Walter Winkler und Helmut Prieschenk: Witron bleibt sich im Wandel treu

Parkstein. Ein kurzes Gespräch in Walter Winklers Logistikhof. Der Oberpfälzer Ausnahme-Unternehmer und sein Geschäftsführer Helmut Prieschenk machen sich Gedanken über die wirtschaftliche Lage in Deutschland.

Witron-Gründer Walter Winkler äußert sich in einer Echo-Interview-Serie zur wirtschaftlichen Situation in Deutschland. Foto: Jürgen Herda

Deutschlands Wirtschaft kriselt. Die Stimmung im Land ist schlecht. Es gibt aber auch Ausnahmen. Was macht Witron anders als andere Unternehmen? Walter Winkler und Geschäftsführer Helmut Prieschenk ordnen ein, wie sich Witron in über 5 Jahrzehnten vom 1-Mann-Unternehmen zu einem Weltmarktführer mit 1,3 Milliarden Euro Umsatz und 7500 Mitarbeitern entwickeln konnte.

Es ist zuletzt etwas stiller geworden um den Witron-Gründer. „Ich muss keine großen Reden mehr halten“, sagt Walter Winkler im Vorgespräch zu einem Interview. Der Patriarch möchte Themen abstecken, zu denen er sich äußern möchte. Auch, um die chronisch pessimistischen Deutschen aus der Perspektive seines persönlichen Erfahrungshorizonts etwas aufzurütteln.

„In all diesen Jahren“, sagt der 86-Jährige, „gab es immer wieder Zeiten des Aufschwungs – aber auch nationale und internationale Krisenzeiten.“ Dabei habe sich immer gezeigt: „Es macht keinen Sinn, sich über Dinge aufzuregen, die du nicht beeinflussen kannst – das ist reine Zeitverschwendung.“

Stattdessen müsse man sich immer darauf konzentrieren, was man wirklich bewegen könne. „Anstatt zu jammern, war es immer mein Antrieb, Dinge zu bewegen und in Angriff zu nehmen – für meine Firma, für meine Kunden, und vor allem für meine Mitarbeiter.“ Er wollte immer die besten Produkte entwickeln. Das sei ihm gelungen. „Dann wirst du auch belohnt!“

Versprechen halten und Lösungen suchen

Mit dabei ist Geschäftsführer Helmut Prieschenk, der naturgemäß tiefer im operativen Geschäft involviert ist. Er nennt das Erfolgsgeheimnis des Oberpfälzer Familienunternehmens auch in stürmischen Zeiten: „Wenn du dich verändern willst, musst du dir treu bleiben“, modifiziert er einen Wahlspruch Winklers. „Veränderung verlangen auch unsere Kunden, aber nicht zum Preis der Aufgabe unserer Werte.“ Was heißt das konkret? „Vor allem werden wir unsere Bodenständigkeit nicht aufgeben“, erklärt der Geschäftsführer.

Oberpfälzer Bodenständigkeit beinhalte vor allem zwei Kernsätze: „Wenn du etwas versprichst, musst du das auch halten“, sagt Winkler. „Das heißt, dass wir glaubwürdig sind, wenn es um Termine, Budgets und Qualität geht.“ Und zweitens: „Wenn Schwierigkeiten auftreten, werden wir immer zuerst das Problem lösen, und uns erst danach unterhalten, wie wir es beim nächsten Mal von vornherein vermeiden.“ Mit dieser Firmenphilosophie habe es Witron zum unangefochtenen Weltmarktführer bei innovativen Logistiklösungen für den Lebensmittelhandel gebracht.

„Gegessen wird immer“

Nicht von ungefähr: „Gegessen wird immer“, sagt Winkler verschmitzt. „Das war eine bewusste Entscheidung für eine notwendige Spezialisierung, weil man nicht auf allen Hochzeiten tanzen kann.“ Mit durchschlagendem Erfolg: „Begonnen haben wir mit Lösungen für die Automobilindustrie“, denkt er dankbar an den ersten großen Auftrag von BMW in Dingolfing zurück.

„Das war ein wichtiger Impuls für unsere Entwicklung und im Vergleich zu den dreistelligen Millionenbeträgen, die Witron bei den heutigen Komplettlösungen für die großen Food-Konzerne wie dem US-Riesen Walmart erwirtschaftet, der Anfang eines jahrzehntelangen Wachstums.“ Mit Blick auf die Schwierigkeiten der Automobilindustrie war das auch eine sehr weitsichtige Entscheidung.

Die Azubis an ihrem ersten Arbeitstag. Wer will schon bald mit aufs Bild? Foto: drone-pics.de

Gelebte Werte statt Vorlesung

Das Rückgrat des Aufstiegs aber sei eben jener Wertekanon, den Witron tagtäglich vorlebt. „Wir holen keine Führungskräfte von außen“, sagt Winkler, „wir entwickeln sie bei uns.“ Dadurch verinnerlichten sie die Firmenphilosophie vom ersten Tag an. „Und wir brauchen nicht ständig Berater, die uns erklären wollen, wie unser Geschäft funktioniert.“ Diese selbstbewusste, aber nicht abgehobene Kultur, sorgt für den inneren Zusammenhalt der „Witronen“.

 „Was unsere Kunden immer wieder bewundernd fragen“, schildert Prieschenk, „wie wir es geschafft haben, eine Firmenkultur aus der Oberpfalz auf 7500 Mitarbeiter aus 80 Nationen weltweit zu transferieren.“ Das lasse sich nicht über eine Vorlesung oder einen Aushang am schwarzen Brett erreichen. „Das geht nur, weil wir es vorleben und in der täglichen Zusammenarbeit weitergeben.“ Weil das Unternehmen derart erfolgreich ist, würden aber auch ständig neue, gute Mitarbeiter gesucht. „Auch kulturelle Vielfalt und offene Grenzen dienen unserem Geschäft.“

Strikte Orientierung am Kundenbedarf

Veränderung sei deshalb keine Korrektur am inneren Kompass, sondern eine notwendige Anpassung an neue Rahmenbedingungen. „Wir erreichen über unsere Logistiklager jeden Tag 100 Millionen Kunden in den Lebensmittelmärkten weltweit“, sagt Prieschenk. Erfolgreich sei man immer dann, wenn man sich am Kundenbedarf orientiere.

Und weil Witron vollautomatisierte Lager in Perfektion liefere, hätten die Kunden der Parksteiner auch während der Pandemie ohne Einschränkung ausliefern können. Da aber Witrons Kunden selbst in den USA auf kleinsten Räumen planen müssten, sei man ständig um eine Optimierung der Anlagen bemüht.

Bauprojekt für die Mitarbeiter: Das 3D-Modell der Wohnanlage verspricht ein hochwertiges Projekt in Hammerles (Gemeinde Parkstein). Bild: Witron

Nachhaltigkeit statt Greenwashing

„Verteilzentren werden naturgemäß in Ballungsräumen gebaut“, erklärt der Geschäftsführer. „Und in diesen Zentren ist Land immer rar und teuer.“ Deshalb sei das Ziel: „Kompakter bauen, wenig Land versiegeln“, sagt Prieschenk. „Wir bauen 30 Meter hoch, verkleinern Kühlhäuser auf einen Kubus, der weniger gekühlt werden muss, und schlichten die Waren so kompakt und stabil, dass auch bei PET-Flaschen oder Joghurtsteigen der Platzbedarf minimiert werden kann.

Die Folge: „Weniger Paletten bedeuten weniger Lkw-Verkehr, weniger CO₂ und weniger beschädigte Produkte und Paletten beim Kunden, somit eine Reduzierung der Lebensmittel-Verschwendung.“ Auch in Nordamerika sei das Thema sehr präsent, wenn auch in einer anderen Ausprägung. „Auch die Amerikaner spüren die Teuerung des Treibstoffs, sehen die Auswirkungen des menschlichen Handelns und Konsumenten fordern ein wirklich nachhaltiges Wirtschaften der Lebensmittelkonzerne – nicht nur Greenwashing.“

Unter Stiftungs-Partnern

Mit seinem Geschäftsmodell begeistert Winkler deshalb selbst die Manager der weltgrößten Konzerne: „Die wollen von uns wissen, ob sie langfristig auf uns zählen können“, sagt Winkler. Die Frage steht im Raum: Ist dieses Oberpfälzer Einhorn verkäuflich? Darüber kann Walter Winkler nur schmunzeln. „Es gab immer wieder konkrete Anfragen, aber das kam für mich nie infrage.“

Stattdessen hat der Unternehmensgründer längst für klare Verhältnisse gesorgt: „Mit der Gründung einer Stiftung ist die Unabhängigkeit des Unternehmens auf Dauer gesichert – zum Wohle unserer Mitarbeiter.“ Und weil auch bei Walmart der Stiftungsgedanke verankert ist – Stichwort Walmart Foundation –, stimmt die Chemie zwischen den Oberpfälzern und dem Handelsriesen aus Arkansas mit seinen weltweit 2,1 Millionen Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 611 Milliarden Dollar.

Witron-Geschäftsführer Helmut Prieschenk erklärt, wie es das Unternehmen schafft, sich trotz Veränderung treu zu bleiben. Foto: Jürgen Herda

Interviewserie mit Walter Winkler

Die ganze Interviewserie mit Walter Winkler lesen Sie ab nächster Woche auf OberpfalzECHO.de. Der Witron-Gründer und -Inhaber beschreibt

  • den Weg von der Gründung mit seiner Frau und einem Azubi zum Weltmarktführer,
  • den Ehrgeiz, immer der Beste zu sein,
  • den antizyklischen Umgang mit Krisen wie dem niedrigen Dollarkurs nach der Lehman-Pleite oder der Rohstoffkrise,
  • den Verzicht auf Kurzarbeit auch bei Engpässen,
  • den Beitrag der Oberpfälzer Bodenständigkeit zum Unternehmenserfolg,
  • die Innovationskraft auch bei Software und IT,
  • den ungebrochenen Glauben an Fleiß als Garant für eine positive Zukunft und die soziale Verantwortung von Unternehmen,
  •  die Gründung einer Stiftung als Träger des Unternehmens.

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