Wirtschaftsforscher müssen ihre Konjunkturprognose kappen

Nordoberpfalz. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland tritt auf der Stelle. Dabei seien die Weichen für eine Erholung eigentlich gestellt, finden ifo-Präsident Professor Dr. Clemens Fuest und ifo-Konjunkturchef Professor Dr. Timo Wollmershäuser.

ifo-Präsident Professor Clemens Fuest (links) und ifo-Konjunkturchef Professor Timo Wollmershäuser stellten die Konjunkturzahlen für das Frühjahr.2024 vor. Archivbild: Theo Kurtz

2023? Ein Jahr, fast zum Vergessen. Das Wachstum tritt auf der Stelle, die für das zweite Halbjahr vorhergesagte konjunkturelle Erholung ist ausgeblieben. Und auch für 2024 muss das ifo Institut seine Prognosen kappen. Statt 1,4 Prozent geht man nur mehr von einem Wachstum von 0,9 Prozent aus. Und es könnte weiter in den Keller gehen, befürchten ifo-Präsident Professor Dr. Clemens Fuest und ifo-Konjunkturchef Professor Dr. Timo Wollmershäuser. Die beiden stellten jetzt in Berlin die Konjunkturdaten für das vierte Quartal vor und warfen auch schon einen Blick auf das kommende Jahr.

Unklarer Bundeshaushalt

Grund dafür: die unklare Lage des Bundeshaushalts. Sollte der im kommenden Jahr um 20 Milliarden Euro gekürzt werden, dann rutscht das Wirtschaftswachstum auf 0,7 Prozent ab. Sind es gar 40 Milliarden, wird sich das Plus bei nur mehr 0,5 Prozent einpendeln. “Die Unsicherheit verzögert die Erholung”, betont Wollmershäuser. Die Verbraucher halten ihr Geld zurück, Unternehmen investieren nicht.

Weichen für Erholung sind gestellt

Dabei seien die Weichen grundsätzlich auf Erholung gestellt. Die Inflation, die sich heuer im Schnitt bei 5,9 Prozent bewegt hatte, wird 2024 auf 2,2 Prozent zurückgehen. Die Löhne sind kräftig gestiegen und: Die Beschäftigtenzahlen sind seit der deutschen Wiedervereinigung noch nie so hoch gewesen. Zudem geben die Zinsen langsam nach. Ein Trend, der sich im kommenden Jahr fortsetzen wird. Denn auf die niedrige Inflation wird die Europäische Zentralbank mit Zinssenkungen reagieren, sind die beiden Experten überzeugt. Die Kaufkraft kehrt also zurück. “Damit sollte auch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wieder zulegen”, findet der ifo-Konjunkturchef.

Stimmung im Land ist schlecht

Dennoch: die Stimmung im Lande ist schlecht. “Die wirtschaftspolitische Unsicherheit ist bei uns höher als anderswo”, stellt Fuest fest. Es fehle an Klarheit und Verlässlichkeit. Dass man sich um die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland Gedanken macht, hat für Fuest nicht unbedingt etwas mit dem rasanten Anstieg der Energiepreise zu tun. “Dieser Prozess hat mit dem Dieselskandal in der Automobilbranche im Jahr 2017 begonnen.” Bereits seit 2018 sinkt hierzulande die Industrieproduktion.

Was Fuest nachdenklich stimmt: “Es gibt keine Strategie, wie man befriedigende Wachstumsraten wieder zurückgewinnen will.” Noch dazu, wenn man dabei noch gravierende Faktoren, wie das Einhalten der Klimaziele und den demografischen Wandel, berücksichtigen muss. “Es wird Zeit, dass die Politik darauf Antworten gibt.”

Bremsspuren auf dem Arbeitsmarkt

Bremsspuren machen sich mittlerweile auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Zahl der Erwerbslosen wird 2023 um 191.000 und im Jahr darauf um rund 82.000 steigen. Erst 2025 rechnet man beim ifo Institut wieder mit einem Rückgang um 113.000 Personen und einer Arbeitslosenquote von dann 5,6 Prozent.

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