Auf den Dächern von Weiden: Hunderte Tauben brüten unter Photovoltaikanlagen
Weiden. Viele Weidener kennen das Problem: brütende Tauben unter der Photovoltaikanlage. "Die Tiere treiben Hausbesitzer mit ihrem Gurren und Verschmutzungen durch Kot erfahrungsgemäß teils in den Wahnsinn", sagt Mirjam Schöberl von der Stadttaubeninitiative Weiden.
Es beginnt ganz harmlos. Unter den Solarmodulen nistet sich ein Taubenpaar ein, dann zwei, dann drei. Die Zahl der Tiere geht explosionsartig nach oben. Jedes Paar legt sechs bis acht Mal im Jahr zwei Eier. Die Küken ihrerseits pflanzen sich schon nach sechs Monaten fort – und sie sind standorttreu. „Nach zwei Jahren sind es über hundert Tauben, wenn man sich nicht kümmert“, rechnet Mirjam Schöberl vor.
Sie ist Tierschützerin mit Leib und Seele. Und gerade deshalb will die Flossenbürgerin den Tauben das Brüten vermiesen. Im Stadtgebiet Weiden leben inzwischen einfach zu viele der Vögel. Rund 1000, schätzt die Ehrenamtliche, 400 davon unter PV-Anlagen. Das führt zu Lebensbedingungen, die nichts mehr mit Tierschutz zu tun haben. Die Tauben leiden an Hunger, Krankheiten und Verschnürungen durch herumliegende Schnüre oder Haare, die die Zehen absterben lassen.
Taubenschutz-Gitter: gleich mitinstallieren oder nachrüsten
Sprich: eine Geburtenkontrolle muss her. Die Tierschützerin rät daher, schon bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen präventiv Taubenschutz-Gitter montieren zu lassen. „Dann ist es auch nicht zu teuer.“ Spikes helfen nicht. Diese würden umgangen oder sogar als Nistplatz genutzt.
Ist das Kind in den Brunnen gefallen, wird es tatsächlich kompliziert. Die PV-Anlage darf nicht verschlossen werden, wenn bereits Tauben darunter nisten. Sie darf auch nicht einfach abgebaut werden, wie jüngst in der Frühlingsstraße geschehen. Sieben Küken saßen plötzlich an der frischen Luft. Das Problem ist nämlich: Stadttauben brüten ganzjährig. Bei mehreren Paaren gibt es praktisch kein Zeitfenster, in dem sich nicht Eier oder Küken unter den Modulen befinden. Erst nach sechs Wochen sind Küken flugfähig.
„Selbstjustiz“: Es drohen Bußgelder
„Sie würden beim Verschließen der Anlage elendig verhungern“, sagt Mirjam Schöberl. Selbst wenn man für Tierschutz nichts übrig haben: Das bedeute einen schweren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und die EG-Vogelschutzrichtlinie. „Es drohen hohe Bußgelder.“
Die einzige Lösung sind aus ihrer Sicht Fachfirmen. Diese tauschen die Eier kontrolliert gegen Attrappen aus – und zwar sechs Wochen lang. Erst nach Ausflug der letzten Jungtiere wird die Anlage verschlossen oder abmontiert. Idealer Zeitraum ist von Oktober bis Januar, weil es da weniger Küken gibt. In der Region ist der Stadttaubeninitiative die Firma Sunonx aus Regensburg bekannt, die entsprechend geschult sei.
Miriam Schöberl: Es braucht betreute Taubenschläge
Ein Aussperren aus der eigenen Solaranlage verlagere das Brüten aber letztlich nur auf die Nachbarhäuser. Aus Sicht der Tierschützerin geht kein Weg vorbei an betreuten Taubenschlägen. Dort können die Tiere ihrem Bruttrieb nachgehen, die Eier werden gegen Attrappen ausgetauscht.
Letztlich gilt das für ganz Weiden: Das Josefshaus – Weidens berühmtester „Taubenschlag“ – spielt dabei aus Mirjam Schöberls Sicht gar nicht die große Rolle. Am Kolpingplatz leben mit etwa 40 Tieren nur fünf Prozent der Population. „Da gibt es ganz andere Größenordnungen hier.“ Ein Beispiel ist ein Mehrfamilienhaus in der Frauenrichter Straße, auf dem sich unter der PV-Anlage Dutzende Tauben eingenistet haben. Die ersten Mieter denken ans Ausziehen.
Städtisches Konzept gefordert
Sie fordert – und das nicht erst seit gestern – ein städtisches Konzept für Stadttauben. „Am Ende führt nichts an betreuten Taubenschlägen vorbei.“ Dafür braucht es Standorte. Ideal sind leerstehende Dachböden, die für den Eiertausch zugänglich sind. In der Altstadt wird dies bereits praktiziert.
Ihr Appell zur Prävention geht auch an die Nachbarorte: „Auch wenn ihr denkt, es gibt bei euch in der Gegend keine Tauben: Spätestens wenn die Nachbarn alle Tauben ausgesperrt haben, kommen sie zu euch, um zu nisten. Es betrifft ganz Weiden und die umliegenden Orte – auch Altenstadt, Neustadt, Mantel & Co.“
Kontakt
Die Stadttaubeninitiative würde sich über weitere Helfer*innen freuen, zum Beispiel zum Eier tauschen. Interessierte können sich gerne unter tauben-weiden@web.de oder über die Facebook-Gruppe „Tauben Weiden“ melden.
Auch wenn jemand Brutplätze (Balkon, Dachboden…) findet, kann er die Initiative auf diesem Weg kontaktieren.
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