Streit um Hochschule im Bezirk Karlsbad

Karlsbad. Eine Hochschule für die Region will sowohl der Bezirk Karlsbad als auch die Regierung in Prag. Nur jeder anders.

Zwischen dem Bezirk Karlsbad und der Regierung in Prag gibt es Streit über die Einrichtung einer Hochschule. Bild: Živé Chebsko

Schlusslicht im Nachbarland

Der Bezirk Karlsbad gilt als Schlusslicht in unserem Nachbarland: Er hat als einziger der insgesamt vierzehn tschechischen Bezirke keine eigene Hochschule und zudem den niedrigsten Durchschnittslohn und die höchste Arbeitslosenquote. Viele, die zum Studieren weggehen, kommen erst gar nicht zurück. Dass der Bezirk, der lange Zeit vernachlässigt und übersehen wurde, dringend und so schnell wie möglich eine Hochschule braucht, darüber herrscht Einigkeit bis hinauf zum tschechischen Präsidenten, Petr Pavel, der sich auf seiner Reise durch die Bezirke auch in der Region Karlsbad in Bürgerdialogen die Sorgen und Nöte der Bevölkerung angehört hatte. Am meisten plagt den Bezirk Karlsbad der braindrain, also die Abwanderung bzw. ausbleibende Rückkehr von hochqualifizierten Arbeitskräften. Die Etablierung einer Hochschule in der Region ist einer der Lösungsansätze, um der Problematik entgegenzuwirken.

Streit über die konkrete Umsetzung

Über die konkrete Umsetzung ist nun aber ein heftiger Streit entbrannt zwischen dem Bezirk Karlsbad mit der Bezirkspräsidentin Jana Mračková Vildumetzová und der Regierung in Prag mit dem Minister für Schulwesen, Mikuláš Bek, und dem Minister für Regionalentwicklung, Petr Kulhánek.
Mračková Vildumetzová will eine vollwertige, eigene Hochschule, Mikuláš Bek, ist der Meinung, ein Universitätsinstitut der Westböhmischen Universität Pilsen in Karlsbad tut es auch. Dazu liegt ein Angebot der Pilsner Uni auf dem Tisch. Das sorgte im Bezirk Karlsbad für Verärgerung. Mračková Vildumetzová erklärte, entweder die Regierung und das Ministerium würden dem Bezirk beim Aufbau einer vollwertigen, eigenen Hochschule helfen oder es werde wieder nichts passieren. Ihrer Meinung nach kann ein eigenständiges Institut als Teil der Westböhmischen Universität keine eigene Universität ersetzen und würde alles nur verzögern und das Vorhaben zurück an den Anfang bringen.

Zwei alternative Möglichkeiten

In Tschechien werden Universitäten vom Staat gegründet und weiterführende Schulen von den Bezirken. Daher gibt es zwei Möglichkeiten für die Einrichtung einer Hochschule in der Region: Entweder durch eine Gesetzesänderung oder durch die Gründung eines eigenständigen Universitätsinstituts, wie es die Universität Pilsen angeboten hat. In der Bezirksregierung befürchtet man jedoch, es könnte sich wieder nur um eine Außenstelle der Westböhmischen Universität handeln, wie es sie bereits in Eger gibt.
Der Bezirk Karlsbad favorisiert daher die erste Möglichkeit, strebt also die Einrichtung einer vollwertigen öffentlichen Universität an und hat dazu dem Parlament in Prag eine Gesetzesinitiative vorgelegt, die die Einrichtung der Hochschule innerhalb von vier Jahren garantieren würde. Widerstand kommt aus dem Ministerium für Schulwesen in Prag. Minister Mikuláš Bek zieht es vor, mit der Westböhmischen Universität in Pilsen zusammenzuarbeiten, was seiner Meinung nach die schnellere und einfachere Option wäre. Die Hochschuleinrichtung bräuchte dann kein kompliziertes Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. Er sagte, das Angebot aus Pilsen verdiene eine ernsthafte Bewertung, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werde. Die Bedenken aus Karlsbad versuchte der Minister zu zerstreuen. Seiner Ansicht nach ist der Betrieb von Außenstellen nicht der richtige Weg. In Karlsbad sollte eine Institution gegründet werden, die dort ihren Sitz hat, die Personal vor Ort hat und für die Region auch in wissenschaftlichen Fragen ein Partner ist. Bek argumentierte außerdem, die Gesetzesinitiative des Bezirks Karlsbad enthalte Fehler, was Mračková Vildumetzová entschieden zurückwies. Sie betonte, dass die Legislativabteilung des Ministeriums ihr bestätigt habe, dass die Gesetzesinitiative rechtlich korrekt sei.

Regierung empfiehlt weitere Verhandlungen

Nun äußerte sich auch die Regierung in Prag zu der Auseinandersetzung. Sie wies den Minister Bek an, die Verhandlungen über die institutionelle Stärkung des Hochschulwesens im Bezirk Karlsbad fortzusetzen und der Regierung eine Bewertung beider Optionen mit Empfehlungen für das weitere Vorgehen vorzulegen. Auch Petr Kulhánek, Minister für Regionalentwicklung und zuvor Bezirkspräsident des Bezirks Karlsbad und Amtsvorgänger von Mračková Vildumetzová, äußerte sich zu der Thematik. Ziel sei es, die Hochschule in der Region Karlsbad so schnell wie möglich zu etablieren und nachhaltig, d.h. mit einer langfristigen Perspektive, zu betreiben. „Der schnellere und sicherere Weg führt über die Kooperation mit der Universität Pilsen und die Gründung eines eigenständigen Universitätsinstituts, das in Zukunft in eine Fakultät umgewandelt werden kann und dann längerfristig völlig unabhängig wird. Wir schließen den Weg einer unabhängigen neuen Hochschuleinrichtung nicht aus, aber er ist wesentlich länger und aus personeller und wirtschaftlicher Sicht unsicherer. Das heißt nicht, dass wir eine „Filiale“ der Westböhmischen Universität wie in Eger wollen. Wir wollen ein unabhängiges Institut“, so der Minister.
Mračková Vildumetzová zeigte sich nicht nur vom Vorgehen des Ministers für Schulwesen, sondern auch von dem des Ministers für regionale Entwicklung, Petr Kulhánek, äußerst enttäuscht, der ihrer Meinung nach statt einer eindeutigen Zustimmung alibimäßig erklärt habe, er unterstütze die Position des Ministers Bek. „Damit handelt er gegen die Interessen des Bezirks Karlsbad, aus dem er stammt und den er bis vor kurzem noch selbst geleitet hat.“

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