Selfie mit der Bundestagspräsidentin: Rupprecht und Wagner bei der konstituierenden Sitzung

Berlin/Weiden. Einer der Höhepunkte bei der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags: Die Wahl von Julia Klöckner (CDU) zur neuen Bundestagspräsidentin. Ihr gratulierten auch die Oberpfälzer Bundestagsabgeordneten Albert Rupprecht (CSU) und Carolin Wagner (SPD).

Albert Rupprecht mit der neu gewählten Bundestagspräsidentin Julia Klöckner. Foto: Büro Rupprecht

Der neue Bundestag ist mit 630 Abgeordneten um 103 Sitze kleiner als der alte. Vertreten sind auch weniger Parteien. Die Abgeordneten kommen aus CDU und CSU, AfD, SPD, Grüne und Linke. Auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist mit einem fraktionslosen Abgeordneten vertreten.

Der Frauenanteil im neuen Bundestag ist mit 32,4 Prozent um 2,4 Prozentpunkte niedriger als zu Beginn der vorigen Legislaturperiode. Das Durchschnittsalter aller Abgeordneten liegt nun bei 47,1 Jahren, nach der Wahl 2021 lag er bei 47,3 Jahren.

Die meisten Abgeordneten – nämlich 459 – kommen beruflich aus dem Bereich „Unternehmensorganisation, Recht, Verwaltung“. Es folgen Gesundheits-, Lehr-, Sozial- und Erziehungsberufe mit 45 und der Bereich „Sprache, Literatur, Gesellschaft, Wirtschaft, Medien, Kultur“ mit 44 Vertretern.

Die Sitzverteilung im neuen Bundestag. Grafik: Die Bundeswahlleiterin

Ostdeutsche unterrepräsentiert

Die Leipziger Grünen-Politikerin Paula Piechotta kritisierte die Unterrepräsentierung von Ostdeutschen im neuen Parlament. „Während das letzte Bundestagspräsidium mit drei starken Ostdeutschen besetzt war, findet sich dort nun keine einzige Person, die in Ostdeutschland geboren oder aufgewachsen ist.“

Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund ist im Bundestag fast unverändert. Nach einer Recherche des Mediendienstes Integration haben rund 11,6 Prozent der frisch gewählten Abgeordneten einen Migrationshintergrund.

Der Weidener Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht (CSU) mit Kollegen bei der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestags: (von links) Albert Rupprecht, Hülya Düber, Gitta Connemann, Anja Weisgerber, Thomas Erndl und Martina Engelhardt-Kopf. Foto: Büro Rupprecht

Rupprecht: „Alarmsignal der zersplitterten Gesellschaft“

Der Weidener Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht (CSU) konstatiert: „Bei der Bundestagswahl haben die Ränder deutlich an Stimmen dazugewonnen – es ist ein Alarmsignal, das zeigt, wie zersplittert die Gesellschaft ist.“ Die Folge: Die Stimmung sei heute im Bundestag geladen gewesen. „Auf der einen Seite eine gewachsene und empörte AfD-Fraktion und auf der anderen eine inhaltlich weltfremde Fraktion Die Linke.“

Rupprecht erlebe, dass sich das Parlament weg vom sachlichen Wettbewerb immer mehr hin zur Emotionalisierung entwickle. „Der notwendige inhaltliche Wettbewerb ist das eine, den anderen den guten Willen abzusprechen bis zur Wut und Verachtung ist etwas anderes.“ Streiten und diskutieren gehörten dazu. „Es muss und kann in der Sache auch mal krachen, aber letzten Endes, muss man auch mal zusammen ein Bier trinken können und dem anderen zugestehen, dass er gute Absichten hatte.“ Nur, wenn man so arbeite, bekomme man die Probleme auch gelöst.

Die neu gewählte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat genau dieses Thema der parlamentarischen Kultur, und wie gehen wir damit um, sehr gut zum Thema gemacht. Ihre Rede dazu kann ich empfehlen. Albert Rupprecht

Wagner: „Freue mich über Frau als Chefin“

Für die Regensburger Bundestagsabgeordnete Carolin Wagner (SPD) sei es eine Ehre, mit der Konstituierung des 21. Deutschen Bundestages weiterhin die Menschen aus ihrem Wahlkreis in Berlin vertreten zu dürfen. „Die Sitzung war weitgehend davon geprägt, die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Präsidium des Bundestages zu schaffen.“ Sie sei froh, dass alle KandidatInnen der demokratischen Fraktionen im ersten Wahlgang gewählt worden seien.

„Ich bin auch froh, dass der AfD-Kandidat in drei Wahlgängen keine Mehrheit der Abgeordneten für sich gewinnen konnte und somit nicht gewählt wurde.“ Das Ziel der AfD sei es nämlich, parlamentarische Verfahren ad absurdum zu führen und lächerlich zu machen. Daraus nähre sie ihre Behauptung, die etablierten Parteien würden tricksen, mauscheln oder betrügen. Vertreter dieser Partei sollten nie in Verantwortungspositionen für unsere repräsentative Demokratie gelangen.

Ich freue mich, dass weiterhin eine Frau die Chefin des Bundestages ist. Julia Klöckner wird aber bei mir noch das Vertrauen gewinnen müssen, die Sitzungen überparteilich zu leiten. Ich wünsche mir, dass sie eine Präsidentin wird, die das Parlament den Bürgerinnen und Bürgern näherbringt. Carolin Wagner

Die Regensburger Bundestagsabgeordnete Carolin Wagner (SPD) freut sich, die Oberpfalz auch im neuen Bundestag zu vertreten. Foto: P. Marsi

Schmidt: „Feinden der Demokratie die Stirn bieten“

Der Regensburger Grünen-Abgeordnete Stefan Schmidt nahm schon zum dritten Mal an einer Konstituierung des Deutschen Bundestages teil: „Und wieder war es erhabener Moment für mich.“ Die eher zeremonielle Sitzung sei einfach anders als gewöhnliche Bundestagssitzungen. „Sie hat mich an die Verantwortung von uns Abgeordneten erinnert, die wir gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, gegenüber unserem Land und auch gegenüber unserer Demokratie haben.“

Gleichzeitig habe die Sitzung mit dem Geschäftsordnungsantrag der AfD und einem dem Bundestag unwürdigen Redebeitrag von Rechtsaußen ziemlich vergiftet begonnen. „Das ist wohl ein Vorgeschmack auf das, was uns die nächsten vier Jahre im Parlament erwartet.“ Den fast doppelt so großen AfD-Block in den Parlamentsreihen empfinde er als „beängstigend und fast schon erdrückend“.

Den Feinden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung die Stirn zu bieten, wird nicht nur gesellschaftlich eine große Herausforderung sein, sondern auch im Parlament. Stefan Schmidt

Die Oberpfälzer Grünen-Abgeordneten Tina Winklmann und Stefan Schmidt. Foto: Büro Schmidt

Klöckner: „Demokratie keine Selbstverständlichkeit“

Gewählt wurden in das neue Bundestagspräsidium neben der Präsidentin Julia Klöckner (CDU) die Vizes Andrea Lindholz (CSU), Josephine Ortleb (SPD), Omid Nouripour (Grüne) und Bodo Ramelow (Linke). Klöckner, eine Winzer-Tochter aus Rheinlandpfalz, gilt als enge Freundin des designierten Kanzlers Friedrich Merz. In ihrer Antrittsrede rief sie die Abgeordneten des neuen Parlaments zur Verteidigung der Demokratie auf:

Gegen alle, die sie in ihren Grundfesten erschüttern wollen, ganz gleich, aus welcher Richtung diese Angriffe kommen. Julia Klöckner

Unsere freiheitliche Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit. Nach ihrer Rede sollte die neu gewählte Bundestagspräsidentin den nächsten Tagesordnungspunkt, die Wahl ihrer Stellvertreter leiten. Während Klöckner vergeblich durch ihre Unterlagen blätterte, kam Heiterkeit auf. „Das fängt ja gut an“, zeigt sich Klöckner selbstironisch. Anschließend bekam sie von einer Kollegin den richtigen Ablauf gereicht. Sie ist nach Annemarie Renger (SPD), Rita Süssmuth (CDU) und Bärbel Bas (SPD) die vierte Frau in diesem Amt, das protokollarisch gleich hinter dem des Bundespräsidenten rangiert.

Steinmeier: „Immenser Kraftakt“ nach Russlands Überfall

Damit das alte Kabinett nicht sang- und klanglos von der Bühne verschwindet, würdigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Entlassung des alten Bundeskabinetts dessen Verdienste. Als „immensen Kraftakt“ bezeichnete er die Leistung der Ampel-Regierung, die Folgen des Überfalls Russlands auf die Ukraine in den Griff zu bekommen und „Deutschland resilienter zu machen“.

Lobende Worte auch für den scheidenden Kanzler: Olaf Scholz habe als „moderierende Stimme der Vernunft“ versucht, die Sollbruchstellen innerhalb der Ampel-Koalition zu kitten. In den kommenden Jahren liege es „in der Verantwortung aller Fraktionen im Bundestag, respektvoll und konstruktiv miteinander zu streiten und Lösungen zu finden, die allen Menschen in unserem Land dienen“, gibt er den Stab an die neuen Volksvertreter weiter.

Denn nur so können wir das Vertrauen in unsere Institutionen und unsere Demokratie stärken – und das ist notwendig wie nie zuvor. Frank-Walter Steinmeier

Alterspräsident Gysi: „Nicht immer das Übelste unterstellen“

Auch der neue Alterspräsident Gregor Gysi – der als dienstältester Abgeordneter nach einer Änderung der Geschäftsordnung den Vorzug vor dem Jahrgangs-älteren AfD-Politiker Alexander Gauland erhielt – forderte gegenseitigen Respekt und Verständnis ein. „Wenn wir mehr Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung erreichen wollen, sollten wir nicht immer bei Menschen mit anderer Auffassung das Übelste unterstellen.“

Den russischen Angriffskrieg in der Ukraine etwa nannte Gysi völkerrechtswidrig, wies aber Kampfbegriffe wie „Kriegstreiber“ auf der einen und „Putinknechte“ auf der anderen Seite zurück. „Beide Seiten wollen auf ihrem Wege den Frieden sichern.“ Gysi bat Bundespräsident Steinmeier darum, ein Gremium zur Verteidigung der Demokratie einzuberufen. Parlamentarier aller Ebenen, Kirchen, Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen sollten darin vertreten sein.

Es muss trotz gewaltigen Drucks von innen und außen gelingen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Grundfesten unseres Grundgesetzes für alle Zeiten zu sichern. Gregor Gysi

Konstituierende Sitzung: Was sich jetzt ändert

Die konstituierende Sitzung findet spätestens 30 Tage nach der Bundestagswahl statt. Hier kommen alle neu gewählten Abgeordneten in einer ersten Sitzung zusammen. Sie wählen den oder die Bundestagspräsidenten sowie die Stellvertreter und Schriftführer. Auch die Geschäftsordnung des Bundestages dieser Legislaturperiode wird beschlossen.

Mit der Konstituierung des neuen Bundestags beginnt die nächste Legislaturperiode für regulär vier Jahre. Damit greift auch die sogenannte Diskontinuität: Das bedeutet, dass nahezu alle Angelegenheiten des vorherigen Parlaments mit der Wahl und dem Beginn der Arbeit des neuen Bundestags hinfällig sind.

Bundeskanzler Olaf Scholz und die Mitglieder seines Kabinetts erhielten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Entlassungsurkunden. Ist wegen andauernder Koalitionsverhandlungen aber noch keine neue Regierung gefunden, ersucht der Bundespräsident den bisherigen Kanzler in der Regel, geschäftsführend im Amt zu bleiben. Dieser bittet seinerseits die Ministerinnen und Minister, auch im Amt zu bleiben – ebenfalls geschäftsführend.

Die geschäftsführende Regierung kann theoretisch so agieren wie eine normale. Ihre Handlungsspielräume sind aber begrenzt, weil sie keine parlamentarische Mehrheit hinter sich hat. Zudem ist es üblich, dass eine solche Regierung keine weitreichenden Vorhaben mehr auf den Weg bringt oder wichtige personelle Entscheidungen trifft.

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