Trotz Witz-Rot: Jahn Regensburg erkämpft sich Punkt bei Hannover 96

Hannover. Dass ein Schiedsrichter ein Spiel entscheidet, ist selten. Die Rote Karte gegen Carlo Boukhalfa nach Allerweltsfoul ohne Vorstrafe beim Stand von 1:0 für den SSV Jahn hat die Karten in Hannover jedenfalls neu gemischt. Zu Zehnt erkämpft sich Regensburg ein mehr als verdientes 1:1. Es war dennoch mehr drin.

Andreas Albers köpft Jahn Regensburg in Hannover mit seinem sechsten Saisontor in Führung. Bild: Jürgen Herda

Es ist die Schlüsselszene des Spiels: Carlo Boukhalfa, bislang völlig unauffällig, streckt den Fuß Richtung Ball, trifft Dominik Kaiser unglücklich am Knie, Schiri Nicolas Winter zeigt ansatzlos Rot (27.). Offensichtlich keinerlei Absicht, keine Verletzung, Gelb angemessen. Zurecht ist Jahn-Coach Mersad Selimbegovic auf der Palme.

Vor Platzverweis: Jahn dran am 2:0

Denn bis zu diesem Zeitpunkt hat der Jahn das Spiel kontrolliert, führt verdient durch Andreas Albers Kopfball nach Beste-Ecke mit 1:0 (23.). Zuvor hatte Charalambos Makridis mit einem sehenswerten Schlenzer nur die Latte getroffen (21.). Und Max Besuschkows Schuss konnte Ron-Robert Zieler zur Ecke abwehren (25.). Aber auch in Überzahl gelingt Hannover 96 wenig.

Allerdings viel genug, um zum glücklichen Ausgleichstreffer ausgerechnet durch Ex-Jahn-Stürmer Sebastian Stolze zu kommen. Der hält nach einer Freistoßflanke den Hinterkopf hin, die Kugel landet unhaltbar im rechten Eck, 1:1 (39.). In der zweiten Hälfte verteidigen die Oberpfälzer das Remis meistens ohne große Probleme – und wenn es doch einmal brenzlig wird, ist SSV-Keeper Alex Meyer zur Stelle, wie bei Kaisers Schuss, den er artistisch um den Pfosten lenkt (88.).

Gelbsperre zwingt Selimbegovic zu Umstellungen

Trainer Mersad Selimbegovic musste im Vergleich zum letzten Ligaerfolg gegen Paderborn etwas umstellen. Ohne den gelbgesperrten Kapitän Benedikt Gimber reiste man nach Hannover. Sein Ausfall wird durch eine Systemumstellung kompensiert, in der Makridis von der linken Außenposition mehr Richtung Mitte rutscht und Andreas Albers im Sturm unterstützt.

Erfreulicherweise kehrt außerdem Topscorer Sarpreet Singh in die Startelf zurück und Steve Breitkreuz ersetzt Scott Kennedy in der Innenverteidigung. Für Gimber agiert Carlo Boukhalfa auf der Sechs.

Albers köpft den Jahn in Führung

Die erste Halbzeit in Hannover beginnt verhalten. Sollte aber bald an Fahrt aufnehmen. Trotz mehr Ballbesitz für die 96er, gehören dem Jahn die ersten Strafraumszenen der Partie. Erst landet ein Makridis-Kopfball in den Armen von Ron-Robert Zieler (5.), dann bleibt eine flache Hereingabe von Singh am Torwart der Gastgeber hängen (10.). Ansonsten ist das Spiel beider Teams von wenig Risiko geprägt. Die tiefen Pässenvon Hannover kommen nicht an, und das Jahn-Pressing kann keine gefährlichen Ballverluste erzwingen.

Dennoch sticht das Hannoversche Kombinationsspiel immer mal wieder hervor. Es bleibt aber bei brotloser Kunst. 20. Minuten sind gespielt und der Jahn kommt wieder zwingender vor das Tor von Zieler. Makridis knallt einen Fernschuss an die Latte (22.), der Ball bleibt in den Reihen des SSV und Beste kommt zum Fernschuss den Zieler zur Ecke klären muss. Beste ist es auch, der den Eckstoß übernimmt. Lang gezogen findet diese den Kopf von Andreas Albers. Der hat keine Mühe gegen den wesentlichen kleineren Sei Muroya. Kopfball. Tor. 1:0 für Regensburg.

Hannover nutzt Überzahl

Nach dem Tor macht der Jahn erstmal da weiter, wo er aufgehört hat. Max Besuschkow zieht zentral am Sechzehner ab. Zieler lenkt den Flatterball mit Mühe über die Latte. Regensburg jetzt deutlich überlegen. Mitten in die Überlegenheit dann aber die Rote Karte für Carlo Boukhalfa (27.). Eine Brustannahme verspringt ihn. Dominik Kaiser spritzt dazwischen und wird von Boukhalfas offener Sohle oberhalb des Knies getroffen. Ohne zu zögern, zückt Schiedsrichter Nicolas Winter Rot. Eine Entscheidung, über die man diskutieren kann. Absicht war sicherlich nicht dabei.

Wer jetzt erwartet hat, dass sich die Jahnelf nur noch hinten reinstellt, liegt falsch. Weiter wird auf die 96er Abwehrreihe gepresst. So vergehen 10 Minuten bis nach dem Platzverweis, bis Hannover eine Strafraumszene haben sollte. Die sitzt dann aber auch gleich. Sebastian Kerk spielt eine Ecke kurz auf Kaiser. Der flankt vor das SSV-Tor und findet Sebastian Stolze. Unbedrängt lässt der den Ball über den Kopf rutschen und vollendet ins lange Eck. Hannover schafft den Ausgleich (37.). Regensburg erholt sich schnell von dem Nackenschlag und nimmt das 1:1 ungefährdet mit in die Kabine.

Regensburg zu zehnt nicht schlechter

Die zweite Halbzeit beginnt personell unverändert. Selimbegovic vertraut seinen zehn verbliebenen Spielern auf den Platz. Hannover mit nun deutlich mehr Ballbesitz und sichtbarer Feldüberlegenheit. Mit dieser können die Niedersachsen aber kaum etwas anfangen. Einzig Unkonzentriertheiten der Jahn-Abwehr lassen den Puls der Jahn-Fans in die Höhe schnellen. Alexander Meyer spielt einen unsauberen Pass auf seine Verteidigung, Erik Wekesser kann den Fehler aber noch ausmerzen (57.).

Kurz darauf (58.) wird allerdings Stolze von Hendrik Weydandt in Szene gesetzt. Vertretungskapitän Benedikt Saller grätscht aber in den Abschluss und klärt zur Ecke, die ohne Folgen bleibt. Der Jahn verteidigt danach wieder konzentrierter und lässt keine Chancen zu. Tatsächlich kommt man selbst zur größten Chance in der zweiten Halbzeit. Albers schickt Jan-Niklas Beste rechts in den gegnerischen Sechzehner. Den Abschluss aus spitzen Winkel kann Zieler entschärfen (69.).

Meyer rettet den Punkt

Hannover kann trotz Überzahl kaum gefährliche Szenen generieren. Sind sie dann im Strafraum der Regensburger, kommt der letzte Pass nicht an. So macht sich die Unterzahl des SSV auch weiterhin kaum bemerkbar. Die Jahnelf ist zwar, verständlicherweise, deutlich defensiver eingestellt als zu Beginn, kann aber immer wieder Nadelstiche nach Vorne setzen. So kommt es vor den Schlussminuten zwar noch zu zwei Abschlüssen von Hannover, aber ohne Erfolg. Kerk zielt in der 76 Minute knapp daneben und Cedric Teuchert schießt nur Jahn-Keeper Meyer ab (78.).

Die Niedersachsen probieren nochmal alles und wechseln mit Moussa Doumbouya in der 81. Minute noch einen Stürmer ein. Vier Minuten später steht dieser dann auch schon unrühmlich im Mittelpunkt. Meyer eilt bei einem langen Ball aus seinen Strafraum und prallt mit Doumbouya zusammen. Die Zeitlupen zeigen: Meyer bekommt die Schulter des Hannoveraners mit voller Wucht auf Kiefer und Schläfe. Nach kurzer Behandlungspause geht es unverändert weiter. Und Meyer muss auch nochmal sein ganzes Können zeigen. In der 88. Minute kratzt er bravourös einen strammen Schuss von Kaiser aus dem unteren linken Eck. Das war die letzte Chance für Hannover. In der fünfminütigen Nachspielzeit sind gar die Domstädter das überlegene Team. Allerdings ohne Ertrag. Somit endet das Aufeinandertreffen mit 1:1.

Jahnelf belohnt sich für Teamleistung

Nachdem sein Team mehr als eine Stunde das Spiel in Unterzahl bestreiten musste, dürfte Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic mit dem Punkt beim Tabellen-14. zufrieden sein. Aufopferungsvoll nahm das Team den Kampf an und war nur einmal unachtsam als man Ex-Jahn-Spieler Sebastian Stolze im Sechzehner aus den Augen ließ.

Kommenden Freitag kann mit einem Sieg im bayerischen Derby gegen den FC Ingolstadt der Klassenerhalt so gut wie perfekt gemacht werden. Denn dann wäre die magische 40 Punkte-Marke erreicht. Sicher gegen das Audi-Team fehlen wird dann der Rot-gesperrte Carlo Boukhalfa.

* Diese Felder sind erforderlich.