Servus, „Alex“! DB-Regio übernimmt die Strecke von Hof nach München von der Länderbahn

Weiden. Er fuhr so lange, wie Helmut Kohl regierte: Nach 16 Jahren ist am 10. Dezember Feierabend für den „Alex“ zwischen Hof und München. Die DB-Regio übernimmt die Strecke von der Länderbahn. „Pro Bahn“-Sprecher Lukas Iffländer erklärt Ursachen und Folgen.

Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender von „Pro Bahn“. Der „Alex“ ist zunächst nicht vom Streik betroffen. Collage: jrh/Länderbahn/Fahrgastverband „Pro Bahn“

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 hat die Länderbahn die Ausschreibung des Astes nach Hof an die DB Regio verloren. Sie verkehrt künftig nur noch Richtung Prag. „Allerdings gibt es weiterhin zwei Alex-Züge täglich zwischen München und Marktredwitz als Verdichterzüge“, erklärt Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender von „Pro Bahn“. „Das bringt Richtung Süden zehn und nach Norden vier Minuten Zeitgewinn.“

Welche Kriterien haben zum Verlust des Auftrags geführt? „Die Bayerische Eisenbahngesellschaft schreibt einige Qualitätskriterien vor“, sagt Iffländer, „die muss ein Unternehmen erfüllen.“ Darüber hinaus gebe es eine Bewertung der Angebote nach Qualität und Preis: „Wobei der Preis den größten Anteil ausmacht – sprich, die Länderbahn war vermutlich teurer.“

Pünktlicher, mehr Platz, andere Zeiten

Vorteil für die Bahn-Kunden: „Durch den Wegfall der Rangiererei in Schwandorf sollte sich die Pünktlichkeit sofort massiv verbessern.“ Auch die Kapazität der Züge werde zunehmen. „Weil die Bahn keine Rangierer für Regensburg gefunden hat, wird die Strecke durchgehend mit fünf Doppelstockwagen statt der geplanten drei fahren.“ Durch die Einführung des Flügelzugkonzepts in Schwandorf habe die Qualität zuletzt stark abgenommen. „Dadurch kam es zu massiven Verspätungen“, erklärt Iffländer. „Dazu kamen die Kontrollen an der tschechischen Grenze.“

Die Fahrgäste müssen sich in Zukunft lediglich an neue Abfahrtszeiten gewöhnen: „Die jeweilige Fahrzeit verschiebt sich um eine Stunde.“ Fahre man bislang um 10.41 Uhr in Weiden mit dem „Alex“ in Richtung München, werde der Zug der DB-Regio künftig um 9.44 und um 11.44 Uhr fahren. In der Gegenrichtung gelte dasselbe. „Beim ,agilis‘ nach Bayreuth wird außerdem eine Taktlücke geschlossen.“

„Das Grauen aller Pendler“

Nach anfänglicher Freude über den „Alex“, der den Fernverkehr, eine schnelle Verbindung aus der Oberpfalz nach München, zurückgebracht hat, wurde die Kritik am Betreiber Länderbahn immer schärfer. Das Personal des „Alex“ sei für „besonderes Kommunikationstalent nicht bekannt“ und „die Sauberkeit lasse oftmals zu wünschen übrig“, ist in Foren zu lesen. In einem bayernweiten Bahn-Vergleich landete der „Alex“ 2022 auf dem letzten Platz. Kenner nennen den Zug „das Grauen aller Pendler“. Warum hat die Länderbahn noch mehr Probleme mit Personalmangel als die DB?

„Die alten Abteilwagen sind nicht unbedingt auf einfache Reinigung optimiert“, erklärt der „Pro Bahn“-Verfechter. „Einen Abteilwagen mal schnell durchzuwischen, dauert deutlich länger, als bei einem Großraumwagen, und in den Spalten versinkt der Dreck stärker.“ Zudem seien die Wagen inzwischen sehr alt. „Die Basiswagen sind teilweise aus den 70ern und wurden mehrfach modernisiert.“ Das bedeute bei Personalmangel natürlich auch, dass dieser noch stärker auffalle.

DB verfügt über „Restbeamte“ in der Nordoberpfalz

Die Deutsche Bahn habe dagegen gerade in Nordostbayern noch einen nennenswerten Bestand an „Restbeamten“, die zusätzliche Stabilität verleihen. „Deswegen geht bei Streik in unserer Ecke auch noch recht viel.“ Generell habe die Länderbahn beim Alex schon länger das Problem, dass der Auftrag immer nur für drei Jahre vergeben werde und man deshalb neuen Beschäftigten nur schwer eine Perspektive bieten könne.

„Das fehlende Kommunikationstalent kann ich übrigens bestätigen“, sieht der Neunkirchener (Weiden) aber auch Defizite. „Ich bin auf den letzten Fahrten mit dem ,Alex‘ nie kontrolliert worden, obwohl genug Personal im Personalabteil saß.“ Wobei er verstehen könne, dass die Mitarbeiter irgendwann resigniert aufgäben: „Wenn man jeden Tag nur noch die Durchsagen macht, wie lange man in Furth im Wald auf den Zugteil aus Prag wartet.“

Bahn als Comedy-Dauerbrenner

Die Deutsche Bahn AG ist seit der mehr-oder-weniger-Privatisierung mit Sparkurs zum Dauerbrenner in Comedy-Sendungen geworden. Aber offensichtlich lässt sich der Personennahverkehr privat, etwa mit der Länderbahn GmbH (DLB), auch nicht besser organisieren. Fehlt das nötige Kapital? „Es gibt durchaus auch positive Beispiele“, sagt Iffländer. „Das sind vor allem Netze, bei denen die Fahrzeuge vom Aufgabenträger oder durch die Hersteller gestellt sind.“ Ein solches Beispiel sei der Rhein-Ruhr-Express (RRX) in NRW. „Hier sind mit den neuen Fahrzeugen, die direkt von Siemens kommen und für deren Verfügbarkeit Siemens haftet, Pünktlichkeit und Zufriedenheit massiv gestiegen.“

Ein anderes positives Beispiel sei „agilis“ – „wenn nicht gerade wie letztens alle Entleerungsanlagen für die Toiletten gleichzeitig ausfallen.“ Die „agilis“-Eisenbahngesellschaft nehme seit Jahren Spitzenplätze bei den Qualitätscharts ein. „Ich glaube, es geht da sehr stark um die Unternehmenskultur und die ist bei ,agilis‘ schon anders als bei der Länderbahn, speziell beim Alex. Man geht da aktiver auf den Kunden zu.“

Ab 2025 braucht die Bahn Budget

Ein Blick in die Zukunft: Wenn man die multiplen Krisenlagen einschließlich Haushalts-Dilemmata betrachtet, kann man sich schwer vorstellen, dass mittelfristig ausreichend in das Schienennetz investiert wird. Welche Chancen haben Pendler im ländlichen Raum in absehbarer Zukunft, ohne Auto den Alltag zu bewältigen? „Zum Glück brauchen wir große Teile des Budgets erst 2025 oder danach“, ist Iffländer vorsichtig optimistisch, „sodass wir da vergleichsweise viel wegpuffern können.“

Neben mehr Geld brauche es vor allem einen Mentalitätswechsel, was Qualität und Instandhaltung angeht. „Das schönste Netz nützt uns nichts, wenn wegen Schnee alle Züge ausfallen.“ Mittelfristig sei man schon mit dem aktuellen Finanzhochlauf am Limit. „Egal ob bei der Deutschen Bahn selbst, in den Planungsbüros oder beim Eisenbahn-Bundesamt muss massiv Personal aufgebaut werden, und gleichzeitig müssen Planung und Genehmigung digitalisiert und teilautomatisiert werden, um die anstehenden Projekte zu meistern.“

Mentalitätswechsel für ÖPNV auf dem Land

Parallel gehe es darum, genügend Mittel bereitzustellen, wenn Ende des Jahrzehnts zahlreiche Projekte in die Bauphase kommen. „Für Auto-frei auf dem Land braucht es neben Bahn auch gut erschließende Busverkehre.“ Hier sei ein Mentalitätswechsel nötig. Es müsse Schluss sein mit: „Das lassen wir den lokalen Busunternehmer machen und zahlen ihm ein paar Groschen für den Schülerverkehr.“

Stattdessen seien klare Standards erforderlich: „Etwa im Stundentakt an Werktagen von 5 bis 22 Uhr.“ Dazu müsse man Geld in die Hand nehmen. „Das ist Aufgabe von Landkreisen und kreisfreien Städten.“ Die Standards aber müssten einheitlich vom Freistaat kommen. Ob sich die Kommunen mit angespannter Haushaltslage da freuen, von wegen Subsidiaritätsprinzip?

DB holt Feedback ein

Lob gibt’s auch für die Bahn vom Fahrgastverband: Die DB-Regio Nordostbayern sei etwa in puncto Teilung des Regionalexpresses aus Nürnberg Richtung Weiden in Neunkirchen auf die „Pro Bahn“-Kritik sehr gut eingegangen – dort waren die Fahrgäste permanent verunsichert, welcher Zugteil nun wohin fährt. „Mit DB Regio Nordostbayern haben wir einen losen Austausch seit vielen Jahren“, erklärt Iffländer. „Sowohl mit dem damaligen Chef Herrn Domke als auch jetzt mit Herrn Schörner tauschen wir uns zu unterschiedlichen Themen aus.“

Die DB stelle dem Verband ihre Planungen vor, zeige aber auch ehrlich die Herausforderungen auf. „So waren wir bereits im Voraus über die Probleme der fehlenden Zugdeckungssignale in Marktredwitz und Lichtenfels, sowie über das Übergangskonzept für neue Fahrzeuge zwischen Coburg und Bamberg informiert.“ Die DB hole proaktiv das Feedback der kritischen Bahn-Fans ein und bitte um Verbesserungsvorschläge.

„Getrennt marschieren, vereint schlagen“

„Pro Bahn“ und die „Deutsche Bahn“ sprächen sogar über gemeinsame Ziel: „Getrennt marschieren, vereint schlagen, ist eine sinnvolle Strategie, die man aus unterschiedlichen Richtungen gemeinsam anstoßen kann.“ Ein Beispiel sei das Thema Zukunft der Neigetechnik, für die sich beide Seiten einsetzen.

„Mit ,agilis‘ bauen wir ein solches System auch gerade auf“, sprechen die Verbandsvertreter auch mit privaten Anbietern. Mit der Länderbahn haben wir einen solchen Austausch nur bei den mitteldeutschen ‚Pro Bahn‘-Kollegen zum Vogtlandnetz – ich hoffe aber, dass wir in Folge des Führungswechsels bei der Länderbahn auch hier zu einem semi-regelmäßigen Austausch kommen.“

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Der Weidener Bahnhof soll attraktiver werden – 110.000 Euro gibt es dafür vom Bund.

Zur Person: Vom „heavy User“ zum „Pro Bahn“-Aktivisten

Lukas Iffländer ist nach dem Abitur im Kepler-Gymnasium zu Beginn seines Informatik-Studiums – Schwerpunkt IT-Security – in Würzburg als „heavy User“ der Bahn jedes Wochenende nach Weiden gependelt. „Schon damals war die Pünktlichkeit im Fernverkehr unter aller Sau“, sagt der 33-jährige Neunkirchener.

Aber sogar Verspätungen haben ihre guten Seiten: „Beim Warten auf einen verspäteten ICE in der Bahnhofsbuchhandlung habe ich dann die Zeitschrift von ,Pro Bahn‘ entdeckt und bin, als mir das ein zweites Mal passiert ist, Mitglied geworden.“ Seitdem habe er sich aktiv in das Thema eingelesen, tausche sich auf der Fachebene aus und konnte auch beruflich in der Branche schon Erfahrungen gewinnen.

Und woher rührt Iffländers Affinität zur Bahn? „Ich könnte jetzt auf meine Modellbahn im Kinderzimmer verweisen“, sagt der „Pro Bahn“-Vize, „aber Bahn-Fan bin ich hauptsächlich, weil sie für mich das angenehmste Verkehrsmittel ist“, konstatiert er. „Je nach Laune kann ich arbeiten, schlafen oder ein Bier trinken – alles Dinge, die im Auto nur schwer oder gar nicht gehen.“

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2 Kommentare

Marc - 24.01.2024

Bis jetzt konnte ich sicher mit dem Alex von Hof nach München fahren. Nach der RB Übernahme am 28.01.24 komme ich mit der Bahn von Hof nach München gar nicht hin. Der nächste DB Witz… Leider nicht Lustig.

Bernhard - 08.12.2023

Das Problem für die extremen Verspätungen des Alex sind vor allem die Verspätungszeit die aus der Tschechischen Republik mitgebracht werden. Lange Zeit habe ich das verfolgt und festgestellt, dass die Verspätungen fast immer (mit Ausnahme von Bauarbeiten in CZ) in Pilsen gemacht werde. Das deutsche Zug Personal muss dann von den Fahrgästen aus CZ den Frust ausbaden. Zudem baut sich die Verspätung dann noch auf durch die Eingleisige Streckenführung zwischen Pilsen und Schwandorf die durch systematisches zu Tode sparen. Keine Investition z.b. zweigleisiger Ausbau zumindest auf Bayerischer Seite, Anpassung des Fahrplanes an die Gegebenheiten. 5 Minuten Verspätung bauen sich durch die Streckenführung extremst auf, da die auch die Kreuzungsmöglichkeiten zu wenig sind. Dies sollte man sich einfach Mal durch den Kopf gehen lassen.