Karl Prösls Mammutprojekt bereichert Ahnenforschung in Kohlberg

Kohlberg. Karl Prösl hat die Kirchenbücher von Kohlberg von 1663 bis 1896 transkribiert, was eine wertvolle Ressource für Familien- und Ahnenforschung darstellt. Die Daten, u.a. über Geburten, Heiraten und Todesfälle, sind nun auf rund 600 Seiten für die Öffentlichkeit zugänglich.

Auf einen kleinen Speicherstick gebannt übernahm Kohlbergs Kirchenpfleger Leonhard Steinsdörfer von Karl Prösl die Daten über Personen aus der katholischen Kirchengemeinde, beginnend im Jahr 1663. In der Druckversion werden etwa 600 Seiten für Interessenten zur Verfügung stehen, die in die Vergangenheit der *Katholiken in der Marktgemeinde *eintauchen wollen. Foto: Rudi Walberer

Kohlbergs ehemaliger Bürgermeister Karl Prösl vollendete eigenständig, mit Akribie und noch mehr Geduld eine Initiative für eine Dokumentation über die Geschehnisse in der katholischen Pfarrei Kohlberg. Dazu zählten ursprünglich auch die Nachbargemeinden Holzhammer und Neuersdorf. Konkret heißt das, dass er die ältesten Matrikel, das sind die offiziellen Kirchenbücher, beginnend mit dem Jahr 1663 bis 1896 aus dem zentralen Diözesan-Archiv Regensburg durchforstete und für die Nachwelt in speziellen Dateien sammelte.

Im Mittelpunkt des Projekts standen Einträge aus einer Zeitspanne von 233 Jahren, die auf 602 Seiten übertragen und in drei Abschnitten 1663 bis 1804, 1805 bis 1875 und 1876 bis 1896 gegliedert sind. Komplettiert werden diese Segmente mit alphabetischen Namensregistern mit gleicher chronologischer Unterteilung. Diese haben alleine einen Umfang von etwa 200 Seiten. Die wertvolle Datensammlung bezieht sich auf folgende Positionen: Nachnamen, Vornamen, Personen, Geburten und Taufen, Trauungen und Sterbefälle sowie Beerdigung.

Prösl setzte seine Ambitionen für Archive, die Geschichte der Marktgemeinde und deren Menschen, teils wohl ein trockenes Thema, abzulichten mit großem Enthusiasmus und Kondition um. „Ich habe die Stunden, die ich mit dieser schönen Aufgabe verbracht habe, nicht gezählt“, sagte er selbst über den damit verbundenen Arbeitsaufwand beim Nachlesen, Prüfen und am Computer oder mit Papier und Stift. In der Summe kamen jedenfalls sechs Jahre und vier Monate zusammen.

Es gab laut Auskunft des fleißigen Autors Tage, die komplett für die Aktion genutzt wurden, aber auch stundenweise widmete sich Prösl der Tätigkeit, bei Bedarf wurde natürlich auch pausiert. Unterstellt man realistisch, dass nur eine Stunde pro Tag investiert wurde, dann flossen gut und gerne 2300 Netto-Stunden in die Agenda ein.

Die Voraussetzungen und Grundlagen

Die Übertragung oder Transkription konnte ursprünglich und bis vor einigen Jahren ausschließlich in Regensburg, im Archiv genutzt werden. Wer also etwa zum Zweck der Familienforschung Informationen sammeln wollte, konnte das nur in der zentralen Registratur in der Domstadt tun. Zur Verbesserung der Situation, aber auch zur Schonung und zum langfristigen Erhalt der Bücher und einzelnen Dokumente wurden die Einträge professionell abfotografiert und in Form von Folien, auf sogenannten Microfiches festgehalten. Diese Folien wurden interessierten Personen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Auf Rat von Prösl griff die katholische Pfarrei der Marktgemeinde auf das Angebot zurück, die betreffenden Folien zu erwerben. Mittels Lesegeräte könnten diese detaillierten, ursprünglichen und unbearbeiteten Daten nach Belieben und individuell erforscht werden. Ein Handicap, es wäre ein dauerhaft ein Lesegerät in Kohlberg notwendig und ein solches stand nur leihweise und kurze Zeit zur Verfügung. Der noch größere Haken: Der interessierte Betrachter benötigt unbedingt Kenntnisse in Latein oder Kurrentschrift. Nur wenige Zeitgenossen verfügen über diese.

Die Datenübertragung schuf die Praxis und die Lösung

Die Erfordernisse der heute unüblichen Schrifttypen war von Anfang an eine Zusatzaufgabe für Karl Prösl, der in 2018 in enger Absprache mit der Pfarrei an den Start ging. „Ich habe zunächst die per Handschrift festgehaltenen Daten, die bis 1878 in lateinischer Sprache und in der damals genutzten Deutschen Kurrentschriftart in Tinte niedergeschrieben waren ins Deutsche übertragen, um die Texte für jedermann lesbar zu gestalten“, so Prösl. Er hatte aus der eigenen Schulzeit in den 1950er Jahren Basiskenntnisse über die artverwandte Sütterlin-Schrift und war darin aus seinen über Jahrzehnte zuvor schon betriebenen Archivarbeiten geübt darin. Bei „Latein“ mussten allerdings Wörterbücher bemüht werden, um neben den Jahreszahlen und anderen Ziffern eine passable Übersetzung der Texte sicherzustellen. Es ging im Detail darum, eben Familien- und Vornamen, Berufsbild, Familienstand, Geburts-, Wohn- und Sterbeorte und auch die ein oder andere interessante Zusatzinformation richtig wiederzugeben.

Der Teufel steckt auch bei Kirchenbüchern im Detail, Erfahrungs- und Mängelbericht

Zusammenfassend sagt der 81-jährige Kohlberger zu seinem Projekt: „Die Arbeiten waren interessant und lehrreich, aber auch zeitaufwändig und mitunter anstrengend“. Hürden bildeten eben die verschiedenen Schrifttypen, die individuellen Qualitäten der Handschriften der mehr als zwei Dutzend Pfarrherren. Ein eingehendes Studium der gewöhnungsbedürftigen Eigenheiten war erforderlich, um alles möglichst perfekt zu entziffern. Zahlreiche Wörter und Passagen bedurften mehrmaligen Versuchen, aber auch Tintenflecken verhinderten das Entziffern des vor Jahrhunderten Notiertem. Zahlen, vor allem aber Namen an deren Schreibweise Zweifel bestanden, werden unter „fraglich“ geführt und erkennbar in Kursiv übertragen.

Auffällig und mit Fragezeichen zu genießen waren einige Altersangaben bei den aufgelisteten Sterbefällen. Sie differierten häufig und nicht nachvollziehbar um mehrere Jahre zu den Geburtsdaten. Prösl nimmt die Pfarrer als Protokollführer in den Schutz: „Es lag nicht an den Rechenschwächen der Pfarrer, denke ich. Vielmehr ist zu vermuten, dass falsche Angaben geliefert wurden und diese einfach ungeprüft, ohne eine zeitnah noch machbare Korrektur übernommen wurden“. Dazu ist zu beachten, dass früher der Namenstag bei den Katholiken mehr Stellenwert hatte als der Geburtstag. Diesem wurde weit weniger Bedeutung beigemessen als heute. Bedauerlich sind insbesondere nicht dokumentierte Zeiten zwischen dem Beginn der Aufzeichnungen 1663 bis 1804. Mehrmals traten Lücken, auch über einen längeren Zeitraum von ein oder zwei Jahren, in dieser Sequenz auf. Fehlende Angaben konnten auch an anderen Stellen und Quellen nicht für einen Nachtrag einfließen.

Papierversion in Ordnern kommt in das Büro der Pfarrei

„Wir bedanken uns bei Karl Prösl, werden das Werk in Ehren halten und in den nächsten Wochen ein gedrucktes Exemplar für Interessenten im Pfarrbüro zur Einsicht bereithalten“, erklärte Kirchenpfleger Leonhard Steinsdörfer bei der Übergabe der Datensammlung. Das gedruckte Exemplar umfasst voraussichtlich 600 Seiten, wird bewusst als Loseblatt-Sammlung in Ordnern ausgelegt, um Ergänzungen oder Korrekturen flexibel einzufügen. Ab wann genau zu welchen Öffnungszeiten oder Terminvereinbarungen das Datenmaterial in gedruckter Form zur Verfügung steht, wird noch bekannt gegeben. Für kommende Generationen wird die Geschichte der katholischen Bürger umfassend dokumentiert, die Überarbeitung in dieser Form und diesem Umfang hat sicher Seltenheitswert in der Region.

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