So will der neue Vorstand die Kliniken Nordoberpfalz fit machen für die Zukunft

Weiden. Die richtigen Fragen, Teil 2: Der neue Chef der Kliniken Nordoberpfalz (KNO) steht vor einem gewaltigen Balanceakt: Im Interview mit OberpfalzECHO beschreibt Michael Hoffmann, wie er das Defizit reduzieren will, ohne die Qualität der Versorgung zu verschlechtern.

Der Patient soll nach dem Willen von Klinikchef Michael Hoffmann im Mittelpunkt stehen. Foto: Kliniken Nordoberpfalz

OberpfalzECHO: In den vergangenen Wochen war aus dem KNO-Umfeld immer wieder zu hören, dass medizinisches Personal das Klinikum verlässt oder verlassen will. Die Verunsicherung sei groß. Wie viele Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern haben aufgrund Ihrer Berufung zum Vorstand gekündigt?

Michael Hoffmann: Wenn man das an Zahlen misst, kann man nichts erkennen. Im Gegenteil, tendenziell verzeichnen wir einen leichten Zuwachs.

Aber es sind doch einige prominente Abgänge bekannt geworden …

Wenn Sie vom Chefarzt der Urologie sprechen, der bekam ein Angebot von einer anderen Klinik.

Es wird darüber spekuliert, dass Sie eine Privatisierung vorbereiten und anschließend zu Oberender zurückkehren – können Sie diese Spekulationen entkräften?

Dieses Thema der Privatisierung steht so gar nicht im Raum bei den Gesellschaftern. Es gibt den klaren Auftrag, das Haus in kommunaler Trägerschaft wieder wirtschaftlich zu führen. Unter dieser Prämisse hat man mich gefragt: Können Sie sich vorstellen, hier einzuspringen? Die Beschreibung ist eindeutig. Deshalb kann ich das Gerücht überhaupt nicht verstehen. Wenn ein Gesellschafter schon so viel Geld investiert hat, zeigt das absolut sein Interesse am Erhalt der kommunalen Trägerschaft. Sonst hätte man sich damals anders entschieden, als man von Insolvenz bedroht war.

Und das Gerücht, dass Sie später wieder zu Oberender zurückkehren wollen – sehen Sie sich langfristig in Weiden?

Ich bin etwas überrascht worden von der Frage, ob ich mir die Aufgabe hier vorstellen kann. Hätte mich jemand woanders in Deutschland gefragt, hätte ich dankend abgelehnt. Nur weil ich die handelnden Personen kenne, das für mich bekanntes Terrain ist, habe ich nach einer Risikoabschätzung gesagt, „ja das mache ich, ich schaue, dass ich das Unternehmen gemeinsam mit den Gesellschaftern ordentlich aufstelle“. Man denkt bei solchen Positionen in Kliniken in Drei-Jahresfristen. Da ist es schwierig, einen langfristigen Plan zu haben. Wenn ich nicht an den Erfolg glauben würde, wäre ich nicht hergekommen. Der Austausch mit den Gesellschaftern ist sehr gut und fair. Ein enger Austausch alle zwei Wochen und regelmäßig auch zwischendrin per Whatsapp oder in Telefonaten, alle sind gut im Stoff, wissen, was läuft.

Klinikvorstand Michael Hoffmann im Gespräch mit OberpfalzEcho. Bild: Jürgen Herda

Haben Sie nicht die Befürchtung, zwischen die Fronten von drei unterschiedlichen politischen Interessen der beiden Landkreise und der Stadt zu geraten?

Klar kämpft jeder für seinen Standort, aber ich kann keine Konflikte erkennen, weil alle drei mehr das Interesse der Region als den eigenen Kirchturm im Fokus haben.

Sie waren bisher Berater, andere haben ihre Ratschläge umgesetzt oder auch nicht. Wie fühlen Sie sich in der neuen Rolle, schwierige Entscheidungen jetzt selbst treffen und verkünden zu müssen?

Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Die Aufgabe ist immer abhängig von den Menschen, mit denen man zusammenarbeitet. Ich bin jemand, der ehrlich, geradeaus und vertrauensvoll agiert. Wenn das funktioniert, ist das ein Arbeitsplatz, an dem ich mich wohlfühlen kann, auch wenn man nicht immer gleicher Meinung ist. Ich habe gelernt, Entscheidungen zu treffen. Wenn man verantwortungsvoll damit umgeht, wird das auch akzeptiert. Ich bin mir bewusst, dass sich Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind – nicht nur die, die im engeren Sinn am Patienten arbeiten, auch die Techniker, Wirtschaftler, Juristen – für dieses Arbeitsumfeld entschieden haben, weil sie mitwirken wollen, dass es Menschen besser geht.

Sie treten aber diese Stelle mit dem erklärten Willen eines Sanierers an. Ist das nicht die Quadratur des Kreises, im Sparmodus eine Klinik zu leiten, während gleichzeitig ein Notstand bei der Suche nach Pflegekräften herrscht?

Es kommt darauf an, was man unter Sanierung versteht. Es geht nicht darum, mit der Sense durchs Unternehmen zu gehen, sondern Arbeitsprozesse klüger zu gestalten. Und das ist möglich. Die Digitalisierung und die Tele-Medizin geben uns die Chance, Prozesse anders, runder zu gestalten. Wir kommen mit weniger Leuten zu besseren Ergebnissen.

Aber die Belastung der Pflegekräfte ist doch bereits jetzt sehr hoch – bei nicht gerade üppiger Bezahlung …

Und doch gibt es noch viele Effizienzpotenziale, wenn Sie daran denken, welches enorme Zeitbudget Pflegekräfte und Ärzte aufwenden müssen, um sich mit Dokumentationen zu befassen.

Das sind politische Entscheidungen, haben Sie denn darauf Einfluss?

Das Krankenhauszukunftsgesetz wird drei Milliarden ins Krankenhaussystem pumpen, alleine acht bis neun Millionen Euro auch für uns, mit denen man durch Digitalisierung und Tele-Medizin eine Reihe von Prozessen verbessern kann.

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Im integrierten OP-Saal werden die meisten laparoskopischen Eingriffe am Klinikum Weiden durchgeführt. Bild: Kliniken Nordoberpfalz AG

Handelte es sich bei dem entlassenen Chefarzt mit dem gefälschten Impfausweis und seiner Partnerin nur um die Spitze des Eisbergs? Welche Probleme kommen wegen ungeimpftem Personal noch auf Sie zu?

Die erfassten Zahlen sind positiv zu bewerten, das freut uns alle. Wir haben eine Impfquote von rund 93 Prozent, das ist ordentlich auch im Vergleich mit anderen Kliniken. Wir hören vom Betriebsrat, dass es einige gibt, die sich nicht impfen lassen wollen, aber es gibt jetzt auch keine Welle an Kündigungen. Wenn man an die gehäuften Stellengesuche denkt, die bundesweit in Zeitungen lanciert wurden, deckt sich das mit der Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft, hier könnte etwas nicht ganz korrekt sein.

Was ist Ihr Master-Plan für die Kliniken Nordoberpfalz?

Wir befinden uns in einer intensiven Entwicklung. Die Demographie verändert die Gesellschaft, die Bevölkerung verteilt sich anders. Wir bekommen eine andere Nachfrage für neue Produkte. Die Ambulantisierung schreitet voran. Für uns stellt sich die Frage: Wie schaffen wir es, dass alle Menschen in unserer Region eine ordentliche Gesundheitsversorgung bekommen beziehungsweise behalten?

Von Kennern des Klinikums hört man oft, dass weniger Wert auf die Aufnahme- und Entlassungsprozesse gelegt wurde, die Patientenzufriedenheit in vielen Bereichen nahezu 10 Prozent schlechter als in Amberg sei. Das Pflegepersonal sei unzufrieden, das Image bescheiden, Patienten würden nach Amberg, Bayreuth, Nürnberg-Erlangen und Regensburg ausweichen.

Ich kenne solche Aussagen über viele Häuser, mit denen ich zu tun hatte. Unzufriedenheit wird immer siebenmal häufiger kommuniziert als ein positives Erlebnis. Im Umkreis wird die eigene Klinik oft kritisiert. Das sind nicht die Probleme, die mir Sorgen bereiten. Wir haben bereits ein breites Beschwerdemanagement aufgebaut, an jedem Standort gibt es einen eigenen Ansprechpartner. Sorgenfalten bekomme ich, wenn ein Fehler ein zweites Mal auftritt, dann haben wir was falsch gemacht. Ich war selbst einige Jahre Krankenpfleger. Ich kann aus Erfahrung sagen, Menschen die sich in unsere Obhut begeben, haben oft Angst vor Untersuchungen und Diagnosen, vor der Ungewissheit. Das ist eine Extremsituation für die Menschen, die vom Klinikteam gut gemanagt werden muss.

Man hört dennoch immer wieder nachvollziehbare Kritik am Klinikum. Da ist mal der Physiotherapeut, der seinen herzkranken Vater nach postoperativen Problemen nach Regensburg verlegen ließ, wo man ihm gesagt hätte: „Wo ist das gemacht worden, in Weiden? Alles klar!“ Ein 96-jähriger Patient wird mit Brüchen eingeliefert, bei der Ankunft hustet der Zimmergenosse stark, die Ehefrau will wissen, ob der Herr getestet ist, angeblich ja, am nächsten Tag hat er Corona. Sind das die berühmten Einzelfälle oder gibt es doch ein systemisches Problem?

Wir schauen uns jeden Einzelfall genau an. Wir sehen uns an, ob Arbeitsprozesse nicht gut sind. Manchmal werden in Drucksituationen Entscheidungen getroffen, die man vielleicht besser anders gemacht hätte. Wir sind alle Menschen. Wichtig ist für uns, wenn solche Fälle auftreten, zu analysieren: Woran hat das gelegen? Um anschließend, wenn nötig, Prozesse anzupassen. Insgesamt registrieren wir bei Befragungen sehr viele positive Rückmeldungen, auch viel Dankbarkeit. Man sagt uns, alles hat gut geklappt, die Pflegekräfte waren furchtbar nett. So etwas wird aber selten nach außen getragen. Und wir haben auch durchaus viele positive Patientenurteile, die wir natürlich auch an das Team zurückspiegeln, denn die freuen sich auch über diese gute Rückmeldung.

Für viele Patienten unverständlich ist es, wenn Ihnen eine Gewebeprobe entnommen wird, und sie dann nur gesagt bekommen, „Sie bekommen einen Brief mit dem Ergebnis“ – man ist schon nervös genug und soll dann auch noch das Ärztedeutsch enträtseln, ob die Probe möglicherweise bösartig ist …

Da sehe ich tatsächlich Handlungsbedarf. Oft werden solche Proben von externen Dienstleistern untersucht, da müssen wir eine bessere Kommunikation finden. Wir fordern unsere Ärzte auf, den niedergelassenen Arzt des Patienten anzurufen, damit der sofort die weitere Therapie mit den gemeinsamen Patienten besprechen kann.

Nach der Konsolidierung der wirtschaftlichen Situation soll auch die Qualität der Küche in den Fokus rücken. Foto: Kliniken Nordoberpfalz

Für Sie in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation sicher nicht ein Prio-A-Thema, für den Patienten aber durchaus wesentlich: Von Ihrer Küche hört man, dass das Budget sehr niedrig angesetzt sei. Patienten erzählen, sie seien auf Vollwertkost gesetzt worden und hätten Braten mit Kartoffelbrei ohne Gemüse und Salat bekommen. In Amberg bemüht man sich beispielsweise im Rahmen der integrativen Krebstherapie um eine angepasste Kost. Ist das aus Ihrer Sicht nebensächlich?

Ich kann zum Thema Küche noch gar nichts sagen. Es stimmt, momentan muss ich mich darauf fokussieren, wie wir das Unternehmen bei diesem Millionen-Defizit auf den Kurs bekommen, den die Gesellschafter benötigen. Wenn es aber um den Ruf eines Hauses geht, da gehört dann irgendwann auch das Essen dazu. Da ist der Patient Fachmann, insofern muss man sich auch darum kümmern: Momentan geht es vor allem darum, dass es hygienisch, sauber und warm serviert wird. Wir hatten in Kemnath eine Umstellung in der Küche, um das Essen kostengünstiger zu machen. Da gab es zunächst viele Beschwerden, weil sich die Prozesse erst einspielen müssen. Inzwischen ist die Zufriedenheit wieder hoch. Es stimmt, Essen ist auch ein wichtiges Thema in der Kommunikation mit unseren Patienten.

Würde sich perspektivisch zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme, zur Stärkung des Standorts, zur weiteren Profilierung eine stärkere Kooperation mit Amberg anbieten – dort beklagt man, dass noch immer viele Patienten nach Regensburg oder Erlangen ausweichen?

Von Amberg aus gesehen gestaltet sich das etwas anders, die haben einen anderen Einzugsbereich nach Süden und Westen. Unsere Konkurrenz befindet sich eher in Bayreuth oder Richtung Norden. Wobei wir auch gesehen haben, dass sich Patienten ins Auto setzen, und sich in anderen Kliniken behandeln lassen, wenn das Vertrauen in unsere Kompetenz fehlt. Ich habe den Amberger Klinikvorstand Manfred Wendl bereits kennengelernt. Die sechs, sieben Themen, bei denen Kooperationen bestehen, verbessern insgesamt die regionale Versorgung. Ein Beispiel dafür ist die Perinatalmedizin. In diesem Bereich wird eng kooperiert, um das Knowhow der Teams zu bündeln und die Vorgaben von Mindestzahlen zu erreichen. Es geht auch darum, dass ein Arzt umso besser helfen kann, je mehr Erfahrung er mit solchen Patienten hat.

Die richtigen Fragen Teil 1 hier lesen.

Klinikstandort Weiden. Bild: OberpfalzECHO.

Kliniken Nordoberpfalz

  • Die Kliniken Nordoberpfalz AG ist eine Aktiengesellschaft und betreibt mehrere Akutkrankenhäuser und medizinische Einrichtungen in der Nordoberpfalz. Das Unternehmen wurde am 13. November 2006 gegründet und hat seinen Sitz in Weiden.
  • Aktionärsstruktur: Stadt Weiden, Landkreis Tirschenreuth und Landkreis Neustadt/WN sind zu gleichen Teilen Träger der Kliniken Nordoberpfalz. Das heißt, ihre Anteile sind jeweils gedrittelt.
  • Standorte: Klinikum Weiden, Krankenhaus Tirschenreuth, Krankenhaus Neustadt/WN, Krankenhaus Kemnath, Steinwaldklinik Erbendorf

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1 Kommentare

Dr Roland Strobel - 22.02.2022

Als ehemaliger Mitarbeiter kann ich in aller Ruhe sagen:
Zu 90% Luege und Schoenmalerei.
Einen Angehörigen wuerde ich niemehr dort behandeln lassen.
Mein Onkel starb auf der chirurgischen Intensivstation.
Unter Umständen, die mich fast zur Anzeige genötigt hatten.
Weiden-Nein danke