Jahn in Liga 2:  Das chancenlose Trauerspiel setzt sich auf Schalke fort

Gelsenkirchen. Langsam fehlt die Fantasie, wie sich der SSV Jahn noch retten soll. Die Vorstellung in Gelsenkirchen: blutleer, mutlos, ideenlos. Auch wenn Schalke 04 mit Platz 17 unterbewertet war: Wer auch beim Vorletzten chancenlos bleibt, weiß spätestens jetzt, warum er Schlusslicht ist.

Szenen eines Regensburger Trauerspiels: Jahn-Trainer Andreas Patz (links) dirigiert vergebens, Schalke-Coach Kees van Wonderen hofft zu Recht, Ex-S04-Spieler Juri Mölders hat einen guten Einfluss auf die Schalker, die zweimal jubeln dürfen. Collage/Fotos: jrh/dpa

Dass Jahn-Interimstrainer Andreas Patz nach dem 3:8-Debakel in Nürnberg und der Entlassung von Cheftrainer Joe Enochs keinen Hurra-Stil spielen lässt: d’accord. Defensive Stabilisierung war das Motto der Stunde. Nicht schön anzuschauen, aber wenn’s hilft …

Gegen Fürth und Elversberg schien die Devise aufzugehen. Aber Hand aufs Herz: Auch nur, weil die Gegner wenig einfallsreich rund um den vernagelten Regensburger Strafraum cruisten. Schon bei diesen beiden 1:0-Siegen deutete sich an, dass es nicht lange gut gehen kann, sich hinten einschnüren zu lassen – und allenfalls sporadisch auf Entlastung durch die einsame Spitze Noah Ganaus zu hoffen.

Genau das ist nun im Kellerduell beim auf Platz 17 natürlich unterbewerteten FC Schalke 04 passiert. Denn so dicht ist der Beton nicht, den Regensburg anrührt, als dass nicht jederzeit eine halbwegs gelungene Einzelaktion reichen würde, um den Riegel aufzubrechen: Eine Flanke von Tobias Mohr, die Leopold Wurm nicht vereitelt, eine Drehung am Fünfer von Kenan Karaman, den Bulic nicht eng genug abschirmt, und schon steht’s 1:0 (16.).

Drei Jahn-Offensivversuche

Recht vielmehr muss Schalke nicht machen, um das Spiel unter Kontrolle zu bringen. Von Regensburg kommt anschließend buchstäblich gar nichts mehr. Hatte zuvor noch Kai Pröger mit einem Marathon über rechts so etwas wie Offensivgeist aufblitzen lassen, Noah Ganaus einmal mit Speed tatsächlich die Strafraumkante erreicht und einen Flachschuss neben den linken Pfosten gesetzt, und sich Eric Hottmann einmal durchgeackert, so ist nach dem Rückstand Sendepause.

Wie auch? Wenn die Oberpfälzer bei ihren schüchternen Pressing-Ansätzen hinter der Mittellinie tatsächlich mal zu Ballgewinnen kommen, folgen hektische, oft haarsträubende Fehlpässe, der lange Ball ins Nirgendwo, oder gleich wieder der Ballverlust wie von Christian Viet, der zu den wenigen, gefährlichen Kontern der Knappen führt – und wenn man schon eine halbe Minute auf den langen Ball von Jahn-Keeper Felix Gebhardt wartet, lieber Christian, dann sollte man sich zumindest versichern, nicht einen Meter im Abseits zu stehen.

Widerstand löst sich in Chaos auf

Wer allen Ernstes nach dem Pausenpfiff mit einem Sturmlauf der Gäste gerechnet hatte, weil der Tabellenletzte bei einem Auswärtssieg ja immerhin die Rote Laterne auf Schalke hätte aufhängen können, sah sich natürlich enttäuscht. Gut, man weiß nicht, welche Packung der Jahn kassiert hätte, wäre er mutiger an die Sache herangegangen. Eines aber ist sicher: Im eigenen Strafraum lässt sich der Ausgleich nicht erzielen.

Stattdessen hat jetzt Schalke seine stärksten Minuten. Und der Widerstand der Regensburger löst sich im Chaos nach Standards endgültig auf. Die Jahn-Abwehr bringt die Kugel nach einer Ecke nicht von der Stelle, auch Gebhardt strauchelt und hockt wankend einige Sekunden auf der Linie. Mohr von halbrechts mit Direktabnahme, der Abpraller rollt Moussa Sylla einen Meter vor der Torlinie vor die Füße und er stochert das Ding ins leere Tor – das 2:0 hält auch der Abseitsprüfung stand (53.).

FC Schalke 04 – Jahn Schalkes Moussa Sylla (Mitte) jubelt über sein Tor zum 2:0. Foto: dpa

Abschlüsse zum Fremdschämen

Was danach kommt, zeigt das ganze Dilemma, in dem sich die Oberpfälzer befinden. Obwohl die Schalker den Jahn jetzt ein wenig machen lassen, um auf Konter zu lauern, schaffen es die Gäste trotz Dreifachwechsel nicht ein einziges Mal gefährlich im Strafraum aufzutauchen, geschweige denn Schalke-Keeper Justin Heekeren zu einer Parade zu zwingen. Verlegenheitsabschlüsse von Bryan Hein und Leopold Wurm sind zum Fremdschämen grausig – aber was sollen die beiden jungen Defensiven auch machen, wenn sich weder die eingewechselten Dominik Kother, noch Mansour Ouro-Tagba oder Nico Ochojski anspielbar in Szene setzen?

So bleibt als bitteres Highlight für die mitgereisten 1200 Jahn-Fans, die ihr Team tapfer anfeuern, lediglich der völlig zu Recht verweigerte Strafstoß, nachdem Referee Patrick Schwengers überhastet auf den Punkt zeigte – nach einem weiteren Missverständnis in der Jahn-Abwehr wirft sich Gebhardt Karaman in den Weg, der schon einen Meter vor dem Jahn-Keeper abhebt und hinter ihm zu Boden segelt – da ist nicht einmal der Hauch einer Berührung zu erkennen (78.).

Invest in Modeste statt Trainersuche?

Randnotiz: Wie zu vernehmen ist, kommt die Ex-Kölner Sturmgranate Anthony Modeste nicht nach Gelsenkirchen, weil er trotz ach so „guter, vertrauensvoller Gespräche“ seinem Bauchgefühl folge, sprich: Von Dortmund zu Schalke geht gar nicht! Sagen wir mal so: Gegen Regensburg hätten die Borussen sicher nichts einzuwenden, lieber Achim Beierlorzer.

Und wen immer der Sportchef jetzt auch als Trainer zum Jahn lotsen möchte: Für Torgefahr wird selbst der größte Hexer an der Seitenlinie nicht sorgen können. Da braucht es jetzt schon ein mittelgroßes Fußballwunder – oder eben einen Brecher im Strafraum, der den Unterschied machen könnte. Denn wenn die Oberpfälzer dann mal führen, dürfen sie das 1:0 gerne einmauern.

Schalkes Moussa Sylla (Mitte) stochert die Kugel zum 2:0 über die Linie. Foto: dpa

Trauerspiel im Schnelldurchlauf

  • Schalke versucht von Beginn an Malocher-Charakter zu zeigen. Kenan Karaman dribbelt sich durch die engen Regensburger Maschen, Flanke von rechts, die Kugel prallt von Taylan Bulut über die Grundlinie (1.).
  • Steiler Pass in die Spitze auf Tobias Mohr, bevor der in die Box kommt, ist Kai Pröger zur Stelle (4.).
  • Ein Blick auf die Zahlen: 86 Prozent Ballbesitz für Schalke, allerdings kaum im gefährlichen Bereich.
  • Bryan Hein geht über links, Flanke in den Sechzehner, kein Abnehmer in Sicht (12.). Pröger krallt sich die Kugel von Mohr, schickt Noah Ganaus steil, der läuft dem Abwehrspieler davon, was Teil der Jahn-Taktik sein dürfte – seinen Flachschuss aus 16 Metern halbrechts geht am linken Pfosten vorbei (14.).
  • Mohr hat Platz am rechten Flügel, flache Hereingabe auf Karaman, Rasim Bulic kommt in dessen Rücken nicht an die Kugel, Drehschuss an den Innenpfosten, Jahn-Keeper Felix Gebhardt guckt hinterher, wie die Kugel über die Linie springt, 1:0 (16.).
  • Pröger zieht am rechten Strafraumeck ab, Derry Murkin blockt zur Ecke, die keinen Regensburger erreicht (22.).
  • Christian Viet verdaddelt die Kugel, Sylla schickt Karaman, zu steil für den Knipser (24.).
  • Hein mit zwei Körpertäuschungen plötzlich im Sechzehner, sein Abschluss aus 18 Metern weit rechts vorbei (31.).
  • Wieder Ballverlust der Regensburger an der Mittellinie, Karaman diesmal umgekehrt wesentlich besser auf Sylla, der hat nur noch Gebhardt vor sich, der mit dem Fuß pariert (35.).
  • Mohr bedient Max Grüger, der hält aus gut 20 Metern einfach mal drauf, Gebhardt reckt und streckt sich, sieht aber, dass der Flatterball am Pfosten vorbeifliegt und zieht zurück (40.).
  • Amin Younes geht im Strafraum ins Dribbling und fällt aufreizend leicht über Louis Breunigs Hüfte, Schiri Patrick Schwengers winkt sofort ab (45.).

Zweite Halbzeit

  • Murkin links außen fast durchgebrochen, Pröger kreuzt seinen Weg robust – Gelb und Freistoß. Grüger von rechts auf Schallenberg, Gebhardt taucht ab und lenkt den Kopfball um den Pfosten (52.). Statt Regensburger Sturmlauf, Schalker Dauerdruck.
  • Die Strafe folgt auf die Ecke: Die Jahn-Abwehr bringt die Kugel nicht aus dem Strafraum, Mohr mit dem Schussversuch, geblockt, die Kugel rollt Sylla vor die Füße, der sie im Fallen nur noch über die Linie stochern muss, 2:0 (53.).
  • Mohr bringt den zweiten Ball in die Box, Younes feine Direktabnahme aus elf Metern um eine Handbreit am linken Torkreuz vorbei (62.).
  • Paul Seguin an Breunig vorbei auf Karaman am Fünfer, der reflexartig noch die Stirn hinhält, die Kugel verhungert in Gebhardts Torwarthandschuhen (68.).
  • Dreifachwechsel beim SSV: Dominik Kother kommt für Ganaus, Mansour Ouro-Tagba für Hottmann und Nico Ochojski für Sebastian Ernst (69.).
  • Karamans Bocksprung über den herausgeeilten Gebhardt taugt nicht zum Elfer: Schiri Schwengers muss seine Entscheidung nach Video-Überprüfung zurücknehmen (78.).
  • Noch ein Versuchsballon von Jahn-Trainer Andreas Patz: Elias Huth kommt für Pröger, bei Schalke Anton Donkor für Sylla (81.), zuvor schon Janik Bachmann für Younes. Weder an der Spielweise noch am Ergebnis ändert diese Maßnahme das Geringste.

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