“Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz” – Buch über Kriegsende neu erschienen

Weiden/Regenstauf. Die Resonanz ist riesig. Vielleicht, weil das Thema unerwartet aktuell geworden ist. Am Mittwoch wurde die Neuauflage des Buchs "Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz 1945" an Oberbürgermeister Jens Meyer überreicht. 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herrscht in Europa wieder Krieg.

Buchübergabe “Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz” an OB Jens Meyer durch Herausgeberin Christine Ascherl und German Vogelsang, Herausgeber der Vorausgaben. Rechts Verlagsdirektor Josef Roidl, Battenberg-Bayerland-Verlag. Foto: Sebastian Hammer, Stadt Weiden

Das Kriegsende 1945 verlief auch in der Oberpfalz dramatisch. Die US-Armee, 1944 in der Normandie gelandet, erreichte im April 1945 diese letzte Ecke des “Reichs”. Zeitgleich zogen Todesmärsche mit Häftlingen der aufgelösten Konzentrationslager durch die Region. In den Dörfern gab es heftige Konflikte: Die Zivilbevölkerung wollte sich kampflos ergeben; fanatische SS-Einheiten und der Volkssturm glaubten noch an den Endsieg.

Wie diese Tage in den Ortschaften von Wondreb bis Cham verliefen, kann in einem Buch nachgelesen werden: “Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz 1945”. Oberbürgermeister Jens Meyer erhielt am Mittwoch im Neuen Rathaus in Weiden die druckfrische Neuauflage dieses Sammelbandes. Redakteurin Christine Ascherl hat das Kriegsende-Buch umfassend überarbeitet und mit vielen bisher unbekannten Fotos und Texten erweitert: “Ich würde sagen: Es ist uns ein gelungenes Update gelungen.”  

Sammlung ein Verdienst des Verlegers German Vogelsang

Die Übergabe des Buchs begleiteten Verleger German Vogelsang mit Gattin Ursula sowie Josef Roidl, Verlagsdirektor des Battenberg-Bayerland-Verlags in Regenstauf, der 2016 den Buch- und Kunstverlag übernommen hat. 2005 und 2015 waren die Vorläufer-Bände erschienen. Verleger Vogelsang hatte die Zeitungsberichte dieser Jahrestage sichern und als Buch drucken lassen. Das Buch ist nicht mehr erhältlich. Die Geschichten drohten, in der Versenkung zu verschwinden. Dass es jetzt eine Neuauflage gibt, ist dem Battenberg-Bayerland-Verlag zu verdanken.

OB Meyer erinnert mit Wehmut an die “großartige Entwicklung Europas” seit dem Kriegsende, gerade die 1990er Jahre habe er gerne erlebt, als Europa zusammenwuchs. Friede schien selbstverständlich. Und jetzt? 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herrscht wieder Krieg in Europa. In seiner Familie existiere eine Glasschale, welche die Ururgroßmutter seiner Frau aus dem völlig zerstörten Neustadt am Kulm gerettet hatte: “Unser persönliches Mahnmal.”

Weidens schwärzester Tag: die Zugexplosion

“Wir können uns nur darauf besinnen, dass wir trotz großer Schattenseiten hoffen dürfen, dass es nie wieder so etwas geben wird”, sagt Verleger Vogelsang. Er war ein kleiner Bub von fünf Jahren, als der Krieg sein Ende fand. Der Weidener erinnert sich bis heute lebhaft an den 16. April 1945, den schwärzesten Tag des Zweiten Weltkriegs für die Stadt Weiden, als bei einer Zugexplosion auf der Bahnstrecke bei Seltmann mindestens 60 Menschen starben.

Zugführer Johann Grünwald und Heizer Georg Dietl fuhren den mit Sprengstoff beladenen Zug unter Dauerbeschuss von Jagdbombern aus dem Bahnhof und der Innenstadt heraus und verhinderten noch Schlimmeres. Vogelsang regte 2005 ein Denkmal für die beiden an, das heute noch am Bahnhof steht.

Verlagsdirektor Roidl dankte allen Beteiligten, die das Material für “Sie kommen!” zusammengetragen haben, vor allem Initiator German Vogelsang. Die Neuauflage des Buches sei für ihn “eine Herzensangelegenheit”. Ziel müsse sein, “das Vergessen weit nach hinten zu schieben”.

Altverleger German Vogelsang (rechts) und die neue Herausgeberin Christine Ascherl signieren für OB Jens Meyer die neue Ausgabe von “Sie kommen!”

Lesungen in der Nordoberpfalz: die Termine

  • Buchvorstellung von “Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz 1945” ist am Sonntag, 13. April, 17 Uhr im Foyer des Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr. Gerald Morgenstern wird dabei einen Bildervortrag über das Kriegsende zeigen und eine Film-Rarität von 1945 präsentieren. Die Moderation übernimmt Stefan Voit.
  • Am Mittwoch, 21. Mai, 19 Uhr findet eine Buchvorstellung im Foyer des Rathauses Neustadt/WN statt, organisiert von den Kulturfreunden Lobkowitz. Gezeigt werden dabei auch bisher unbekannte Fotos vom Kriegsende in Neustadt/WN, vor Ort ist neben Christine Ascherl mit Günther Langhammer ein Experte der Neustädter Geschichte in dieser Zeit.
  • Am 27. Mai, 19 Uhr, wird das Buch in Tirschenreuth im MuseumsQuartier präsentiert.
  • Für 9. Juli, 19 Uhr, ist eine Buchvorstellung im Museum in Pfreimd in Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei im Rahmen der laufenden Sonderausstellung “80 Jahre Kriegsende” angesetzt.

Neue Auflage: “Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz”

Die Neuauflage enthält nach wie vor rund 60 Beiträge, die an den Jahrestagen 2005 und 2015 in den Lokalausgaben von “Der neue Tag” und “Amberger Zeitung” erschienen sind. Diese Texte wurden auf den historisch neuesten Stand gebracht und sortiert: von Nord nach Süd, von Wondreb bis Cham, so wie die Amerikaner damals vorrückten. 

Etwa zehn Textbeiträge sind dazu gekommen, dazu viele bisher unveröffentlichte Fotos. “Das Buch ist jetzt quasi 3D”, beschreibt es Christine Ascherl. Es enthält nicht mehr nur Berichte der Zivilbevölkerung. Neu sind Schilderungen amerikanischer Soldaten, beispielsweise von der Entdeckung des Konzentrationslagers Flossenbürg. Aufgenommen wurden auch Berichte von australischen Kriegsgefangenen in Hohenfels. Oder auch Erinnerungen von Häftlingen der Todesmärsche, denen mithilfe von Zivilisten die Flucht gelang.

Historiker und Heimatforscher beteiligt

Auch aus Weiden gibt es Fotos und Texte, die noch nie veröffentlicht wurden. Beispielsweise Fotos von Ingrid Bergman, damals schon ein Superstar aus Casablanca, bei einem Auftritt auf dem Kasernengelände bei einer Show für US-Soldaten. Neu sind auch Bilder der Vertriebenen-Trecks, die am Schlörplatz vorbeizogen.

Zwei Historiker haben zur Neuauflage Material beigesteuert: Dr. Marc Rothballer und Dr. Sebastian Schott aus dem Stadtarchiv Weiden, außerdem die Heimatforscher Harald Fähnrich und Dr. Bernd Piegsa. Das Vorwort stammt aus der Feder des Historikers und Landtagsabgeordneten Dr. Stephan Oetzinger.

“Sie kommen! Die letzten Kriegstage in der Oberpfalz 1945” ist im März 2025 in überarbeiteter Auflage beim Battenberg-Bayerland-Verlag erschienen, 168 Seiten, Hardcover, 24,90 Euro. Foto: Battenberg Bayerland

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