So gehören Sie in nur zwei Jahren zur Finanzelite in Deutschland – aber Obacht: Der finale Crash steht kurz bevor

Nordoberpfalz. Hat die Überschrift Sie neugierig gemacht? Ich muss Sie leider enttäuschen: Das im Titel Versprochene ist genauso Humbug wie die darauffolgende Warnung. Das Internet ist leider voll mit derartigen Phrasen und Locksprüchen, um den Leser – vielleicht wie auch in diesem Fall – auf eine bestimmte Fährte zu führen. Wenn Sie nun aus Neugier auf diesen Artikel geklickt haben, dann sind Sie leider in die Falle getappt. Aber keine Sorge, ich bringe Sie gern auf den richtigen Weg zurück.

Symbolbild: Pixabay

Dr. Matthias Bernhardt arbeitet als Fondsmanager, Vermögensverwalter und Dozent für Finanzmathematik und Finanzmärkte. In seinen Tätigkeiten beschäftigt er sich täglich mit Themen rund um Finanzmärkte, Investmentstrategien und Kapitalmarktforschung. Auch bei OberpfalzECHO bezieht er ab sofort Stellung zu wirtschaftlich relevanten Fragen.

Die Überschrift beschreibt genau zwei Fraktionen, die Menschen in Sachen Vermögen zu deren Nachteil und ihrem eigenen Vorteil zu manipulieren versuchen: die Fraktion „Gier“ und die Fraktion „Angst“. Beginnen wir mit der Fraktion „Gier“.

Diese Gruppe versucht, Ihnen den Weg zu Reichtum und Luxus als Spaziergang, ja eigentlich als Selbstläufer und als selbstverständlich, zu verkaufen und nutzt dazu dubiose Tricks und hochgradig riskante Anlagestrategien. Dabei geht sie immer nach demselben Muster vor.

Wie geht die Fraktion „Gier“ vor?

Dieses Muster ist simpel und immer das Gleiche. Die Person dahinter identifiziert sich zunächst mit ganz normalen Leuten, getreu dem Motto „Ich war einer von euch“. Um das zu untermauern, listet sie ihre damaligen Probleme in Job und Privatleben ganz allgemein auf. Dadurch sollen sich möglichst viele Menschen angesprochen fühlen, weil sie sich darin wiedererkennen und das Gefühl bekommen, verstanden zu werden.

Im nächsten Schritt werden durch Bilder und Emotionen Sehnsüchte geweckt und Minderwertigkeitskomplexe ausgelöst: Teure Autos, teurer Schmuck und am besten noch ein Pool, Strand und Meer im Hintergrund machen den Unterschied deutlich. „Ich habe es geschafft, sorgenfrei in Luxus zu leben, obwohl ich die gleichen Voraussetzungen hatte wie du“, sollen die Bilder ausdrücken, „also kannst du das auch“.

Sogleich wird selbstverständlich die Lösung präsentiert, wie jeder diesen Lifestyle erreichen kann. Die Lösung ist eine eigens von der Fraktion „Gier“ entwickelte „Methode“, die jetzt einfach so preisgegeben wird. Das heißt, das Geheimnis zum endlosen Gelddrucken ist vermeintlich kostenlos und für jeden Interessenten zugänglich – ja ne, ist klar.

Um nun die letzten Zweifler für sich zu gewinnen, wird der Leser auf die finanzielle Ebene der Superreichen gestellt: „Millionäre nutzen diesen Trick seit Jahren“ oder „Die Superreichen wollen nicht, dass Sie diesen Trick erfahren“. Dadurch, dass wir auch in den Genuss dieser geheimnisvollen Methode kommen können, gehören wir quasi schon fast zur Finanzelite dazu. Und wen das immer noch nicht überzeugt hat, der bekommt es mit den Erfolgsgeschichten einer Vielzahl an Teilnehmern zu tun, die es „geschafft“ haben und offensichtlich inzwischen Superreiche sind – naja.

Mithilfe der „Methode“ soll es möglich sein, mit einem minimalen Kapitaleinsatz Renditen zu erwirtschaften, die schlichtweg nicht möglich sind. Zumindest habe ich noch nie von einer jährlichen Rendite von sieben Millionen Prozent gehört – und nein, das ist nicht ausgedacht. Während meiner Recherche bin ich auf genau solche Zahlen gestoßen. Natürlich war dort nirgends von Rendite die Rede, sondern nur von „Wertsteigerungen“ in absoluten Zahlen, die aber einer solchen Rendite entsprechen.

Habe ich schon erwähnt, dass das Offenlegen der „Methode“ zu solchen Traumrenditen im Vorfeld bis zu 20.000 Euro kosten kann? Das ist nämlich der Preis für diejenigen, die den ersten „kostenlosen“ Köder geschluckt haben. Wer am Haken hängt und mehr über die „Methode“ wissen möchte, darf erst einmal bezahlen – wer hätte das gedacht.

Warum fallen so viele darauf herein?

Die Menschen bekommen einen Köder von Freiheit und Luxus vor die Nase gehalten, die die meisten nur aus Filmen kennen. Gleichzeitig wird die Lösung präsentiert, die all das wahr werden lassen soll. In der Psychologie spricht man vom Wunschdenken. Dabei neigt man dazu, eine positive, aber unrealistische Vorstellung für wahr zu halten, weil man emotional stark mit dem gewünschten Ausgang verbunden ist. Und diese Verbundenheit wurde im Vorfeld geschickt eingefädelt.

Ich habe ja versprochen, Sie wieder auf die richtige Fährte zu führen. Dazu verrate ich Ihnen einen „Trick“, und das völlig kostenlos: Die allerbeste Investition ist die in sich selbst, denn sie bringt die höchste Rendite. Während schnelle Gewinne oft Illusionen sind, zahlt sich die Arbeit an den eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen ein Leben lang aus und schafft ein Fundament für nachhaltigen Erfolg. Am besten beginnt man, indem man sich klare Ziele setzt und kontinuierlich an deren Erreichung arbeitet – sei es durch das Lesen von fundierten Sachbüchern, das Einholen von Ratschlägen aus vertrauenswürdigen Quellen oder Weiterbildungen.

Vom einem Extrem zum anderen

Und dann gibt es da noch die Crashpropheten. Auch hier ist das Grundprinzip des Vorgehens denkbar einfach. Während die einen mit der Gier spielen, fokussieren sich die anderen auf die Angst der Menschen.

Die Fraktion „Angst“ geht ebenfalls immer nach demselben Muster vor. Zunächst wird durch mediale Präsenz der Eindruck erweckt, ein Experte zu sein – eine gewisse Schein-Seriosität ist nötig. Mit diesem Status beschreiben die Crashpropheten dann Schreckensszenarien, die auf die Ängste der Menschen abzielen. Durch sich zunächst logisch anhörende Argumente, die meist aber auf sehr wackeligen Beinen stehen, geben sie dem Zuhörer das Gefühl, ihre Schreckensthesen (pseudo-)wissenschaftlich beweisen zu können.

Das klappt psychologisch deshalb, weil wir Menschen von Ängsten getrieben sind. Eine geschickte Wortwahl wie beispielsweise „der größte Crash aller Zeiten“ oder „der finale Kollaps“ lassen uns nachdenklich und verängstigt zurück. Ratlos und total verunsichert suchen wir nach Schutz – und genau das nutzen die Crashpropheten dann aus. Denn sie wissen angeblich mehr als wir und nur sie haben die Lösung, wie wir unser Vermögen in Sicherheit bringen können: nämlich durch Investitionen in deren Investmentprodukte.

Dabei vernichten sie nachweislich systematisch das Kapital ihrer Anleger. Das veranschaulichen die Renditen der Crashpropheten. Ich möchte an dieser Stelle keine Namen nennen, denn es gibt von ihnen zu viele, aber folgende Zahlen haben meine Recherchen ergeben:

Zeitraum zwischen 01.07.2017 und 15.09.2024

  • Crashprophet 1: 3,3 % pro Jahr
  • Crashprophet 1: 2,7 % pro Jahr
  • Crashprophet 3: 0,0 % pro Jahr
  • Crashprophet 4: 2018 wegen Erfolgslosigkeit geschlossen

Quelle: Eigene Berechnung

Eine seriöse Kapitalanlage geht definitiv anders. Zum Vergleich: Der globale Aktienmarkt hat im selben Zeitraum im Jahr durchschnittlich 9,8 Prozent erzielt. Das besonders Bittere für diejenige, die in die Produkte der Crashpropheten investiert haben: In diesem Zeitraum haben wir so einige Krisen und Crashs über uns ergehen lassen müssen, die Crashpropheten aber haben ihren Versprechungen und ihrem vermeintlichen Vermögensschutz keine Taten folgen lassen.

Ihre Begründungen ließen nicht lang auf sich warten. Ihrer Auffassung nach gab es in den letzten Jahren keine richtigen Crashs. Das ist übrigens auch eine altbekannte Taktik: die jetzige Erfolglosigkeit einfach in die Zukunft schieben. In ihren Augen wird das, was noch kommen wird, ein viel größeres Ausmaß annehmen. Da frage ich mich schon, was denn da noch kommen soll? Wenn die ganze Welt wegen eines Virus komplett stillsteht und ökonomische Schäden in Milliardenhöhe in Kauf genommen werden, die Aktienmärkte um 30 Prozent fallen und selbst die Stadt, die niemals schläft, wie ausgestorben wirkt, dann soll das kein richtiger Crash sein?

Keine Angst vor Crashs

Wie in meinem letzten Beitrag beschrieben, gehören Crash und Korrekturen zur Börse wie Ebbe und Flut zum Meer. Daher ja, irgendwann werden die Crashpropheten einmal recht bekommen, denn auch eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig. Und ja, sie werden dieses eine sehr seltene Event nutzen und überproportional aufbauschen. Was sie aber verschweigen werden, ist, dass sie sich zuvor überwiegend geirrt haben und früher oder später dem breiten Markt wieder hinterherschauen.

Wie erkennt man die Fraktionen?

Lassen Sie sich von unrealistischen Versprechungen nicht beirren. Allgemein gibt es einige Warnhinweise, auf die man achten sollte, um die jeweilige Fraktion zu identifizieren. Beide verwenden in der Regel eine dramatische und emotionale Rhetorik. Während Crashpropheten oft mit dem Superlativ arbeiten, setzen die „Reichmacher“ auf eine starke Selbstinszenierung und Drängen auf schnelle Entscheidungen.

Wenn Sie das nächste Mal von finanzieller Freiheit aus dem Nichts oder vom Weltuntergang lesen, denken Sie immer daran: Gier frisst Hirn und Angst frisst Vernunft. Beides sind hervorragende Kapitalvernichter. Bleiben Sie also stets bescheiden und vernünftig. Übrigens, der beste Krisenschutz ist ein überlegter Finanzplan, der Ihre individuelle Situation und Risikobereitschaft berücksichtigt.

* Diese Felder sind erforderlich.