[Update] Eine Million Euro nur für Autos - Betrugsprozess gegen Immobilienmakler vor Abschluss

[Update] Eine Million Euro nur für Autos - Betrugsprozess gegen Immobilienmakler vor Abschluss
Emotional wird es am Montagvormittag im Prozess gegen einen Immobilienmakler (45) aus Weiden. Eines der Opfer leidet an Brustkrebs. Die Kosten für den Brustaufbau muss die Frau (31) selbst übernehmen. “Wie soll ich das stemmen?” Der Angeklagte hat sie um rund 65.000 Euro betrogen.
Die 31-Jährige aus Franken fiel auf die inzwischen bekannte Masche herein: Er täuschte vor, in Immobilien investieren zu wollen. Sie nahm Kredite auf, die sie an ihn weiter überwies. Am Ende musste sie ihre Eltern und Großeltern um Geld bitten, weil sie die Raten nicht mehr zahlen konnte. Dazu kommt eine schwere Krebserkrankung. Nach aktuellem Stand muss sie nach der Abnahme der Brust die Rekonstruktion selbst übernehmen, die Krankenkasse zahlt nicht. Ein Kredit wird ihr nicht mehr gewährt. “Ich kann ja nicht einmal mehr bei Otto einen Ratenkauf machen.”
Vor dem Landgericht Weiden werden mehrmals Tempo-Taschentücher nötig. “Man denkt, man ist irgendwie selber dran schuld”, weint die 31-Jährige. Der Prozess verschafft ihr immerhin die Erleichterung: Sie ist nicht allein. Etliche Frauen aus ganz Bayern fielen auf den 45-Jährigen herein.
Eine Geschädigte machte richtig Druck
Einer Ingenieurin (39) aus München ist es tatsächlich gelungen, ihre fast 100.000 Euro zurückzuerobern. Sie machte dem Immobilienmakler die Hölle heiß. Als die Rückzahlungen ausblieben und auch kein Fertighaus gebaut wurde, bombardierte sie ihn mit Anrufen. Tagtäglich. Sie fuhr in sein Büro in Weiden, sie kontaktierte seine Angehörigen. “Ich habe richtig Druck gemacht.”
Die energische 39-Jährige engagierte drei Anwälte (Kosten über 14.000 Euro). Das war es ihr wert, obwohl sie selbst klamm war. Sie zahlte damals “wie blöd” Kreditraten ab. Privat liefen noch Studienkredite, dazu kam die teure Miete in München. “Ich habe nicht locker gelassen.” Ihre “Nachstellungen” gipfelten darin, dass der Angeklagte die Münchnerin bei der Polizei anzeigte, unter anderem wegen Beleidigung. “Er wollte mich stumm schalten.” Am Familiengericht wurde schließlich ein gegenseitiges Kontaktverbot ausgesprochen.
Ans Grab des Vaters mitgenommen
Sie kocht noch heute vor Wut. Die Akademikerin war nämlich durchaus misstrauisch, als sie 2021 bei Immobilien-Scout sein Angebot für ein Fertighaus sah. “Er hat meine Bedenken zerstreut.” Der Weidener Immobilienmakler stellte den Kontakt mit zufriedenen Bauherren her. Er fuhr zu ihr nach München, führte die Kundin zum Essen aus. “Immer aufgestylt, im Anzug, superteure Autos.” Er nahm sie sogar mit ans Grab seines Vaters, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Er stellte ihr seine Kinder vor.
Folge: “Ich gab ihm alles.” Ihre Ersparnisse von 25.000 Euro, 10.000 Euro von ihrem Vater, plus die Kredite. Insgesamt 97.000 Euro. Als alles überwiesen war, machte er sich rar. “Er war kaum noch greifbar.” Für die Verzögerungen tischte er irre Storys auf: Tumore; einen schwer verletzten Sohn (inklusive Foto einer Verwundung); der Geschäftspartner mache Probleme. Einmal war er geschäftlich wochenlang in Mailand: “Er sagte, er habe noch zwei Millionen in Mailand gebunkert. Ich bekäme mein Geld.”
Mit viel Druck erwirkte sie eine Schuldanerkenntnis. Kleckerlweise trieb sie bis 2023 ihr Geld ein. Es wurde ihr teilweise von den Konten der Mutter des Angeklagten sowie seiner Lebensgefährtin überwiesen. Bilanz: “Ich war psychisch am Ende.” Die bis dato kerngesunde Ingenieurin bekam Magengeschwüre, die operiert werden mussten. Noch heute ist sie in psychologischer Behandlung.
[Update] Eine Million Euro für teure Autos
[Update 15.30 Uhr, 14. Juli 2025] Am Nachmittag sagt die Bilanzbuchhalterin der Kripo Weiden aus, die Frau mit dem Röntgenblick für Konten. Beim Angeklagten waren es rund 50 Konten, die sie unter die Lupe nahm. Ergebnis: Schon zum 1. Januar 2016 betrug der Schuldenstand eine halbe Million Euro. Selbst als hohe Provisionszahlungen für Versicherungsabschlüsse eingingen (wie heute bekannt ist: teils betrügerisch) blieb das Konto im Defizit.
Warum? Weil der Angeklagte das Geld – mit Verlaub – mit beiden Händen hinauswarf. Von 2017 bis 2022 laufen über 7 Millionen Euro über die Konten. Allein 1,1 Millionen Euro gehen für Kfz-Kosten drauf, anfangs für geleaste und finanzierte Autos. Später sind es Leihautos und Tagesmieten, die 733.000 Euro der 1,1 Millionen Euro ausmachen. Großer Posten sind “Urlaube, Tickets, Konzerte und Fußball” mit 109.000 Euro in vier Jahren. Dazu eine halbe Million Bar-Auszahlungen und 85.000 Euro an Amazon.
Die Bilanzbuchhalterin notiert den Schuldenstand zum 1. Januar 2017 auf eine Million Euro. In dieser Zeit beginnt er, Privatdarlehen für “Immobilienprojekte” an Land zu ziehen. Er verspricht den Darlehensgebern, in Häuser sowie Wohnungen in Zwickau und Regensburg zu investieren. Die Ermittler haben in den Grundbuchämtern dieser Städte recherchiert: nichts. Das einzige Invest, dass die Bilanzbuchhalterin in den Konten finden kann, ist die Anschaffung seines eigenen Wohnhauses.
Schuldenstand: jährlich eine Million mehr
Mit Stand des Insolvenzverfahrens, eröffnet 2020, betrug der Schuldenstand 3,4 Millionen Euro. Da war noch lange nicht Schluss. Die Kripo erließ Vermögensarreste über sein Konto (2018) sowie über die Konten seiner Mutter sowie der Lebensgefährtin (2021). Seit dem Haftbefehl im März 2025 ist laut Kripo-Buchhalterin klar, dass er zusätzlich über weitere Konten noch anderer Frauen verfügte.
Die Bilanzbuchhalterin mit dem Röntgenblick ist inzwischen 44 Jahre alt. 2016 kam sie mit dem Immobilienmakler erstmals in Kontakt, als die erste Hausdurchsuchung lief. Die Ermittlungen dauern schon so lange, dass sie inzwischen in Elternzeit war.
Geld sofort wieder ausgegeben
An der Kripo liegt’s nicht, dass der Angeklagte erst jetzt vor Gericht steht. Akribisch listet die Buchhalterin die Zahlungseingänge der Geschädigten aus der Anklage auf. Und die “Mittelverwendung”: Statt es in Immobilien zu stecken, wurden mit den Gutschriften sofort die drängendsten Löcher gestopft.
Nur ein Beispiel: Eine Geschädigte zahlt 2019 rund 54.000 Euro an den Angeklagten, das Geld wird auf das Konto seiner Mutter überwiesen. Davor beträgt das Guthaben 25 Euro. Die 54.000 Euro fließen innerhalb weniger Tage sofort ab: 11.000 Euro gehen an einen Autoverleih, 8.000 Euro ans Finanzamt, 3.000 Euro an den Gerichtsvollzieher, eine vierstellige Summe an den Anwalt, 2.000 Euro auf ein tschechisches Konto. Der Rest geht in jeweils vierstelligen Beträgen an frühere Darlehensgeber, die Druck machen und damit still gehalten werden. 3.000 Euro werden bar abgehoben.
Anderes Beispiel: Die erste Überweisung der krebskranken Fränkin – 24.000 Euro – geht noch am gleichen Tag an einen Autoverleih. Die zweite Charge, wieder 24.000 Euro, fließen an die Ex-Lebensgefährtin des Angeklagten und an BMW. Was war abgemacht? Der Makler hatte ihr vorgeschlagen, in Nato-Häuser zu investieren – also Häuser, in denen der Bund als Mieter auftritt und die verlässliche Rendite erwirtschaften sollten.
Urteil: Mittwoch oder Freitag
Der Prozess wird am Mittwoch, 9 Uhr, mit Zeugen der Kripo Weiden fortgesetzt. Dann fehlen noch die Auskunft über persönliche Verhältnisse (wenn der Angeklagte diese denn macht). Das Gericht kündigt eventuell “rechtliche Hinweise” an.
Nach einer Mittagspause sollen die Plädoyers von Staatsanwalt Matthias Bauer sowie Verteidiger Oliver Plate folgen, zuletzt das “letzte Wort” des Angeklagten. Das Urteil durch die 2. Strafkammer am Landgericht Weiden unter Vorsitz von Richter Dr. Marco Heß mit den Richtern Florian Bauer und Dr. Konrad Roth sowie zwei Schöffen ergeht noch am Mittwoch oder am Freitag, 9 Uhr.

Prozess gegen Immobilienmakler - Gericht visiert 7,5 Jahre Haft an
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Prozess gegen Immobilienmakler: Den besten Freund und viele Frauen übers Ohr gehauen
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Ehen kaputt, Existenzen ruiniert - Immobilienmakler vor Gericht: Tief in mir wollte ich keinem schaden
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