Das Aus des Krankenhauses Tirschenreuth in der jetzigen Form ist besiegelt
Tirschenreuth/Weiden. Der mit großer Spannung und auch einigen Hoffnungen verbundene Termin von Politikern und Ärzten im Bayerischen Gesundheitsministerium brachte eine bittere Erkenntnis für das Krankenhaus Tirschenreuth.
Nur Optimisten haben noch daran geglaubt, dass das Krankenhaus Tirschenreuth so erhalten bleibt, wie es ist: als Akutkrankenhaus mit einer Rund-um-die-Uhr-Notfallversorgung. Diese Hoffnung ist spätestens am Dienstag gestorben. Nach dem Gespräch im Gesundheitsministerium in München ist klar, dass es das Haus Tirschenreuth in seiner jetzigen Form ab 1. April nicht mehr geben wird. Künftig soll dort ein „internistisches Fachkrankenhaus und Zentrum für Altersmedizin“ entstehen.
Rettungshubschrauber sollen länger fliegen
Auf Vermittlung des Landtagsabgeordneten Tobias Reiß (CSU) hatten sich Tirschenreuths Landrat Roland Grillmeier, der Vorstand der Kliniken Nordoberpfalz (KNO), Michael Hoffmann, KNO-Aufsichtsratsvorsitzender Jens Meyer und die Bürgermeister Franz Stahl (Tirschenreuth) und Bernd Sommer (Waldsassen) auf den Weg nach München gemacht. Mit dabei auch die Ärzte der „Initiative Klinik retten“, Dr. Wolfgang Fortelny, Dr. Mathias Kalkum und Dr. Hans-Jürgen Jokiel sowie der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Roland Engehausen und der ärztliche Landesbeauftragte für den Rettungsdienst, Dr. Michael Bayeff-Filloff.
An der gemeinsamen Erklärung über den Inhalt des Gesprächs, das laut Reiß „in sehr sachlicher, fachlich fundierter und konstruktiver Atmosphäre“ verlaufen sei, hatten die Beteiligten aus der Nordoberpfalz lange gebastelt. Als Ausgleich für die geplanten Maßnahmen soll das Rettungskonzept für Notfälle überarbeitet werden. Erster konkreter Schritt: Die Flugzeiten für die Rettungshubschrauber in Weiden, Bayreuth und Regensburg sollen erweitert werden.
Nur ein Drittel nach Tirschenreuth
KNO-Vorstand Hoffmann erläuterte im Ministerium, dass die Umstrukturierung unumgänglich sei, wolle man die medizinische Versorgung in der Region weiter gewährleisten. „Tirschenreuth wird nicht geschlossen, sondern zu einer ambulant-stationären Versorgungseinrichtung.“ Lebensbedrohliche Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt würden auch jetzt schon nicht mehr in Tirschenreuth behandelt. Rettungsdienst-Landesbeauftragter Bayeff-Filloff bestätigte dies: „Nur etwa ein Drittel der Fahrten des Rettungsdienstes im Landkreis erfolgen nach Tirschenreuth.“ Allerdings müsse künftig gesichert sein, dass es in Weiden und Marktredwitz ausreichend Kapazitäten gebe.
„Weitere Wege, längere Bindung“
Die Sprecher der „Initiative Klinik retten“ wiesen darauf hin, dass durch die geplante KNO-Reform die medizinische Versorgung nicht mehr in der bisherigen Form gewährleistet sei. Mit dem Wegfall der Notaufnahme würden weitere Wege und eine längere Bindung der Rettungsmittel in Kauf genommen, so die Notärzte. Ihre Hauptforderung war, die Veränderungen so lange aufzuschieben, bis die Krankenhausreform in Kraft trete.
Im Gespräch mit Gesundheitsministerin Judith Gerlach wurde aber schnell klar, dass die Notaufnahme und damit das Krankenhaus Tirschenreuth in der bisherigen Form keine Zukunft haben. Dennoch wollen die Notärzte nicht aufgeben. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagte Dr. Wolfgang Fortelny und verweist auf die fast 60.000 Menschen, die die Petition unterschrieben haben. „Es ist wichtig, den Menschen klar zu sagen, was diese Veränderungen ab 1. April für sie bedeuten“, heißt es in der Mitteilung. Die Notärzte blieben bei der Meinung, dass sich die medizinische Versorgung verschlechtern werde. Man habe aber nun ausreichend Informationen, warum eine Verzögerung der Maßnahmen kaum Gewinn bringen würde.
„Veränderungen unumgänglich“
Landrat Roland Grillmeier betonte, ihm sei klargeworden, dass man kleine Häuser nur durch Umbau erhalten und nur so die medizinische Versorgung vor Ort gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten sichern könne. Jetzt sei die KNO gefordert, dies mit den Ärzten abzustimmen und bestmögliche Lösungen zu finden.
Gesundheitsministerin Gerlach wird wie folgt zitiert: „Situationen wie in Tirschenreuth zeichnen sich in ganz Bayern ab. Die von der Bundesregierung angekündigte Krankenhausreform strebt eine Konzentration von Krankenhäusern und stärkere Spezialisierung an. Dieses Vorhaben wird die Möglichkeiten einer dezentralen stationären Notfallversorgung nicht verbessern.“ Die Pläne der KNO seien praktisch erforderlich und zu begrüßen. Alle Krankenhäuser in Deutschland und Bayern müssten sich verändern, weil sich auch die Versorgung und die medizinisch-pflegerischen Anforderungen veränderten und zudem die Finanzmittel und die verfügbaren Fachkräfte begrenzt seien. Die geplanten Umstrukturierungen brächten keine Versorgungseinbußen, insbesondere bei den zeitkritischen Notfällen. „Wichtig ist, dass der Krankenhausstandort in Tirschenreuth auch unter geänderten Vorzeichen eine gute Zukunft hat und das Personal in der Region gehalten werden kann, denn es wird dort dringend gebraucht.“
Petition von Landrat Andreas Meier
Unter dem Titel „Keine Spaltung der Nordoberpfalz bei der Gesundheitsversorgung“ – hat der Neustädter Landrat Andreas Meier (CSU) eine Petition initiiert, die sich mit der Zukunft der Kliniken Nordoberpfalz (KNO) AG befasst. Es ist sozusagen das Contra auf Vorwürfe, dass sich Weiden und Neustadt/WN bei der KNO „einen schlanken Hals“ machten, und eine Antwort auf die Proteste von Bürgern und Ärzten, die sich gegen die Strukturreform der KNO aussprechen. Deren Petition richtet sich auch an den Neustädter Landrat.
„Spaltung verhindern“
Auf seiner Facebookseite schreibt Meier, dass die Gesundheitsversorgung von einer Viertelmillion Menschen auf dem Spiel stehe, und teilt einen Link zu der Petition, die er selbst ins Leben gerufen hat. Wörtlich heißt es: „Die beiden Landkreise Tirschenreuth und Neustadt/WN und die Stadt Weiden verstehen sich als starke und verlässliche Partner, auch bei der gemeinsamen Gesundheitsversorgung. Nun wird leider aus verschiedenen Gründen versucht, einen Keil zwischen die drei Gesellschafter zu treiben und somit letztlich auch in das gemeinsame Unternehmen.“ Mit der Petition wolle er den Versuch der Spaltung verhindern. Eine Spaltung würde das Ende des gesamten Unternehmens und somit eine massive Gefährdung tausender Arbeitsplätze und der Gesundheitsversorgung von über 250.000 Menschen in der Region bedeuten.
Meier gilt als Befürworter eines Neubaus des Klinikums, für dessen Standort auch sein Landkreis infrage käme. „An dieser Frage wird sich die Gesundheitsversorgung in der Nordoberpfalz entscheiden”, sagte der Landrat kürzlich beim Neujahrsempfang der CSU Störnstein.
* Diese Felder sind erforderlich.
1 Kommentare
Das eben gelesene macht mich schlicht fassungslos. Sämtliche Warnung werden in den Wind geschlagen. Der Wille all derer, die das ganze Schlamassel wieder einmal bezahlen werden, einfach ignoriert. Auch unsere Kommunalpolitik war offensichtlich sehr leicht davon zu überzeugen, dass es eben nicht ander geht. Verlierer werden all jene sein, die in Zukunft auf schnelle Hilfe im Notfall angewiesen sein werden. Doch was bedeutet das schon. Hauptsache die Kasse stimmt am Ende. Als Waldsassener kommt mir das alles sehr bekannt vor. Erst „Umgestaltung“, dann Schließung. Was hier langfristig mit Tirschenreuth passieren soll, kann man sich wohl ausrechnen. Und ja, als mehrfach Betroffener weiss ich sehr wohl, wovon ich rede. Unter anderem dem schnellen Eingreifen von Herrn Dr. Fortelny in seiner Eigenschaft als Notarzt verdanke ich nicht weniger als mein Leben. Ich habe nun erst Recht große Bedenken für unsere Notfallversorgung in der Zukunft, und ich bin mir nicht sicher, ob diese Sorge von der Kommunalpolitik und den Betreibern der KNO erst genommen wird.