Bockboanig [ˈbɔkbaɪ̯nɪç]: Bye-bye Alex, ich tanz’ auf deinem Grab!

Nordoberpfalz. Heute ist Feierabend für den „Alex“ zwischen Hof und München – eine gute Gelegenheit, einmal seinen Pendlerfrust loszuwerden und noch etwas nachzutreten. Eine Glosse.

Willkommen im Club mit der exklusiven Deutschlandkarte – als Pendler muss man viel ertragen. Foto: OberpfalzECHO/Andrea Schreiber

Lieber Alex, in der Regel bin ich immer ein Freund derer gewesen, die es nicht leicht im Leben hatten und die es nicht schaffen, irgendwie Fuß zu fassen – so wie du. Aber als Pendler der relativ überschaubaren Strecke Schwandorf – Weiden habe ich in gut einem Jahr Dinge erlebt, da könnte man Bücher darüber schreiben und überdurchschnittlich oft standest du dabei im Mittelpunkt.

Hey, hier kommt Alex, Vorhang auf für ein kleines bisschen Horrorshow! Textzeile Die Toten Hosen

Eigentlich als flottes Projekt eines “privaten” Anbieters konzipiert, ist das Produkt Alex den Entscheidern der Länderbahn komplett aus dem Ruder gelaufen. Selbstverständlich weiß ich, dass es schwer zu koordinieren und zu organisieren war, wenn man das vorgegebene Zeitfenster ab Regensburg Richtung München nicht mehr schafft und deshalb der Zug eher enden musste. Deshalb gebe ich auch gerne zu, dass der Alex jetzt für meinen Gesamtfrust herhalten muss. Aber kaum etwas komprimiert alles, was dem Pendler (ganz wichtig – nicht “Bahnkunde” oder Ähnliches) so auf den Senkel geht, wie dieser Chaoszug.

Man wird ja demütig, irgendwann übernimmt man die Einstellung der Bahn “Heul doch, du Pen(n)dler, du bist doch sowieso auf uns angewiesen” und ergibt sich mit einem resignierten “Ja mei” seinem verkehrstechnischen Schicksal. So befindet man sich letztendlich in dem Zustand, den sich jede Ehefrau für ihren Gatten wünscht: gebrochen, aber nicht kaputt.

Wer kaum mit der Bahn fährt, dachte sicherlich einst frohgemut: “Wie praktisch, mit dem Zug zum Flughafen München, da geht ja bis Freising einer ohne Umsteigen durch. Zug? Geht durch? Ohne Umsteigen? Süß! Ich habe im Alex an einem Freitagnachmittag schon Männer in Tränen ausbrechen sehen (kein Witz!), als mal wieder die Durchsage kam, dass der Zug dann doch ganz spontan in Schwandorf endet.

Aber Service ist schließlich Trumpf, so erging freundlicherweise der Hinweis, dass man doch bitte mit Kind & Kegel in die Oberpfalzbahn umsteigen möchte. Die würde dann schon mal nach Regensburg fahren. Dort müsse man sich dann halt erkundigen, wie man weiterkommt. Das klitzekleine Randdetail, dass die flotten gelben Triebwagen nur etwa ein Drittel der Aufnahmekapazitäten des Alex besitzen, muss den Verantwortlichen wohl hierbei entfallen sein. Kann ja mal vorkommen. Oder auch zweimal. Oder meistens. Das Fazit: Selten war ich so glücklich, in Schwandorf zu wohnen. Für den Rest gilt: “Dann heul doch…”

Pendlersein ist nichts für Weichflöten

“Chuck Norris nutzt nicht den ÖPNV, er fährt Alex”, so ließe sich die sprichwörtliche dicke Haut des Pendlers vielleicht ganz gut umschreiben. Aber selbst der wäre mitunter sogar völlig entnervt auf ein Liegefahrrad umgestiegen, wenn er nur irgendwie das Gefühl gehabt hätte, voranzukommen.

Noch mehr Drama gefällig? Aber bitte gerne, vielleicht mit einer kleinen Anleihe aus der Passion: “Und er fiel ein drittes Mal auf dem Bahnsteig: gegeißelt, getreten, erniedrigt und von allen Menschen verlassen…” Das ist zugegebenermaßen harter Tobak, gehört aber zum Erlebnisschatz eines durchschnittlichen Pendlers.

Was wurde eigentlich die letzten Jahrzehnte für den Bahnausbau getan?

Kurz zusammengefasst: Nix und ein passender Verkehrsminister dazu. Das war es schon. Hat ein Statiker moniert, dass man über eine Brücke nicht mehr mit 150 km/h fahren konnte, dann hat man halt eine Langsamfahrstelle mit 80 km/h gemacht. Verkehrsminister waren für sowas sowieso nie wirklich zuständig. Und war sie gar nicht mehr befahrbar, macht man halt einen Schienenersatzverkehr. Die Straßen sind ja in der Regel bestens gepflegt.

Wie wird man eigentlich Verkehrsminister und so oberster Wächter über Busse und Bahn? Wir kennen ja alle das lustige Kinderspiel “Reise nach Jerusalem”. Wenn also eine neue Regierung gebildet wird und in der Koalitionsverhandlung alle halbwegs passablen Posten und Pöstli vergeben sind, darf um 4.30 Uhr nachts der designierte Kanzler laut sein Lieblingslied auf dem Handy vorspielen. Wenn das verstummt, müssen sich die restlichen zehn Kandidaten einen der neun im Kreis platzierten Stühle suchen. Wer keinen bekommt, ist Verkehrsminister.

Es geht weiter wie immer

Das erklärt nicht nur das Produkt Alex. Leider fehlt mir auch die Fantasie, dass es überhaupt irgendwelche Fortschritte auf der Schiene geben wird. Stattdessen bange ich als kleiner Pendler wieder, dass die Streiks irgendwann enden, die Strecke irgendwie frei bleibt und das Deutschlandticket nicht abgeschafft wird. Dann würde ich nämlich für das umfangreiche Leistungspaket auf der etwa 45 Kilometer langen Strecke Schwandorf – Weiden wieder die mikroskopische monatliche Schutzgebühr von 227 Euro bezahlen (nur für diese Strecke). Heul doch, du Opfer – der Bahn ists wurscht!

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