Bockboanig [ˈbɔkbaɪ̯nɪç]: Der Geist, der stets verneint

Nordoberpfalz. Diesmal bin ich im faust'schen Sinne unterwegs – ich bin der Geist, der stets verneint, ich gehe euch auf die Nerven mit meiner Moral und verfolge euch mit meinem Gutmenschengelaber bis in eure Träume. Eine ganz und gar ernst gemeinte Faschingsglosse.

Foto: OberpfalzECHO/ Andrea Schreiber

Das Geisterbild dieser Glosse ist nicht falsch gewählt, denn gegen den Ungeist, der augenblicklich durch unsere Gesellschaft spukt, sind Jason, Frankenstein, Freddy und der Grinch wahre Waisenknaben und Klosterschüler: grausam, skurril, psychopathisch, gestört und bar jeden Verhaltens, das noch irgendwie so etwas wie Empathie und (Zwischen-)Menschlichkeit beinhaltet.

Ich bin der Geist der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles was entsteht
ist werth daß es zu Grunde geht;
Drum besser wär’s daß nichts entstünde.
So ist denn alles was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
Mein eigentliches Element. Johann Wolfgang von Goethe, Faust

Aber wer hat schon wirklich Angst vor Gespenstern? Viel schlimmer ist der Ungeist, der in uns wohnt. Schaue ich mich um, dann sehe ich das gesamte parapsychologische Spektrum (und nicht nur im Spiegel) – Zombies, Wiedergänger, Zwerge, Vampire und in der Nacht schaut auch mal der Freddy Krueger vorbei.

Noch ist das alles vielleicht (und auch hoffentlich) absolut überspitzter Pathos und Unsinn – aber wie lange noch? Vielleicht haben wir Glück und ich bin einfach nur wahnsinnig, das wäre eine Erklärung.

Fragen wir doch mal Klara

Fragen wir doch mal einen der bekanntesten Geister der Oberpfalz – Klara von Helfenstein, die „Weiße Frau von Wolfsegg“. Was würde sie wohl zur aktuellen Lage sagen? „Unglaublich, es gehen die Jahrhunderte ins Land und die Menschen werden nicht gescheiter, mit Vollgas in meine Lebzeiten zurück. Willkommen im Mittelalter.“ Die historische Klara von Helfenstein hat ihren Gatten, der sie angeblich ermordet hat, übrigens um mehrere Jahre überlebt. Aber wen interessieren heute noch Fakten? Viel zu laaangweilig und zu laaangatmig.

Apropos bekannte Geister aus der Oberpfalz: vielleicht sollten wir wieder etwas mehr auf vernunftbegabte Leute wie Heribert Prantl hören, das würde auf jeden Fall nicht schaden. Wenn sie einen hätte, würde Klara dazu sagen: „Daumen hoch!“

Strafe muss sein – Kafka als Ansatz

Jeder kennt die Geschichte der Geister auf Burg Stockenels, hier büßen die Bierpantscher und zwar auf ewig und auf äußerst kreative Art und Weise. Ich finde, dieser Ansatz sollte unbedingt kafkaesk (der Mensch und sein Ausgeliefertsein gegenüber einer unbekannten Macht) weiter verfolgt werden.

So wäre es doch schön, wenn AfD-Politiker bis zum Jüngsten Gericht am alternativ-veganen und garantiert genderfluiden Workshop „Mit Fingerfarben auf dem Weg zu sich selbst“ teilnehmen müssten? Lokführern würde ich (als persönlich Streikbetroffener) wünschen, dass sie sich täglich in einem von Klimaklebern verursachten Stau zu stellen hätten, ohne irgendeine Alternative oder Möglichkeiten, zu entkommen. Und dem Herrn beziehungsweise der Dame hinter mir in der Supermarktschlange wünsche ich, dass sie bis in alle Ewigkeit nur von netten, freundlichen Menschen umgeben sind. Das ist für sie die Höchststrafe.

Das wäre doch im Grunde genommen ein lustiger Gedankenansatz, den jeder für sich auf humorvolle Art und Weise fortführen könnte. Aber Vorsicht, diese Gedankenspirale kann als Nebenwirkung zu guter Laune und in Ausnahmefällen, wenn sie geteilt wird, sogar zu gemeinsamen Lachen führen! Also lassen wir das mit dem Humor (oder das, was ich dafür halte), wobei man schon viele Mitmenschen damit quälen kann, besser als mit glühenden Zangen.

Alternative Möglichkeiten und alternative Fakten

Eine weitere Quälmöglichkeit wäre vielleicht auch die „Glühende Feder“. Früher war das zwischen Schreibenden und Lesenden ein äußerst produktives und fruchtbares Spiel. Frei nach dem Motto „mit den eigenen Kindern ist man immer am strengsten“, hat man sich regelmäßig über das „Kasblattl“ echauffiert und dann wieder den Redakteur gelobt: „Jetzt hat er es besser geschrieben.“ Aber man hat sich auf jeden Fall mit einem Thema beschäftigt und auch ernsthaft damit, wie es umgesetzt und präsentiert wurde. Ein Akt freier Meinungsbildung also. Eine klasse Sache, aber halt für den Zeitgeist viel zu laaangweilig.

Schlaft schön, schlaft…

Es ist zugegeben ein absurdes Gedankenmodell – ich als böser Geist, der sich in die Träume und Köpfe einschleicht. Ich verfolge euch in eurem Träumen und martere euch mit heißen moralischen Eisen. Was träumt ihr denn eigentlich? Vom Steingarten? Vom Aktiendepot? Von der nicht zurückgeschnittenen Hecke des Nachbarn (der mit dem Eckgrundstück)? Von Vogelkot auf den Gartenzwergen?

Warum träumen wir eigentlich immer nur in Grautönen? Achtung Deutscher Michel, Obacht Deutsche Michaela, Träume sollten bunt sein wie ein Regenbogen und saftig wie ein reifer Pfirsich. Warum sich also nicht mal in Traum ausmalen, wie es wäre ein Fußballgott oder ein Erfolgsautor zu sein oder ein kleines Kind unter Einsatz seines Lebens aus einem brennenden Haus zu retten? Das wäre ebenso bunt und aufregend wie ein Traum, in dem die/der Traumfrau/-mann und vielleicht auch noch ein Küchentisch vorkommt.

Ich komme heute Nacht vorbei und werde das überprüfen …

Ein Volk von Sportreportern

Schon Franz von Kobell lässt seinen Portner im „Brandner Kaspar“ seufzen: „An diesem Volkstamme magst du zerschellen.“ Das ist auch für mich die entscheidende Frage: zerschellen oder ein paar Schellen austeilen? Und schon kommt wieder aus irgendeinem Loch der sprichwörtliche Sportreporter gekrochen: „Oh, ein Aufruf zur Gewalt, das muss Folgen haben. Es hat ein Kontakt stattgefunden.“

Wie es in der Bundesliga zugeht, so geht es auch in unserer Gesellschaft zu. Egal, was der Schiri auch entscheidet, immer wird er auch bei der belanglosesten Kleinigkeit von jeder Menge Deppen bestürmt. Wen wundert es da eigentlich, dass keine guten Leute mehr Schiedsrichter machen wollen? Und wenn wundert es noch ernsthaft, um das Bild wieder zu verlassen, dass sich keiner mehr in unserer Gesellschaft engagieren will?

„Von allen guten Geistern verlassen“

Das ist inzwischen leider mehr als nur eine schöne alte Phrase, es ist bittere Realität. Jetzt kann man resignieren, mitheulen und mit den Ketten klappern – oder versuchen, seinen kleinen Beitrag zu leisten. Indem man kein eiskaltes Gespenst, sondern ein echter Mensch ist. Mit Ecken, Kanten, eigener Meinung und mit Herz, Verstand und Gefühl.

Ja, ich bemängele bei euch so vieles, was ich selbst schlecht einhalten kann. Letztendlich bin ich doch auch nur ein kleiner Huibuh, der geliebt werden will, so wie ihr in eurem tiefsten Herzen doch auch. Und das ist doch auch gut und schön so. Teilen wir das doch einfach miteinander. Es ist genug für alle da.

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