauchen wir“, hätte man ihm gesagt. Gescheitert sei es an den kommunalen Finanzen: „Weil sich die Landkreise und die Stadt auf das Defizit der KNO fokussieren mussten“, bedauert der Abgeordnete.

So sei das eben bei Null-Wachstum. „Bei einem Wachstum von zwei Prozent bin ich mir sicher, dass wir beides hinbekommen“, sagt Rupprecht: „Eine solide Gesundheitsversorgung und ein Berufsbildungssystem, das neue Perspektiven bietet.“ Gerne auch mit Hilfe der unternehmerischen Wirtschaftskraft, die schließlich davon auch profitiere, lädt er Unternehmer zur Public-Private-Partnership ein.

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