SSV Jahn in der Dritten Liga: Mit Viets Traumtor und Huths Köpfchen zum fünften Dreier in Halle

Halle. Es zeichnet sich ein Trend ab: Gegen schwächere Mannschaften tut sich der SSV Jahn enorm schwer. Beim verunsicherten Halleschen FC verpasst Regensburg in der starken Anfangsphase die Führung. Und muss deshalb in der zweiten Hälfte einen Rückstand ausbügeln.

Christian Viets Hammer aus fast 30 Metern leitet für den SSV Jahn die Wende beim Halleschen FC ein. Foto: jrh

Fast hätte sich der Hallesche FC wieder einmal als Angstgegner erwiesen. Obwohl der Vorletzte in der ersten Hälfte gar nichts in die Offensive investiert und in der zweiten Halbzeit lediglich nach Leichtsinnsfehlern der Regensburger zu Abschlüssen kommt, kann sich der eigentlich spielbestimmende SSV Jahn außer in den ersten 20 Minuten kaum nennenswerte Chancen herausspielen.

Gegen Lübeck ließen sich die Oberpfälzer vom hypernervösen Schiri in eine Kartenorgie manövrieren, von den Hallensern lassen sich, wie es Jahn-Trainer Joe Enochs treffend nach dem Spiel formuliert, einlullen. Und so kassiert Regensburg folgerichtig das 1:0 (55.) durch den einzigen Goalgetter der Gastgeber, Dominic Baumann, der Aljaz Casars Distanzschuss am Elfmeterpunkt abfängt und Jahn-Keeper Felix Gebhardt in die falsche Ecke schickt.

Traumtor, Flügelzange, Köpfchen

Als beim HFC der Knoten zu platzen scheint und alle Augen auf eine Strafraumszene gerichtet sind, die Rasim Bulic mit blitzsauberem Tackling klärt, läuft der Gegenangriff. Christian Viet, immer für eine Überraschung gut, packt aus knapp 30 Metern einen Tor-des-Monats-verdächtigen Schuss aus und knallt das Ding unhaltbar in den rechten Winkel, 1:1 (69.).

Trotz des Ausgleichs tut sich der SSV aber weiter schwer, seine Flügelzange in Stellung zu bringen – als Konrad Faber dann doch seine Paradedisziplin wiederentdeckt und die Kugel von rechts auf den Fünfer zirkelt, ist Joker Elias Huth wie schon in Ingolstadt erneut mit Köpfchen zur Stelle und nickt vor dem Ex-Regensburger Jonas Nietfeld zum 1:2 (79.) ein.

Zu viele Fehler, zu wenig Geipl

Dass es dennoch bis zur erlösenden 95. Minute für die mitgereisten Jahn-Fans ein nervenaufreibendes Finish bleibt, hat sich der Jahn selbst zuzuschreiben: Zu selten spielen die Regensburger ihre Konter heute sauber zu Ende, zu oft treffen die Aufbauspieler die falsche Entscheidung oder bleiben mit Stockfehlern im Mittelfeld hängen. Was zum Teil sicher auch an der fehlenden Mittelfeldmaschine Andi „Sepp“ Geipl liegt.

Dennoch, auch das ist eine Qualität: Dass die Oberpfälzer inzwischen solch schmutzige Dreier über die Ziellinie bringen und nach dem fünften Sieg in Folge den zweiten Tabellenplatz festigen – mit drei Punkten Rückstand auf Tabellenführer Dynamo Dresden, das seinerseits ein 2:1 gegen den starken Aufsteiger und nächsten Gegner Regensburgs, Preußen Münster, über die Zeit retten.

Erst bekam Christian Viet vom FCH eins aufs Köpfchen, dann packt der Jahn-Zehner den Hammer aus. Foto: jrh

Enochs: „Haben uns einlullen lassen“

„Wir haben das Spiel gewonnen“, will sich Jahn-Trainer Joe Enochs keinen Wermutstropfen in den Siegerschampus kippen lassen. Zugegeben, er habe die Mannschaft auf einen FCH vorbereitet, der früh attackiert: „Das war nicht so, sie haben sich hinten reingestellt und wir haben uns schwergetan.“ Letztendlich sei sein Team aber die spielbestimmende Mannschaft gewesen. Dennoch: „Wir haben uns ein bisschen einlullen lassen, sodass wir nicht so schnell gespielt, nicht so ins Spiel gekommen sind, wie wir das gewohnt sind.“

Und dann habe man sich eben den Treffer von „Baumi“ eingefangen, der immer für ein Tor gut sei. „Wie die Jungs dann aber wieder zurückkommen“, schwärmt der Coach vom Willen seiner Mannen. „Grille“, sprich Christian Viet, habe man eine Position nach vorne geschoben. Und da vorne gleicht der dann eben mit seinem Traumtor aus. Schließlich wirft der Coach noch seinen Joker ins Geschehen: „Ich kann gar nicht hoch genug über Elias Huth sprechen“, lobt Enochs, „der kommt rein, und macht das Tor“, anstatt über seine Reservistenrolle zu schmollen. Alles richtig gemacht, Trainer!

Freudenlauf des SSV Jahn, der das Spiel in Halle dreht. Foto: jrh

Kluger Huth: Keiner träumt vom Aufstieg

Chefdiplomat Elias Huth denkt freilich nicht zuerst an seine Leistung, sondern an das Leid seiner ehemaligen Teamkollegen: „Es ist mir nicht egal, den HFC so tief in der Tabelle zu sehen, ich hatte eine gute Zeit hier.“ Und auch bei seinem Treffer betont er die Rolle des Vorbereiters: „Konny bringt die Flanke so genau, ich bin ihm irrsinnig dankbar.“ Das zeige aber auch, wie gefährlich man sein könne, „wenn wir den Ball scharf in den Strafraum reinbringen“.

Wie stabil Regensburg inzwischen stehe, zeige, „dass wir jede Woche wichtige Leute ersetzen können“. Trotzdem, vom Wiederaufstieg träume hier noch keiner: „Wir haben noch nicht einmal die Winterpause, da brauchen wir nicht darüber reden, was mal im Mai ist.“ Jetzt habe man fünfmal in Folge gewonnen. Es könne aber auch mal eine Phase kommen, in der man fünfmal nicht reüssiere. „Das geht in dieser Liga, die wahnsinnig eng beieinander ist, sehr schnell.“

Auch Joe Enochs weiß, dass noch viel Wasser die Donau hinunterfließen muss, ehe man sich zu Aufstiegsphantasien hinreißen lassen darf: „Wir wollten mehr Klarheit haben, wir haben die Räume außen nicht genutzt, erst dadurch entstehen Lücken im Zentrum.“ Dennoch freue er sich für die Jungs: „Die arbeiten richtig hart.“ Aber Gemach: „Wir müssen bei uns bleiben, nächste Woche wird es richtig schwer gegen Preußen Münster, die sind richtig gut angekommen in der Liga, da müssen wir eine top Leistung bringen, wenn wir da was holen wollen.“

Jahn Regensburgs engagierter Cheftrainer Joe Enochs fordert im Hinspiel Gelb für einen Hallenser und sieht selber Gelb von Schiri Timo Gansloweit. Foto: jrh

Kein Stühlerücken beim HFC

HFC-Trainer Sreto Ristić wirkt in der anschließenden PK angeschlagen, bemüht sich aber darum, die positiven Ansätze zu betonen: „Wir haben sehr gut verteidigt, keine Räume zugelassen“, sieht er in der Defensivarbeit kaum Defizite. Aber: „Es bedarf zurzeit wenig, um uns zu bestrafen.“ Regensburg sei eben eine Mannschaft, „die auf einer Erfolgswelle reitet“. Er könne seiner Mannschaft keinen Vorwurf machen: „Wir haben uns in jeden Ball geworfen, auch wenn wir nicht so nach vorne gespielt haben, wie wir uns das vorgestellt hatten.“ Dass der Gegner mal aus 30 Meter aufs Tor schießt, könne man nie ganz verhindern: „Dann ist es an so einem Tag halt auch klar, dass der den Ball so trifft, dass der Torwart keine Chance hat.“

Den Trainer stellt HFC-Sportchef Thomas Sobotzik trotz der misslichen Lage mitnichten infrage: „Wir haben unser Vorhaben umgesetzt, sind in Führung gegangen, haben aus der Kompaktheit weiter Stiche gesetzt“, beschreibt auch er die positiven Momente. „Wir haben leider unsere Konter nicht verwertet und der Gegner kommt mit einem absoluten Sonntagsschuss zum Ausgleich.“ Dann sei es schwer gewesen. „Wir machen eine sehr schwierige Phase durch“, gibt er zu, „und müssen an unserer Widerstandsfähigkeit arbeiten.“ Da stehe man aber gemeinsam in der Verantwortung: „Trainer, Mannschaft und ich wollen das gemeinsam schaffen – das ist jetzt schon Abstiegskampf pur, dem stellen wir uns.“

Über seinen Führungstreffer kann sich Dominic Baumann logischerweise nur mäßig freuen: „Wenn ich Tore schieße und wir Punkte holen, dann würde ich hier mit strahlendem Gesicht stehen“, wundert er sich über die Frage. „Das ist extrem bitter“, resümiert der Stürmer, „wir lassen fast nichts zu, dann bekommst du so ein Tor.“ Dabei sei man selbst heute fast so effizient gewesen wie der Gegner: „Wir hatten ein, zwei Chancen, einen haben wir gemacht, den Rest wollten wir wegverteidigen.“ Man habe alles gegeben, sich aber noch nicht belohnt.

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