Wenn die neue Straße die Existenz bedroht

Windischeschenbach. Wenn eine Kommune Straßen instand setzt, müssen die Bürger oft viel bezahlen. Manche sogar so viel, dass sie nicht wissen, woher sie das Geld dafür nehmen. Das soll nun bald vorbei sein.

Von Udo Fürst

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Kaputte Straßen müssen saniert werden – aber wer zahlt’s? Bild: Udo Fürst.

„Straßenausbaubeitragssatzung“ – welch ein Wort-Ungetüm. Was so unaussprechlich klingt, ist auch in seiner Umsetzung ein gewaltiges Ärgernis für viele Kommunen und vor allem für Haus- und Grundbesitzer im Freistaat. Tausende Euro sind oft fällig, wenn die Stadt oder Gemeinde eine Straße ausbessern lässt. Je nach Aufwand und nach Grundstücks- beziehungsweise Geschossfläche des Anliegers. Einige Kommunen haben das auch erkannt und setzen die Vorschrift des Freistaats nicht um – mit gravierenden Folgen: Sie werden teilweise vom Landratsämtern dazu gezwungen oder bleiben der Stabilisierungshilfe außen vor.

Beispiel Windischeschenbach: Hier müssen die Anlieger einer kleinen Stichstraße für deren Ausbau tief in die Tasche greifen. Eine ältere Dame zum Beispiel soll knapp 20.000 Euro-Beitrag für diese Maßnahme zahlen. „Das habe ich einfach nicht. Und ich weiß auch nicht, wie ich das jemals bezahlen soll“, klagt die Seniorin, die ihren Namen nicht im Artikel lesen möchte. Sicher geht es in der Straße aber mehr Anliegern ähnlich.

Anlieger tragen Hauptleid

Nun könnten die Straßenausbaubeiträge in Bayern schon bald der Vergangenheit angehören – zumindest wenn es nach den Freien Wählern im Bayerischen Landtag geht. Die Fraktion um den Abgeordneten Dr. Karl Vetter hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt, der bereits am Mittwoch im Plenum des Parlaments behandelt wird. Der Chamer Abgeordnete Karl Vetter dazu: „Das geltende System ist ungerecht und verursacht in den Kommunen erheblichen Verwaltungsaufwand sowie politischen Ärger.“ Aufgrund geltender Rechtslage müsse eigentlich jede Gemeinde eine Straßenausbaubeitragssatzung erlassen und anwenden. In der Praxis stelle sich dies jedoch oft anders dar. Trotz der letzten Gesetzesnachbesserung schaffe die Staatsregierung bei brisanten Fragen in hohem Maße Rechtsunsicherheit und lasse ihre Bürger und Kommunen im Stich.

Hauptleidtragende sind für Vetter die Anlieger: „Beträge, die bei einzelnen Anwohnern schnell den fünfstelligen Bereich erreichen können, sind vor allem für junge Familien sowie Senioren, die ihr Eigenheim als Altersvorsorge betrachten, oftmals nicht leistbar. Verzweiflung, Frust und Unverständnis – bis hin zum finanziellen Ruin – sind die Folge und enden oftmals in juristischen Auseinandersetzungen mit den Kommunen.“ Laut Vetter sei Ziel des Gesetzesentwurfs, Mehrbelastungen der Kommunen durch eine Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs vollständig aufzufangen.

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Für kaputte Straßen in den Orten müssen bisher auch die Anlieger aufkommen. Foto: Udo Fürst

Gesetzesentwurf relativiert

Die CSU zieht jetzt nach und überlegt, aus der „soll“-Regelung, die quasi eine „muss“-Regelung ist, eine „kann“-Regelung zu machen. Auch die SPD-Landtagsfraktion lehnt die jetzige Regelung strikt ab. Die Neustädter Landtagsabgeordnete Annette Karl relativiert aber den FW-Vorschlag: „Keine Gebühren von den Bürgern erheben ist gut, das unterstützen wir auch. Aber die Straßen müssen in Stand gehalten werden und das nicht nur in reichen Kommunen. Die Freien Wähler schlagen jetzt vor, Teile der Kfz-Steuer dafür zu verwenden, also alle Bürger mit Autos für alle Straßenverbesserungen in Bayern zahlen zu lassen. Ob das gerechter ist, ist mir noch nicht klar.“

Die SPD-Fraktion prüfe momentan juristisch haltbare Möglichkeiten, bei einem möglicherweise kompletten Wegfall der Straßenausbaubeiträge eine gute Infrastruktur in Zukunft sicherzustellen. „Die Vorschläge der Freien Wähler dazu überzeugen uns noch nicht, den Vorschlag der CSU, der die Probleme mal wieder einfach auf die Kommunen verlagert, lehnen wir ab.“

Die Seniorin aus Windischeschenbach interessiert nicht, wie der Landtag auf welchen Vorschlag reagiert und entscheidet. Ihr geht es einfach darum, dass sie nicht über Gebühr belastet wird. Und das sollten schließlich alle gewählten Volksvertreter im Sinn haben.

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