SSV Jahn im Krisenpokal gegen Fürth: Das Duell der Nürnberg-Pleitiers
Regensburg. Da treffen die zwei richtigen Teams aufeinander: Erst lässt sich die SpVgg Fürth gegen den Club mit 0:4 abwatschen. Dann erlebt der SSV Jahn sein 3:8-Waterloo in Nürnberg. Die Folge: Zwei gefeuerte Trainer, ein geschasster Sportchef. Jetzt sollen’s erstmal die Assistenten richten.
Das Derby-Desaster der SpVgg Fürth gegen den 1. FC Nürnberg (0:4) löste ein ungeahntes Franken-Beben aus: Die SpVgg schickt nicht nur Kleeblatt-Trainer Alexander Zorniger (57), sondern auch Trainer-Assistent Jurek Rohrberg (40) und sogar den langjährigen Sportchef Rachid Azzouzi (53) in die Wüste.
Fürth hatte nach ordentlichem Saisonstart und acht Punkten aus den ersten vier Spielen – darunter ein deutlich zu hohes 4:0 in Regensburg – zuletzt in fünf Spielen nur zwei Punkte geholt. Das blamable 0:4 im 273. Prestigederby gegen den Erzrivalen Nürnberg brachte das Fass zum Überlaufen.
Beierlorzer: Joe-Entlassung „brutal schwergefallen“
So enttäuschend die Saison für die SpVgg Fürth auch verläuft: Der SSV Jahn würde sein Kellerdasein mit 4 Punkten und 4:30 Toren mit Handkuss gegen Fürths Tabellenplatz 11 mit 13 Punkten und ausgeglichenem Torverhältnis eintauschen. Und auch der erste Vergleich im Ligabetrieb im Jahn-Stadion spricht nicht gerade für ein Regensburger Pokal-Wunder.
Entsprechend stand die Pressekonferenz vor der Zweitrunden-Begegnung am Dienstag, 20.45 Uhr, noch weitgehend im Zeichen der Trainerentlassung. „Es ist uns brutal schwergefallen“, sagt ein sichtlich angefasster Sportchef Achim Beierlorzer, „weil wir nicht damit gerechnet haben, uns nach dem Spiel in Nürnberg von Joe zu trennen.“ Und trotz alledem müsse man jetzt schauen, wie man in die nächsten Wochen gehen und diesen Bock umstoßen könne. „Deshalb haben wir uns entschieden, dass es einen neuen Impuls geben muss.“ (Mehr zum Thema im Infokasten)
Startvorteil für eingespieltes Trainerteam
„Bis auf Weiteres“ darf jetzt Andreas Patz auf dem Jahn-Trainingsplatz die Regie übernehmen: „Das war natürlich jetzt turbulent“, startet er in seine erste Jahn-PK. „Wir sind am Samstag noch mit Joe auf dem Platz gestanden, haben gestern früh auch noch miteinander gesprochen. Nichtsdestotrotz geht’s jetzt weiter.“ Gestern habe man das erste Training absolviert. „Und ab gestern Nachmittag eigentlich schon laufen die Vorbereitungen auf Fürth gemeinsam mit dem Trainerteam zusammen.“
Dass nicht sofort ein neuer Mann an der Seitenlinie steht, der sich erst einmal einarbeiten müsste, sei in der jetzigen Situation gar nicht mal so schlecht: „Unser Vorteil ist da vielleicht auch, dass viele Automatismen da sind, dass wir wissen, wer welche Aufgabe hat.“ Fakt sei, dass die vergangenen Wochen für alle nicht einfach gewesen seien. Und da sei so ein Ergebnis, „wie wir es jetzt in Nürnberg mitgenommen haben, auch in den Köpfen hängen geblieben“.
Patz: „Den Fans eine Reaktion schuldig“
Patz versucht nach vorne zu schauen: „Nichtsdestotrotz haben wir der Mannschaft gesagt, dass der Fokus jetzt auf dem Spiel liegt – wir haben eine Aufgabe, wir haben eine Verantwortung, und das ist vielleicht ein Vorteil, dass es jetzt schnellstmöglich weitergeht.“ Das Trainerteam habe versucht, das gestern im Training zu transportieren. „Das Spiel morgen gegen Fürth steht im Mittelpunkt, da gilt es geschlossen als Mannschaft, als Trainerteam eine Reaktion zu zeigen – das Verhalten an den Tag zu legen, das wir den Fans und dem Verein auch schuldig sind.“
Ansatzpunkte, woran sich die Mannschaft orientieren könnte, nennt Beierlorzer: „Wir brauchen diese Energie auf dem Platz, die wir teilweise auch jetzt in Nürnberg gezeigt haben, mal ein anderes Gesicht – ein 0:2 gedreht, ein 2:3 gedreht, selbst ein 3:4 gedreht, auch wenn es nicht gegolten hat, das 4:4.“ Da sei ja schon eine enorme Energie auf dem Platz gewesen, „die wir bisher so nicht hatten in dieser Saison, dass wir Rückstände drehen konnten“.
Haas nach Schalke: „Sehr dominant gespielt“
Auf Seiten der SpVgg hat Leo Haas interimsweise als Chefcoach mit seinem Co-Trainer Julian Kolbeck das Training übernommen. Und seine Fürther haben beim 4:3 Auswärtssieg auf Schalke bereits die Reaktion gezeigt, auf die die Jahn-Fans seit dem knappen 1:0 gegen Ulm noch immer warten. Auch wenn es dabei fast so turbulent zuging, wie bei der aussichtslosen Regensburger Aufholjagd in Nürnberg. Die Fürther können sich jedenfalls auf massive Unterstützung ihrer Fans verlassen: Der Gästeblock ist ausverkauft. Da bisher nur rund 10.500 Karten insgesamt vergeben sind, können sich Kurzentschlossene aber auch unter den Regensburger Anhang mischen.
„Wir haben es natürlich sehr spannend gemacht am Schluss“, sagte Haas nach dem Spiel. „Aber wir haben sehr dominant gespielt, haben den Gegner gut bespielt und dementsprechend auch schöne Tore gemacht.“ Man habe dann in der zweiten Halbzeit eine Phase durchgemacht, „wo wir den Sack einfach zumachen müssen – das 5:1 machen müssen, vergeben dann die Chancen nicht mit letzter Konsequenz“. Schalke habe aufgeholt, 2:4, 3:4 – „und dann ist klar für mich, dass das Spiel noch einmal superspannend wird.“
„Lassen uns Zeit, um den richtigen Trainer zu finden“
So viel Anstand muss sein. Sportchef Achim Beierlorzer stellt sich nach der Trainerentlassung den Medien. Und macht deutlich, wie „brutal schwer“ ihm die Entscheidung gefallen sei. „Ich glaube auch beim 3:3, das wir geschossen haben, und wie die Mannschaft da noch auf dem Platz stand, hätten wir alle eher positive Gedanken gehabt und gedacht, dass wir den ersten Auswärtspunkt holen.“
Was dann aber auf dem Platz passiert sei, lasse sich nicht ignorieren: „Man muss schon sagen, dass sich die Mannschaft desolat aufgelöst hat am Schluss, und uns natürlich alle ratlos, irritiert, frustriert zurückgelassen hat.“ Aber auch nach dem Spiel habe die Entscheidung noch keineswegs festgestanden. „Der SSV Jahn Regensburg ist jetzt sicherlich nicht dafür bekannt und auch ich nicht, dass wir da einen Schnellschuss tätigen.“
Aber die Gesamtsituation nach so einem 8:3 habe Fragen aufgeworfen, vor allem: „Wie kann man als Trainer – und da haben wir beide auch ganz offen miteinander diskutiert, der Joe und ich, wir sind ja beide Trainer – wie kann man nach so einer Niederlage wieder vor die Mannschaft treten und positive Impulse setzen?“ Das sei aber genau das, was man brauche. „Wir brauchen diese Energie auf dem Platz, die wir teilweise auch schon gezeigt haben, auch jetzt in Nürnberg, mal ein anderes Gesicht – ein 0:2 gedreht, ein 2:3 gedreht.“
Da sei ja eine enorme Energie auf dem Platz gewesen, die man bisher so in dieser Saison nicht hatte: „Dass wir Rückstände drehen konnten.“ Und trotz alledem habe man sich dazu durchgerungen, Joe freizustellen, weil man einen neuen Impuls benötige. „Auch hier nochmal ganz, ganz großen Dank an diesen tollen Trainer und Menschen Joe Enochs, der mit uns aufgestiegen ist, der den Verein in einer schweren Situation übernommen hat und den Wiederaufbau eines Vereins auch mitgestaltet hat – mit den drei oder fünf Spielern, die wir noch zur Verfügung hatten nach dem Abstieg.“ Da verdient Joe einfach großes Lob und großen Respekt.
Wie Beierlorzer immer wieder betont habe, gab es bislang keine Gespräche mit irgendeinem anderen Trainer. „Ich habe zu Joe immer gesagt, ,Offenheit und Ehrlichkeit sind mir ganz, ganz wichtig.‘ Er wird alles erfahren, welche Gespräche wir mit wem führen.“ So offen sei man auch nach dem Nürnberg-Spiel verfahren: „Wo ich ihm natürlich schon gesagt habe, dass ich jetzt weitere Gespräche im Verein führen werde.“ Zu diesem Zeitpunkt noch ergebnisoffen. „Jetzt strukturieren wir unser Profil noch einmal scharf, damit wir den Richtigen für den Chefposten beim SSV Jahn finden werden.“
Ansonsten arbeite man erst einmal alle Bewerbungen ab. Einen konkreten Fahrplan gebe es noch nicht. „Wir tun gut daran, dass wir uns bei der Suche nach dem Trainer Zeit lassen, um den richtigen für den SSV Jahn zu finden.“ Deshalb habe man entschieden, dass Andreas Patz bis auf Weiteres übernehmen wird. „Da möchte ich übrigens auch dem DFB dafür danken.“ Patz befinde sich in den letzten Zügen der DFB-Ausbildung zum Fußballlehrer. „Die haben gesagt, dass er diese Tage – Montag, Dienstag und Mittwoch – wo er jetzt dort sein müsste, uns zur Verfügung steht.“
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