SSV Jahn in Liga 2: Hannovers Lehrstunde für harmlose Regensburger
Hannover. Klar, Hannover 96 zählt zu den Top-Favoriten. Und der Platz in der Heinz-von-Heiden-Arena war tatsächlich ein Football-Acker. Aber daran hat’s nicht gelegen, dass sich der SSV Jahn vor allem in den ersten 20 Minuten von den Niedersachsen überrollen ließ.
Nach gut 94 Minuten ist das ernüchternde Ergebnis noch fast das Beste, was man aus Regensburger Sicht über den Zweitliga-Auftakt in Hannover vermelden kann. Wer trotz klar verteilter Favoriten-Rolle an einen ähnlich mutigen Auftritt des SSV Jahn wie nach dem Aufstieg 2017 hoffte, sah sich enttäuscht.
Vom aggressiven Pressing, das selbst Hannovers Trainer Stefan Leitl erwartet hatte, ist wenig zu sehen. Zu unentschlossen, zu wenig geschlossen laufen die Oberpfälzer zu Beginn an – und damit schnurstracks in die Konter der ballsicheren Hannoveraner. Besonders auf Bryan Heins linker Abwehrseite brennt es bald lichterloh.
Die logische Konsequenz: Der japanische Nationalspieler Sei Muroya kann schalten und walten, wie er möchte, bedient den unbemerkten Nicola Tresoldi, der alle Zeit der Welt hat, um Havard Nielsen in die Tiefe zu schicken – der Norweger behält im Strafraum die Übersicht, legt zurück auf Tresoldi, der den Doppelpass unhaltbar für Jahn-Keeper Felix Gebhardt aus zehn Metern zum 1:0 vergoldet (11.).
Wie ein lockeres Trainingsspielchen
Das Muster wiederholt sich zwölf Minuten später erneut: Muroya zieht erneut die Fäden, setzt Fabian Kunze in Szene, der direkt auf den durchgestarteten Phil Neumann weiterleitet. Tresoldi kann die Flanke von rechts nicht verwerten, dafür hat der einsame Jannik Dehm am zweiten Pfosten keine Mühe, die Kugel unter die Latte zu hämmern, 2:0 (23.).
Spätestens jetzt beginnt man, um die Psyche der Regensburger zu bangen. Hannover muss kaum mehr investieren als bei einem lockeren Trainingsspielchen, um die Oberpfälzer Abwehr auszuhebeln. Und die Gäste haben Glück, dass sich die Gastgeber anschließend auch ein wenig auf ihren Lorbeeren ausruhen.
Lange Leine von Schiri Bacher
Nur der Kracher des Ex-Leipzigers Halstenberg aus der Distanz einen guten halben Meter über die Querlatte erregt noch einmal Gebhardts Aufmerksamkeit (30.). Dazu kommt dem Jahn die lange Leine von Schiri Michael Bacher zupass, dem Geipls Fußspitze an Halstenbergs Ferse für einen Strafstoß zu wenig ist (34.).
So kommen die Regensburger etwas besser ins Spiel und können zumindest das wenig erfrischende Resultat bis zur Pause verwalten – und unter Beweis stellen, dass sie eigenen Offensivbemühungen zumindest nicht abgeneigt sind. Bene Sallers Flanke von rechts köpft Halstenberg vor Kai Prögers Füße, dessen Direktabnahme aus spitzem Winkel lenkt Weltmeister Ron-Robert Zieler um den linken Pfosten zur Ecke (38.).
Der Jahn jetzt besser im Match
Wieder der fleißige Pröger auf dem Weg in den Strafraum, ein etwas zu ungenauer Querpass auf Bryan Hein, dem die Kugel verrutscht und deshalb eine Etage über die Latte zischt (40.). Um weiter an der Torschuss-Statistik zu schrauben, versucht sich auch Christian Viet aus der Distanz, löst damit bei Zieler aber lediglich ein Achselzucken aus (41.). Jetzt sind die Gäste endlich im Match angekommen. Ganaus Schussversuch aus zwölf Metern blockt Halstenberg ab, den zweiten Ball krallt sich Saller – sein wuchtiger Drehschuss verfehlt das Ziel um einen knappen Meter (42.)
Nur einmal in der Schlussphase der ersten Hälfte sorgt die Regensburger Abwehr fast für einen Herzstillstand: Florian Ballas will verfolgt von Tresoldi zu Gebhardt zurück köpfen, der Versuch verhungert, Gebhardt denkt mit und ist um eine Fußlänge eher am Ball (43.). Die letzte Aktion vor dem Pausenpfiff gehört wieder dem Jahn: Ganaus wurstelt sich rechts fast bis zum Fünfer durch, Zieler steht dem Schuss aus spitzestem Winkel im Weg (45.).
Nur Felix Gebhardt kann glänzen
Kann Regensburg nach der Pause an dieser verbesserten Schlussphase anknüpfen? Im Gegenteil: Hannover verschärft das Tempo, Dehm spielt die Kugel von links an den Fünfer, Gebhardt verhindert zuerst Nielsens Hacken-Kunstwerk und dann auch noch mit Blitzreaktion dessen zweiten Versuch (46.). Auch Dehms Direktabnahme nach Flanke von Muroya fängt Regensburgs Bester ab (49.).
Nächste Gelegenheit Hannover, den Sack zuzumachen: Enzo Leopold schnalzt die Kugel beim Freistoß aus gut 30 Metern zunächst an die Grundlinie, Josh Knight legt für Tresoldi auf, sein Kopfball fliegt knapp am linken Pfosten vorbei (59.). Zeit für eine Kunstpause, Hannover lässt Regensburg wieder ein wenig mitspielen.
Muroyas Lattenkracher
Flanke von Pröger in die Mitte, Ganaus schraubt sich unbehindert in die Höhe, kann die Kugel dennoch nicht zielführend drücken (62.). Jahn-Coach Joe Enochs bringt jetzt den aggressive Leader Rasim Bulic für Kapitän Andi Geipl, der sich recht wirkungslos an den Gastgebern abgearbeitet hat. Es folgen sukzessive Eric Hottmann für Ganaus und Mansour Ouro-Tagba für den unauffälligen Dominik Kother als Impulshoffnungen für den Schlussspurt.
So richtig Ernst wieder es aber eher wieder auf der anderen Seite: Der emsige Sebastian Ernst, der mehr hinten aushelfen muss, statt vorne Regie zu führen, köpft eine Ecke zu kurz vor Muroya Fußballschuhe – der Japaner zieht ab, Gebhardt fliegt, die Kugel kracht gegen die Querlatte (70). Die Regensburger haben in den verbleibenden Minuten zwar etwas mehr Ballbesitz – zwingende Chancen bleiben aber bis zum Schluss Mangelware.
Ausblick auf die Heimpremiere
Auch wenn man sich beim selbsternannten Bundesliga-Aufstiegsaspiranten nicht allzu viel versprochen hat. Der Auftakt ist insgesamt dennoch ernüchternd.
Wie die Leistung der Regensburger einzustufen ist, kann man sicher nach der Heimpremiere am kommenden Freitag, 18.30 Uhr, beim Aufsteigerduell gegen den SSV Ulm besser einschätzen.
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