Schleuser vor Gericht: Drei Mann im Kofferraum, Kokain und 180 km/h

Weiden. In Weiden steht seit Dienstag ein mutmaßliches Mitglied einer syrischen Schleuser-Organisation vor Gericht. Dem 28-Jährigen aus Damaskus wird vorgeworfen, die illegale Einreise von mindestens 39 Landsleuten über Kroatien und Österreich mitorganisiert zu haben.

Ein mutmaßliches Mitglied einer Schleuserbande steht seit Dienstag vor dem Landgericht Weiden. Rechts Verteidiger Steffen Boettcher. Foto: Christine Ascherl

Der 28-Jährige steht vor dem Landgericht Weiden, weil die letzte der vier angeklagten Fahrten an der Raststätte Waldnaabtal-Ost auf der A93 endete. Am Steuer saß ein Landsmann. Am 11. Dezember 2023 stoppte die Polizei hier einen VW T-Roc. Auf der Rückbank saßen vier syrische Staatsangehörige ohne entsprechende Papiere. Weitere fünf hatte der Fahrer schon in Österreich einsteigen lassen.

Laut Staatsanwaltschaft umfasste die Organisation um den 28-Jährigen mindestens acht Personen. Seinen Wohnsitz hatte der Angeklagte, ein gelernter Damenschneider, zuletzt in Gera. Aus Thüringen kommen auch seine Verteidiger Steffen Böttcher (Jena) und Udo Freier (Greiz). Der 28-Jährige ist nie selbst gefahren. Er soll die Fahrer angeworben, die Autos angemietet und den Kontakt zu einer übergeordneten Schlepperorganisation gehalten haben.

Vorwurf: Lebensgefährdende Schleuserfahrten

Staatsanwältin Magdalena Stahl wirft der Bande ein besonders “unmenschliches und erniedrigendes” Einschleusen vor. Die vier Touren gingen jeweils ab Kroatien und dauerten bis zu 20 Stunden. Dabei durften auch die bis zu fünf Männer im Kofferraum zu keinem Zeitpunkt aussteigen. Es gab keine Nahrung, keine Möglichkeit, die Notdurft zu verrichten.

Wenige Stunden vor dem Aufgriff an der A93 stoppte die österreichische Polizei einen weiteren Schleuserfahrer, der dieser Gruppe zuzuordnen ist. Dieser Fahrer hatte am frühen Morgen des 11. Dezember 2023 versucht, vor der Streife zu flüchten. Laut Anklage legte er sieben Kilometer in “halsbrecherischer Fahrweise” bei Geschwindigkeiten bis 150 km/h zurück, um sich der Kontrolle zu entziehen. Um 4.10 Uhr konnte er im österreichischen Helpfau kurz vor der Grenze gestoppt werden. Im Auto: sechs Syrer auf der Rückbank, zwei im Kofferraum. Im Blut: Kokain.

Ohnehin soll dem Angeklagten in Weiden bewusst gewesen sein, dass seine Fahrer kein Risiko scheuten. Einer der Fahrer fuhr bis zu 180 km/h und verlor oftmals die Kontrolle über das Fahrzeug.

Strafe von 6,5 bis 7 Jahre steht im Raum

Auf Anregung von Verteidiger Boettcher gab es ein Rechtsgespräch. Laut Boettcher sei sein Mandant nur als Übersetzer tätig war. Zudem könne er Hinweise auf Hintermänner geben, bot der Verteidiger an. Der Angeklagte habe auch nie Geld für seine Tätigkeit bekommen. Staatsanwältin Magdalena Stahl hatte Interesse an den Hintergrund-Informationen. Sollten diese “werthaltig” sein, konnte sie sich einen “Abschlag” von einem Jahr auf die Haftstrafe vorstellen.

Unter Einbeziehung eines Urteils aus Gera (1 Jahr 8 Monate) nannte die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Peter Werner ein Strafmaß von 6,5 bis 7 Jahre. Ein Abschlag durch eine Aussage über die Hintermänner sei möglich – wenn die Informationen sinnvoll sind.

Das wird sich zeigen. Es steht nun eine erneute Vernehmung des 28-Jährigen durch die Ermittler der Bundespolizei bevor. Am Mittwoch um 13.30 Uhr wird dann der Prozess mit den neuen Erkenntnissen fortgeführt.

[Update] Die Strafkammer des Landgerichts Weiden hat den Angeklagten des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei tatmehrheitlichen Fällen schuldig gesprochen, so Landgerichtssprecher Florian Bauer. Er wurde deshalb unter Einbeziehung eines Urteils des Amtsgerichts Gera zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte 6 Jahre, der Verteidiger 5 Jahre und 6 Monate beantragt.

Zuvor war aufgrund der Aufklärungshilfe des Angeklagten, wie bereits in der ursprünglichen Verständigung in Aussicht gestellt, der verständigte Strafrahmen auf 5 Jahre 6 Monate bis 6 Jahre reduziert worden.

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