Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte – und versagen bei den Bewerbungen

Weiden. Seit Monaten beklagt die Wirtschaft einen akuten Fachkräftemangel. Das Beispiel einer nach einem adäquaten Arbeitsplatz suchenden, bestens ausgebildeten jungen Frau aus der Region lässt an der Ernsthaftigkeit dieses Hilferufs zweifeln.

Oft ist es zum Verzweifeln für Bewerber/innen. Meist kommt es noch nicht mal zu Gesprächen mit den Unternehmen. Foto: OberpfalzEcho

Mirjam Weiherer (Name geändert) müsste eigentlich heiß begehrt sein auf dem Arbeitsmarkt. Sie ist 30 Jahre alt, hat jeweils einen Bachelor-Abschluss als Wirtschafts-Ingenieurin und in Betriebswirtschaft, zudem eine abgeschlossene Berufsausbildung, Berufserfahrung und diverse Praktika. Weiherer ist eine dieser gut ausgebildeten Fachkräfte, von denen es gerade durch alle Branchen hinweg heißt, dass es viel zu wenige von ihnen gibt.

Ignoriert, vertröstet, vergessen

Doch als sie sich nach ihren Studien bei mehreren Unternehmen beworben hatte, machte sie viele schlechte Erfahrungen. Sie wurde ignoriert, kleingeredet, vertröstet, vergessen. Mirjam ist mit solchen Erfahrungen nicht allein. Denn obwohl der Arbeitgebermarkt längst ein Arbeitnehmermarkt ist und sich viele Menschen ihre Jobs aussuchen können, scheint das bei manchen Unternehmen bislang nicht angekommen zu sein. Fachkräftemangel? Demografie? Fremdwörter?

Nach einem Jahr noch keine Nachricht

Auf einige Bewerbungen hat die junge Frau bis heute keine Antwort bekommen. Nach einem Jahr und trotz Nachfragen. Das ist entweder schlampig oder gewissenlos, auf jeden Fall aber bar jeglicher Empathie und völlig unverständlich. Bei solchen Firmen möchte man eigentlich gar nicht erst arbeiten. Am enttäuschendsten für Mirjam Weiherer war die Absage eines großen Unternehmens aus dem Landkreis Neustadt/WN. Ausbildung, Berufserfahrung und Werdegang hatten hundertprozentig auf die Stellenausschreibung gepasst. Dass sie noch nicht einmal zu einem Gespräch eingeladen wurde, kann sie nicht begreifen, vermutet, dass bei der Stellenvergabe das berühmte Vitamin B ausschlaggebend gewesen sein könnte.

Von oben herab

Bewerber benötigen viel Durchhaltevermögen: Zwei Monate und mehr können von der Ausschreibung bis zur Besetzung vergehen, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Bewerbungsprozesse dauern im Schnitt 28,8 Tage. Das zeigt eine Studie von Glassdoor, eine der größten Bewertungswebsites für Jobs und Recruiting. Und die wenigen Bewerber werden auch noch lange hingehalten. Eine Befragung des Recruiting-Dienstleisters Softgarden ergab: Viele Firmen behandeln ihre Bewerber von oben herab.

Warum es die Unternehmen weiterhin nicht hinbekommen, den Bewerbern eine Absage zu schicken? „Die Firmen denken, dass es noch ein Arbeitgebermarkt ist. Sie haben ihre internen Prozesse nicht verändert“, sagt Stefan Wickenhäuser vom Marktforschungsinstitut Trendence. Unternehmen würden die Wichtigkeit von Mitarbeitern weiterhin nicht richtig einschätzen. „Entsprechend stiefmütterlich behandeln sie auch Personalabteilungen. Denen fehlt es oft an Etat, Kompetenz und Einfluss in der Firma.“ Dabei erreichten die offenen Stellen nach der Pandemie einen Rekordwert. Manche Unternehmen würden auch warten, ob sie noch jemand Besseren finden.

Es geht auch anders

Wie unkompliziert und schnell ein Bewerbungsverfahren laufen kann, hat Weiherers Freundin Hanne Buchinger erlebt. Mitte November schickte sie die Bewerbung ab, im Dezember hatte sie ein Vorstellungsgespräch, am 2. Februar fing sie den neuen Job an – bei einem großen Unternehmen in Weiden. Es geht also auch anders, obwohl das noch immer nicht die Regel ist.

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9 Kommentare

Gregor - 27.01.2024

@David – 14.12.2023 Genau David, und Handwerker sind keine Fachkräfte, weil sie noch nie geistig gearbeitet haben… (Ironie nun wieder off) Dude, informiere dich mal über ein Studium in Detail. Tipp: es gibt, jetzt festhalten: FACHsemenster. OMG

Regina Albertz - 16.12.2023

Ich suche auch schon eine Weile einen neuen Job. Da heißt es immer Fachkräftemangel? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass schon Fachkräfte gesucht werden, aber keine Firma ist bereit diese auch zu bezahlen. Es werden junge Leute gesucht mit 30 Jahren Berufserfahrung und dafür ist man dann bereit eine Bezahlung einer frisch ausgelernten Kraft zu investieren. Es ist wirklich zum Heulen. Da ist es kein Wunder, dass die Firmen Fachkräftemangel beklagen, wenn man nicht bereit ist für solche auch entsprechend zu bezahlen. Ja, da mit dem gar nicht melden auf eine Bewerbung habe ich leider auch mehrfach erlebt. Und ganz schlimm ist noch die Zuverlässigkeit. Es wird nach einem Gespräch gesagt, wir melden uns Anfang nächster Woche und leider meldet sich niemand.

Sylke Hofmann - 16.12.2023

Und was machen wir jetzt mit dem Wissen? Ändert der Artikel jetzt irgendetwas? Die Unternehmen versinken in Lethargie und die Absolventen werden auf Kaffee kochen reduziert oder bekommen unterbezahlte Angebote, die scheinbar motivieren sollen, sich hoch zuarbeiten. Gleichzeitig meckern wir über die GenZ, dass sie nix arbeiten wollen. Es wird Zeit, dass Unternehmen an der Zukunft schmieden und sich nicht auf der Vergangenheit ausruhen. Es wird sich vieles schneller ändern, als die Unternehmenslenker der letzten Jahrzehnte es erdenklich können.

Marko - 15.12.2023

Das stimmt nicht. Unternehmen suchen einen Senior Professional aber zahlen nicht gut und ihre Erwartungen sind nicht logisch.Meiner Meinung nach gibt es keinen Mangel an Arbeitskräften ist es besser zu sagen, Ihre Erwartungen sind nicht logisch. Es gibt viele gefälschte Anzeigen und Absagen.

Ingo Barkau - 15.12.2023

Das stimmt nicht. Es gibt keinen Fachkräftemangel sondern nur Unternehmen die nicht richtig zahlen. In Facebook sind jede Menge Fake Jobs ausgeschrieben. Das ist nur um künstlich Nachfrage zu generieren und Billigheimer nach Deutschland zu holen. Das muss unterbunden werden.

Anonym - 15.12.2023

Ich könnte ein Lied davon singen. Bewerbe mich seit Monaten. Bin Anfang 30, habe eine Berufsausbildung plus berufsbegleitendes Maschinenbauingenieurstudium. Habe Erfahrung in Theorie und Praxis. Doch entweder melden sich die Unternehmen gar nicht, oder es wird direkt abgesagt. Oder es kommt zu einem Gespräch, dann wartet man monatelang auf eine Antwort und bekommt darauf eine Absage. Ich habe das Gefühl, dass die Personalabteilungen gar nicht wissen, was los ist. Sie suchen und suchen. Oftmals habe ich mitbekommen, dass sie die Stelle mehrmals wieder auf Plattformen ausschreiben, obwohl man sich vor Monaten darauf beworben hat. Als würde man die eierlegende Wollmilchsau suchen. Obwohl meine Gehaltsvorstellungen unterhalb des Durchschnitts liegen, bleibt der Erfolg aus. Ich habe mal einen Artikel gelesen, in dem stand, dass Unternehmen Stellen ausschreiben, nur um zu zeigen: ‘Uns geht es gut, und wir suchen Personal.’ Ich bin echt gespannt, wo das hinführen soll.

Dampferlore - 14.12.2023

Herr Fürst, ihr Artikel spricht mir aus dem Herzen. So wie es ihrer “Frau Weiherer” ergeht, so ergeht es mir auch… Anfang 50, Techniker des Masch.-Bau und der Umweltschutztechnik, absolviere per Fernstudium ein MBA, General Management, 25 Jahre einschlägige Berufserfahrung im Bereich Automotive, weltweit Erahrungen gesammelt und meinen letzten Arbeitgeber mit aufgebaut. Von Vertrieb, Key Account und Abt., Bereichsleitung und 5 Jahre Geschäftsführung alles gemacht…. Kein Unternehmen woll mich mit meiner Expertise haben… Hab über 400 Bewerbungen geschrieben… Und das beste zum Schluss, ich bin völlig aufgeschoben umzuziehen, egal wohin… Hörte bereits 4 bis 5 mal, am Ende “Ob Sie sich hier bei uns im Schwabenländle, oder in Bayern wohlfühlen”…

Dimitri Roppelt - 14.12.2023

Das Problem ist ein ganz anderes: Unternehmen setzten für Herausfordernde Stellen meist eine besondere Qualifikation voraus. Einen Techniker, einen Meister oder einen Studiengang. Vom gelernten wird dabei nur überhaupt nichts angewendet. Wozu dann diese selbst erbaute Hürde? Kein Wunder, dass sich keine Bewerber finden. Mit ein wenig Menschenkentniss kann man die richtigen Leute in einigen Wochen auch ohne Doktor- und Professortitel anlernen. Schon ist das Fachkräfte Problem lösen. Natürlich sollte bei bestimmten Berufen anders vorgegangen werden.. Ärzte und Raketenbauer zum Beispiel sollten schon genau wissen, was sie da tun..

David - 14.12.2023

Wie kommen eigentlich studierte immer darauf das sie eine Fachkraft sind? Die haben noch nichts gearbeitet und null Erfahrungen gemacht. Für mich sieht eine Fachkraft anders aus..