Durstiges Brauerei-Quartett: Bierschwund im Wert von 100.000 Euro bei Kuchlbauer

Abensberg/Regensburg. Die Staatsanwaltschaft Regensburg legt Ermittlungsergebnisse vor: Ein Mitarbeiter-Quartett der Brauerei Kuchlbauer in Abensberg (Landkreis Kelheim) soll Bier im Wert von 100.000 Euro beiseitegeschafft und zum Teil weiterverkauft haben.

Der Brauereigasthof Kuchlbauer in Abensberg. Archivfoto: Jürgen Herda

„Gott gibt den Verstand, der Hopfen nimmt ihn“, lautet ein alter Trinkspruch. Drei Bierfahrer und ein Lagerist der Abensberger Brauerei Kuchlbauer im Alter zwischen 50 und 64 Jahren scheinen sich ihren nachhaltigen und langfristigen Bierraub schöngesoffen zu haben.

Das ergeben die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Regensburg. Die vier Beschuldigten aus dem Landkreis Kelheim versteckten palettenweise Bier in einem angemieteten Container bei einem Wertstoffhof im Landkreis – teils, um sich selbst daran zu laben, teils, um das eigene Wirtshaus zu versorgen, teils, um sich am Verkauf zu bereichern.

Bandendiebstahl ist kein Mundraub

Bei dieser Menge dürfen die Missetäter nicht mehr darauf hoffen, vom gnädigen Richter eines königlich-bayerischen Amtsgerichts wegen eines aus der Not geborenen Mundraubs milde bestraft zu werden. Zu groß ist der Bierschwund der geschädigten Brauerei, zu hinterkünftig die Vorgehensweise des durstigen Gespanns.

Vielmehr läuft die Truppe Gefahr, „als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat“ wegen „Bandendiebstahls“ laut Strafgesetzbuch (§ 244) schuldig gesprochen zu werden. Bei einer Verurteilung droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Rausch-Äquivalent von 72.000 Litern Bier

„Die Fahrtenbücher mussten aufwendig ausgewertet werden, um festzustellen, wann welche Beschuldigten welche Touren fuhren“, erläutert Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher die Ermittlungsarbeit. Für jede einzelne Tour wurde die jeweils wechselnde Beteiligung der vier Männer abgeklärt – ein Beschuldigter soll bei über 150 Einzelfällen beteiligt gewesen sein, ein anderer nur bei wenigen Touren. Als der Bierschwund im November 2022 aufflog, wurden Spinde, Autos und Wohnungen der vier Verdächtigen durchsucht.

Bei der Ermittlung der gestohlenen Biermenge im Tatzeitraum zwischen 2019 und 2022 kommt die Staatsanwaltschaft Regensburg auf 180 Paletten zu je 40 Kästen: die stattliche Menge von 7200 Bierkästen mit einem Gesamtwert von 100.000 Euro. Übereinandergestapelt ergeben die Kästen eine Höhe von gut 2000 Metern – dagegen verschwindet der Hundertwasser-Turm, den Brauerei-Urgestein Leonhard Salleck 2010 eröffnete. Das Rausch-Äquivalent von 72.000 Litern Bier müsste freilich individuell ermittelt werden.

Hundertwasser-Turm und Brauerei-Museum. Foto: Jürgen Herda

Fürs eigene Wirtshaus abgezweigt

Wie schafft man über Jahre unbemerkt einen derart gewaltigen Biervorrat zur Seite? Nach den Erkenntnissen der Ermittler sollen die Diebeskollegen konsequent bei jeder Ausliefertour eine oder zwei Paletten mehr auf den Brauerei-Lastwagen gehievt haben als bestellt. Bei dem angemieteten Container deponierten sie das flüssige Gold. Aus dem provisorischen Lager soll einer der Bierräuber das eigene Wirtshaus versorgt haben.

Zwei der Mitarbeiter sollen bereits ihnen zur Last gelegte Tatbestände – gegebenenfalls strafmildernd – eingeräumt haben. Einem Beschuldigten wird zudem Hehlerei angelastet. Alle vier seien inzwischen nicht mehr bei der Brauerei Kuchlbauer (rund 80 Beschäftigte) angestellt – auch wenn für das Quartett selbst nach Abschluss der Ermittlungen die Unschuldsvermutung gilt, wie die Staatsanwaltschaft betont.

Kuchlbauers Brauereimuseum in Abensberg. Foto: Jürgen Herda

Brauerei zum Kuchlbauer

Die mittelständische familiengeführte Privatbrauerei zum Kuchlbauer GmbH & Co. KG mit Sitz in Abensberg (Niederbayern) ist auf die Herstellung von Weißbier spezialisiert. Zu ihr gehört eine Besucherbrauerei mit dem rund 35 Meter hohen Kuchlbauer-Turm, ein Entwurf des Wiener Künstlers Friedensreich Hundertwasser basiert.

Die Brauerei Kuchlbauer dürfte die älteste Braustätte der Stadt Abensberg sein – und eine der ältesten Brauereien in Bayern. Die erste urkundliche Erwähnung der Brauerei am Stadtplatz von Abensberg gegenüber dem Rathaus stammt aus dem Jahr 1499. Am 7. Januar 1751 wurde das gesamte Anwesen an Joseph Amann verkauft, der als Kuchlpaur die bischöfliche Küche des Hochstifts an der Porta Praetoria in Regensburg mit Lebensmitteln versorgte. Seit dieser Zeit trägt die Brauerei den Beinamen „zum Kuchlbauer“.

Am 1. Juli 1902 erwarb Joseph Krieger aus Riedenburg die Brauerei, die er am 25. Februar 1904 an seine Tochter und deren Bräutigam Michael Salleck aus Abensberg übergab. Mit deren Hochzeit am 5. April 1904 gingen die Brauerei, der Brauereigasthof, der Gutshof und die zugehörige Landwirtschaft in den Besitz der Familie Salleck über.

1969 übernahm Bräu Leonhard Salleck die Geschäftsführung der Brauerei zum Kuchlbauer. Unter seiner Führung spezialisierte sich die Brauerei auf die Herstellung von Weißbier. Im Jahr 2014 trat Sallecks Sohn Jacob Horsch in die Geschäftsführung der Brauerei zum Kuchlbauer ein. Er leitet das Unternehmen in neunter Familiengeneration.

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