Schleuser aus Litauen muss für zwei Jahre ins Gefängnis

Weiden. Immer wieder erwischt es die kleinsten Rädchen der Schleuser. Ein Litauer kassierte dafür eine Freiheitsstrafe – ohne Bewährung.

20231219 Schleuser aus Litauen Foto: Martin Stangl
Der litauische Schleuser wartet mit seiner Dolmetscherin auf den Beginn seines Prozesses vor dem Weidener Amtsgericht. Foto: Martin Stangl

Wenn es nicht so dämlich und andererseits so lebensgefährlich gewesen wäre, könnte man den Prozess wegen Schleusung als Routine abtun. Aber: Außer der Schleuserorganisation gibt es wieder einmal nur Verlierer. Allen voran das kleinste Rädchen, den Schleuserfahrer.

In Litauen bei Taxifahrt angeworben

Vor dem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Hubert Windisch stand ein litauischer Staatsbürger. Ihm wurde von Staatsanwalt Andreas Falk gewerbsmäßige, mehrfache und lebensgefährliche Schleusung vorgeworfen.

Angeworben wurde der Taxifahrer in der litauischen Kleinstadt Jonava. Eines Abends beförderte er einen Fahrgast, der ihm ein verlockendes Angebotspaket unterbreitete: „Fliege mit einem kostenlosen Flugticket von Vilnius in die Slowakei, unternimm zwei einfache Taxifahrten und kehre dann mit knapp 1000 Euro wieder nachhause zurück.“ Einzige Bedingung des großen Unbekannten: keine Fragen an die Personen, die befördert werden und vor allem ein Beweisvideo als Nachweis für die ordnungsgemäße Abwicklung des Auftrags.

Der Litauer ging auf das Angebot ein, flog Anfang Juni 2023 in die Slowakei und fuhr anschließend nach München, wo er am Flughafen einen Opel Mokka anmietete. Über den Messengerdienst Telegram erhielt er aus Serbien weitere Anweisungen. Denen zufolge traf er in Salzburg sechs Syrer ohne Aufenthaltspapiere für Deutschland, die er – ohne erwischt zu werden – nach Bayern über die Grenze brachte.

In Waidhaus erwischt

Nach einem kurzen Schlaf erhielt er – ebenfalls aus Serbien – den zweiten Auftrag: Er sollte acht aus Ungarn kommende syrische Flüchtlinge aufnehmen und über Waidhaus nach Deutschland einschleusen. Pech für ihn, dass Bundespolizisten das Auto anhielten und die Flüchtlinge sowie den Fahrer festnahmen. Insgesamt waren acht Personen in einem für fünf Personen zugelassenen Pkw. Deshalb mussten mindestens zwei syrische Männer mit einem lebensgefährlichen Platz im Kofferraum vorliebnehmen.

Deshalb handelte sich der geständige Litauer neben dem eigentlichen Tatvorwurf Schleusung noch den Vorwurf einer lebensgefährdenden Tat ein. Das Unglück – zumindest aus Sicht des Schleusers – wurde dadurch noch größer, dass die Fahnder bei der Auswertung seines Handys das Video aus Freilassing entdeckten: Dieses dokumentierte dummerweise die tags zuvor begangene Schleusung aus Österreich.

Seit Juni 2023 saß er deshalb in der JVA Weiden in Untersuchungshaft und wartet auf den Prozess.

Geldnot als Motiv für die Schleusung

Bei der Feststellung der „persönlichen Verhältnisse“ offenbarte der Angeklagte seine Beweggründe für die illegalen Taten: In Litauen verdiene er 900 bis 1000 Euro als Taxifahrer. „Meine Frau ist schwerbehindert und ich habe eine 15-jährige Tochter. Selbst bei uns kann man kaum von diesem Einkommen leben.“

Für Staatsanwalt Falk spielte die lebensgefährliche Schleusung im überbesetzten Pkw eine gewichtige Rolle. Deshalb forderte er eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten. Strafverteidiger Stephan Schütz sah einerseits die finanzielle Not des Angeklagten und wertete andererseits den Hafteindruck in der JVA für den Angeklagten als prägend. In seinem Plädoyer trat er für eine milde Bestrafung seines Mandanten ein, ohne eine konkrete Haftstrafe zu benennen.

Ein für Beobachter sehr ausgewogenes Urteil fällte das Schöffengericht, indem es den Schleuser für zwei Jahre hinter Gitter schickt – ohne Bewährung. Dieses Strafmaß ist ein eindeutiges Signal für Nachahmer, dass Schleusung in Deutschland hart bestraft wird. Andererseits ermöglicht es dem kleinsten Rädchen in diesem schändlichen Geschäft eine zeitlich absehbare Rückkehr, um seine Familie zu unterstützen.

Schleuserorganisationen sind die einzigen Gewinner

Rückblickend gibt es bei derartigen Verbrechen fast nur Verlierer. Der Schleuser trägt das größte Risiko: Während die Hintermänner bis zu 7000 Euro pro Schleusung kassieren, erhalten die Fahrer einen Judaslohn von lediglich 500 Euro – wohlgemerkt pro Fahrt. Der deutsche Staat bezahlt Justiz und Fahndungsapparat und muss darüber hinaus noch für die Unterbringung im Gefängnis aufkommen.

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