Söders Wahlkampf-Auftakt: Junge Union aus ganz Deutschland in Weiherhammer
Weiherhammer. Deutschlandrat der Jungen Union am BHS-Gelände in Weiherhammer: Die nächste Politikergeneration ist beeindruckt vom futuristischen Innovision-Lab. Und läutet zusammen mit Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann den Wahlkampf ein.

Christian Engel, Vorstandssprecher der BHS Corrugated, grüßt per Videobotschaft von einer Geschäftsreise: „Es ist eine große Freude, dass der Deutschlandrat der Jungen Union bereits zum zweiten Mal bei uns in Weiherhammer zu Besuch ist.“
Ministerpräsident Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann, Landtagsabgeordneter Stephan Oetzinger, stellvertretende Landrätin Andrea Lang, Weiherhammers Bürgermeister Ludwig Biller und sein Vize Julian Kraus sowie rund 150 junge Nachwuchspolitiker – die 42 Delegierten der Landesverbände, der Bundesvorstand und die Bundesvorsitzende der Schüler Union – lauschen dem Boss des Oberpfälzer Global Players.
„Ihr seid eine starke Stimme für die junge Generation und zeigt die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen“, fährt Engels Video-Bild fort. „Das unterstützen wir als BHS sehr gerne.“ So sei der Unternehmenssitz ein weiteres Mal ein Ort wichtiger Entscheidungen. „Weiherhammer ist das perfekte Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik gelingen kann.“
JU-Erfolgsrezept: „Party und Politics“
Der Deutschlandrat, das zweithöchste Gremium der JU, das zwischen den Deutschlandtagen den programmatischen Kurs festlegt, zu Gast bei den Oberpfälzer Freunden: So begrüßt Severin Hirmer, Projektleiter der „Lars und Christian Engel“-Stiftung sowie Mitglied des JU-Bundesvorstands, die aus allen Ecken der Republik einströmenden JUler zunächst im Future-Lab des Science Parks der LUCE-Stiftung.
Der Oberpfälzer JU-Bezirksvorsitzende Matthias Meier, gerade auf der Zielgeraden seines zweiten juristischen Staatsexamens und vom Landratsamt Schwandorf freigestellt, macht klar, was die JU in Bayern so attraktiv macht: „Die Junge Union ist immer eine treibende Kraft – und mit Party und Politics wollen wir den schönen Tag anschließend auch entsprechend ausklingen lassen.“
Viele JU-Kandidaten für den Bundestag
JU-Landesvorsitzender Christian Doleschal erinnert an den steinigen Weg von der Stoapfalz zur Vorzeigeregion: „Vor 78 Jahren wurde mein Großvater aus dem Sudetenland nach Brand vertrieben“, sagt der Europaabgeordnete, „niemand hätte damals gedacht, dass wir heute im Herzen Europas leben.“ Die Nordoberpfalz sei die Aufsteigerregion Deutschlands: „Das war eine unfassbare Aufholjagd und kein anderer Ort dokumentiert das besser als Weiherhammer – hier entsteht Zukunft.“
JU-Bundesvorsitzender Johannes Winkel zeigt sich dann auch beeindruckt von diesem „wahnsinnig innovativen Unternehmensstandort“. Man trete jetzt drei Monate vor der Bundestagswahl in eine sehr intensive, spannende Phase ein: „Es kommt auf jede und jeden einzelnen an“, sagt der 33-Jährige aus Kreuztal bei Siegen. „Schließlich treten wir mit vielen Kandidaten der JU an.“ So wie auch er selbst.
Söders Einzug mit Dynamite
Nach dem Small Talk in Grüppchen im Innovision Center rütteln Angus Youngs ikonische Gitarrenriffs das Publikum auf, die Hälse recken sich Richtung Eingang, wo sich bereits ein kleiner Stau gebildet hat. Der Matador betritt die Bühne, begleitet von Bon Scotts krächzender Stimme: „Cause I’m TNT, I′m dynamite, TNT and I′ll win the fight, TNT, I’m a power load, TNT, watch me explode …“. Eine echte Siegerhymne halt: „AC/DC ist ja nie verkehrt“, sagt der 1,94-Meter-Hüne, der auch in der Menge nur schwer zu übersehen ist.
„TNT ist jedenfalls besser als Highway to Hell“, sagt der 57-jährige Nürnberger, der neuerdings immer mit einem König-Ludwig-II.-Bart grinst – möglicherweise das ultimative Bekenntnis zum Standort Bayern. In die Hölle der Opposition will Söder die Union ja gerade nicht führen. Die vergönnt er lieber den Grünen – und vor allem den beiden Putin treuen Parteien des linken und rechten Rands: „Oder wie Franz Josef Strauß sagen würde: der fünften Kolonne Moskaus.“
Erst Catenaccio, dann Grandezza
Dass der bayerische Ministerpräsident genüsslich den kurzen Aufstieg und rasanten Fall der Ampel-Regierung schildert, gehört zum Wahlkampf-Drehbuch: das Grauen des Siechtums, die Qualen schlechter Legislative wie das unvermeidliche Heizungsgesetz, Endgegner aller Stammtische, die kommunikative Leerstelle eines Kanzlers, der sich sogar am roten Teppich verläuft. Pleiten, Pech und Pannen einer Dreierkonstellation, deren mit Steuergeldern erkaufte Gemeinsamkeiten spätestens nach dem Veto des Verfassungsgerichts gegen den Haushaltsentwurf erschöpft gewesen seien.
Dagegen hält Söder als Kontrastmittel den Entwurf einer unionsgeführten Bundesregierung mit einem transatlantischen Kanzler Friedrich Merz, einer „Wirtschaft first“-Agenda, einer Energiepolitik, die auf einen Mix aus Erneuerbaren und Mini-Atomkraftwerke neuerer Bauart setzt, einer klaren Kante gegen Putins Krieg und Expansionsgelüste, sowie einer Rückabwicklung der Ampel-Lieblingsprojekte: dem leistungsfeindlichen Bürgergeld, einer Krankenhausreform zu Lasten des ländlichen Raums – und natürlich: Schluss mit lustigen Cannabis-Tüten. Die Politik könne Vertrauen nur zurückgewinnen, wenn sie das Land wieder funktionstüchtig mache. Modell Nationalmannschaft: „Man beginnt mit Catenaccio, um am Ende mit Grandezza zu glänzen.“
Warum Söder die Groko vorzieht
Aufschlussreich ist Söders Erläuterung seiner strikten Absage an Schwarz-Grün und seiner begrenzten Begeisterung für Schwarz-Gelb, die nicht jedem Delegierten des Deutschlandrats einleuchtet: „Bei unserer Basis stößt Grün auf extreme Zurückhaltung“, erklärt er die Absage mit der Befürchtung, Schwarz-Grün könne verprellte Unions-Anhänger in die Arme der AfD treiben. „Die SPD finden die auch nicht so toll“, sagt der Taktiker, „aber sie sagen, das geht noch eher.“
Schwarz-gelbe Bündnisse habe er selbst zwei erlebt: „Die in Bayern war ganz ok, die im Bund war sehr zäh.“ Zwar gebe es in der Wirtschaftspolitik viel Übereinstimmung. Aber eine FDP, die gerade so bei 5 Prozent lande, reiche nicht. „Lindner ist ein ausgebuffter Knabe“, schildert er die FDP-Strategie. „Der sagt, der Merz ist ja praktisch schon Kanzler, ob die Union jetzt bei 35, 30 oder 25 Prozent landet, ist doch egal. Gebt uns lieber 15.“ Besser sei eine klare Unions-Mehrheit, um klare Akzente zu setzen. „Wir müssen im Bundestag auch ein paar Dinge durchsetzen, bei denen wir den Bundesrat brauchen.“ Ergo: Eine Groko, mit viel Schwarz und wenig Rot, sei da das kleinere Übel.
Unions-Migrationspolitik statt AfD-Remigrationshetze
Franziska Lammert, stellvertretende JU-Bundesvorsitzende aus Niedersachsen, stellt die zwei Köpfe vor, die beim brisanten Thema Migration die Weichen bei einem Podiumsdiskussions-Duett stellen, das sie moderiert: „Mr. Sicherheit“, den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, und Gerald Knaus, österreichischer Sozialwissenschaftler, Migrationsforscher und Mitbegründer der „European Stability Initiative“, einer liberalen Denkfabrik in Sarajevo, die für unkonventionelle Migrationskonzepte bekannt ist. Knaus ist Architekt des Flüchtlingspakts zwischen der Türkei und der EU von 2016.
Herrmann fordert eine deutliche Begrenzung der Migration, weil Länder und Kommunen längst überlastet seien und sich Deutschland in der derzeitigen wirtschaftlichen Verfassung vor allem die teuren Zusatzleistungen wie Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge oder Sozialhilfeleistungen für bereits rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber nicht mehr leisten könne. „Als christlich-soziale Union müssen wir uns schon auch darum kümmern, dass nicht die Entwicklungshilfe, wo wirklich Hunger und Not herrscht in Afrika, auf null gesetzt wird.“
Ampel-Haushalt kürzt Mittel für Integration
Die CSU wolle aktiv Menschen helfen, damit dort keiner an Hunger sterben müsse. „Dann können wir mit einem Teil der Milliarden, die wir hier für eine unkontrollierte Migration ausgeben, den Hunger in Afrika bekämpfen.“ Er kritisiert die höchst widersprüchlichen Entscheidungen der Ampelregierung, sich gegen eine Begrenzung der Zuwanderung zu sträuben, aber gleichzeitig Mittel für Integration und Sprachkurse bei den Haushaltsplanungen drastisch zu kürzen: „Das ist fatal für die weitere Entwicklung.“
Gleichzeitig betont der Innenminister, dass Bayern das Bundesland mit der höchsten Nettozuwanderung von ausländischen Arbeitskräften sei: „Wir brauchen Fachkräfte in unserem Land.“ Was im Profifußball längst Alltag ist, wenn Spieler zwischen Vereinen und Ländergrenzen wechselten, müsse auch für andere Bereiche möglich sein. „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass das auch bei Ingenieuren so abläuft – da sind unsere Behörden, vor allem auch die Botschaften, überhaupt nicht darauf eingestellt.“
Europa schaut gebannt auf die Bundestagswahl
Ganz Europa schaue gebannt darauf, sagt Gerald Knaus, ob es der Union als Partei der Mitte bei dieser Wahl gelinge, rechtspopulistische Dexit-Parteien in Schach zu halten. „Im Grundsatzprogramm der Union und auch der EVP ist alles enthalten, was ganz klar die Unterschiede zur AfD aufzeigt, aber auch die Versäumnisse des Ampel-Koalitionsvertrags, illegale Migration zu reduzieren.“ Die Zahlen seien nach der Groko drastisch gestiegen.
„Das Narrativ der AfD stimmt ja nicht, dass unter unionsgeführten Regierungen nichts passiert sei.“ Die Zahl der Asylanträge sei 2016, als Russland in den Bürgerkrieg in Syrien eingegriffen und eine Massenflucht ausgelöst habe, von damals 720.000 auf 140.000 in 2019 gefallen. „Das war nur noch ein Fünftel, und ist jedes Jahr gesunken.“
„Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“
Knaus appelliert an die Union, sich klar von der offenen, rassistischen Remigrationsrhetorik der AfD abzugrenzen und erinnert an die Aussagen Christian Lüths. Der damalige Sprecher der AfD-Fraktion, hatte der rechtslastigen YouTuberin Lisa Licentia, verraten: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.“ Deshalb begrüße er es, wenn noch mehr Flüchtlinge kämen. Man könne später Migranten ja auch „erschießen“ oder „vergasen“.
Konkret vertritt Gerald Knaus pragmatische Ansätze in der Migrationspolitik und setzt sich für humane, geordnete und wirksame Lösungen ein:
- Menschlichkeit und Kontrolle verbinden: Knaus fordert eine Migrationspolitik, die sowohl menschlich als auch kontrolliert ist. Das bedeutet, dass Migration geordnet und legal ablaufen muss, ohne die Rechte von Geflüchteten und Migranten zu verletzen. Er lehnt eine Politik der Abschottung ab, spricht sich jedoch für klare Regeln aus, um unkontrollierte Migration und illegale Schleusertätigkeit einzudämmen.
- Kooperation mit Drittstaaten: Er setzt auf Abkommen mit Drittstaaten, ähnlich wie das EU-Türkei-Abkommen, um Migration zu steuern. Diese Vereinbarung sollte auf Gegenseitigkeit, rechtstaatlichen Grundsätzen und gerechterer Lastenteilung beruhen. Ziel ist es, Migranten vor gefährlichen Routen zu schützen und sichere, legale Wege zu eröffnen.
- Schutz der Menschenrechte: Knaus betont, dass der Schutz der Menschenrechte und die Einhaltung des internationalen Flüchtlingsrechts zentrale Bestandteile jeder Migrationspolitik sein müssen. Er kritisiert Praktiken wie illegale Pushbacks oder menschenunwürdige Bedingungen in Flüchtlingslagern scharf.
- Förderung legaler Wege: Um irreguläre Migration einzudämmen, fordert er die Schaffung legaler Alternativen wie Arbeitsmigration, Resettlement-Programme und temporäre Schutzmechanismen.
- Reform des EU-Asylsystems: Knaus plädiert für eine Reform des Dublin-Systems, das Länder an den EU-Außengrenzen überfordert. Er schlägt ein flexibleres System vor, das Solidarität zwischen den EU-Staaten stärkt und Verantwortung gerechter verteilt.
- Effiziente Verfahren: Asylverfahren sollten schneller und transparenter gestaltet werden, um langwierige Unsicherheiten für Geflüchtete und ineffiziente Bürokratie zu vermeiden. Gleichzeitig sei es wichtig, Rückführungen für abgelehnte Asylbewerber rechtssicher und human durchzuführen.
- Narrativ der Kontrolle: Knaus argumentiert, dass Europa zeigen muss, Migration effektiv steuern zu können, um Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten.
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