Tschechien plant neues Atomkraftwerk – Grüne sprechen von “Wahnsinn”
Tirschenreuth/Tušimice. Tschechien plant ein neues Atomkraftwerk, gerade mal 100 Kilometer nordöstlich von Tirschenreuth gelegen. Der Oberpfälzer Grünen und die Bürgerinitiative gegen atomare Anlagen Weiden/Neustadt wenden sich gegen die Pläne.

Aktuell läuft im Nachbarland die Öffentlichkeitsbeteiligung. Es gab Proteste gegen die ursprüngliche Frist von 13. Juni, die sehr kurz ausgefallen wäre und noch dazu in die Pfingstferien fiel. Dazu gab es am Freitagfrüh Entwarnung: Das bayerische Umweltministerium hat eine Verlängerung der Einspruchsfrist bis 14. Juli in Tschechien erwirkt.
Bürger sowie Organisationen haben die Möglichkeit, dem Ministerium für Umwelt der Tschechischen Republik bis zum 14. Juli 2025 Einwendungen und Stellungnahmen auch in deutscher Sprache zu übermitteln:
per E-Mail an: smr_tusimice@mzp.gov.cz
oder postalisch an:
Ministerstvo životního prostředí (Ministry of the Environment)
Vršovická 1442/65
100 10 Praha 10
Czech Republic
Standort 100 Kilometer östlich von Tirschenreuth
Zu den bestehenden Atomkraftwerken plant Tschechien einen dritten AKW-Standort: Im nordböhmischen Tušimice bei Kadaň (Kaadan an der Eger), rund 100 Kilometer östlich von Tirschenreuth, möchte die tschechische Regierung ein neues Kernkraftwerks mit bis zu sechs Reaktoren bauen. Die bestehenden Atomkraftwerke stehen in Temelín (60 Kilometer von bayerischer Grenze entfernt) und Dukovany (nördlich von Wien).
“Das neue Atomkraftwerk in Tschechien rückt bedrohlich nahe an unsere Region heran”, warnt die Bürgerinitiative gegen atomare Anlagen Weiden und Neustadt. Der Standort liege deutlich innerhalb eines potenziellen Evakuierungsradius, wie er nach den Erfahrungen von Tschernobyl und Fukushima angenommen wird.
BI: “Bis heute keine Antwort auf Entsorgungsfrage”
Geplant sind Leichtwasserreaktoren der Generation III+. Die elektrische Nettoleistung der neuen Kernkraftquelle wird bis zu 1500 MWe (1 Megawatt entspricht einer Million Watt) betragen. Das Vorhaben befindet sich auf dem Gelände des bestehenden Kohlekraftwerks Tušimice, das für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird. Baubeginn soll 2034 sein, die Inbetriebnahme ist für 2038 vorgesehen. Die Anlage soll eine Laufzeit von bis zu 80 Jahren haben.
Thomas Wipper vom BI-Vorstand warnt: “Auch die Region Weiden-Neustadt würde im Ernstfall zum Gefahrengebiet.” Nach internationalen Katastrophenschutzrichtlinien könnten Evakuierungsmaßnahmen in einem Umkreis von 80 bis 100 Kilometern notwendig werden – abhängig von Wetter und Windrichtung. Schon in den 1980er Jahren sei der sogenannte „Katzendreckgestank“ aus Tušimice in Teilen der Oberpfalz und Oberfrankens deutlich wahrnehmbar gewesen – ein Hinweis auf bestehende großräumige Luftströmungsverbindungen aus Nordböhmen bis in unsere Region. “Was damals Gestank war, könnte künftig radioaktive Belastung sein.”
Beteiligungsfrist läuft
Die tschechische Regierung führt derzeit ein sogenanntes Scoping-Verfahren zur grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch. Die Unterlagen in deutscher Sprache sind beim Bundesumweltministerium einsehbar. Die BI kritisiert, dass die technische Ausgestaltung des Projekts unklar bleibe. In Frage kämen sowohl einzelne große Reaktoren als auch mehrere kleinere.
Auch die Grünen (siehe Infokasten) sind von der SMR-Technologie (Small Modular Reactor) nicht überzeugt. Die dezentral verteilten kleinen Reaktoren erhöhen den Worten von Landtagsabgeordneter Laura Weber zufolge das Risiko noch, da noch mehr Menschen in die Gefahrenzone gerieten. Auch die kleinen Reaktoren produzierten überdies strahlenden Atommüll.
Grüne gegen neues Kernkraftwerk im nahen Tušimice
„Unsere Kinder und Kindeskinder werden uns dafür verteufeln“. Sehr deutlich wendet sich Grünen-Kreissprecherin Monika Schneider gegen den geplanten Bau eines neuen Atomkraftwerks im tschechischen Tušimice.
Unterstützt wird der Grünen-Kreisverband Tirschenreuth in seinem Protest von der Grünen-Stimmkreisabgeordneten Laura Weber, deren Regensburger Kollegen Jürgen Mistol und den beiden oberpfälzischen Bundestagsabgeordneten Tina Winklmann und Stefan Schmidt. Der Landkreis Tirschenreuth läge voraussichtlich innerhalb der Evakuierungszone des neuen Kernkraftwerks.
Laura Weber teilt Schneiders Haltung, dass ein Festhalten an einer Technologie, „von der immer noch niemand weiß, wie der Müll sicher verwahrt werden soll“, schlicht „Wahnsinn“ sei, wie Schneider sagt. Weber fordert zusammen mit ihren Kollegen die Bayerische Staatsregierung auf, sich gegen den Bau zu positionieren.
Die Stimmkreisabgeordnete sagt: „Es ist an Rückwärtsgewandtheit nicht zu überbieten, heute noch auf diese hochgefährliche Art der Energieproduktion zu setzen. Es gibt keine Energieform, die sicherer und günstiger ist als die Erneuerbaren Energien.”
Die oberpfälzischen Grünen-Abgeordneten fordern von der Staatsregierung, sich bei der Öffentlichkeitsbeteiligung gegen den Bau aussprechen.
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