Erinnerungen: Als Alois Glück und Heinz Donhauser die CSU-Raucher austricksten

Amberg. Die CSU trauert um Alois Glück, den viele als einen „wandelnden Vermittlungsausschuss“ in Erinnerung behalten. Der frühere Amberger Landtagsabgeordnete Heinz Donhauser hat eine besondere Beziehung zu „seinem“ ersten Fraktionsvorsitzenden: den gemeinsamen Coup gegen die Raucher in der Partei.

Der frühere Amberger Landtagsabgeordnete Heinz Donhauser erinnert sich an Alois Glück. Collage: jrh/OberpfalzECHO

Den Titel hat sich Alois Glück erarbeitet: Als „wandelnder Vermittlungsausschuss“ wurde der Bauernsohn aus dem Chiemgau nicht nur von Parteifreunden geschätzt. Seine Verhandlungstaktik brachte er auf einen Nenner: „Setzen Sie sich auf den Stuhl des Anderen“, hat er einmal zu einer Journalistin gesagt. Am Montag starb das umweltpolitische Gewissen der CSU im Alter von 84 Jahren in einer Klinik in München.

Den Ratschlag hat der langjährige CSU-Fraktionsvorsitzende in zahlreichen Positionen immer wieder selbst beherzigt. Etwa als Ministerpräsident Markus Söder den gelernten Landwirt als Vermittler zwischen Bauern, Naturschützern, Wirtschaft und Politik nach dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ positionierte.

Oder als streitbarer Unterstützer der Amberger Landtagsabgeordneten Maria Geiss-Wittmann, als die katholische Kirche die Schwangerenkonfliktberatung von „Donum vitae“ bekämpfte. Nicht zuletzt auch als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der sich couragiert für eine Aufklärung des Missbrauchsskandals einsetzte – im Zweifel auch gegen den bayerischen Papst Benedikt XVI.

Glück: „In der Umweltpolitik versagt“

Schon als Kreisvorsitzender der Jungen Union hat der ehemalige Amberger Landtagsabgeordnete Heinz Donhauser (1990 bis 2013) den profilierten Umweltpolitiker Glück zu einer Podiumsdiskussion nach Amberg eingeladen: „Damals ging es um das Waldsterben und die Frage, wie man in einer Wegwerfgesellschaft die Müllberge wieder reduzieren kann.“

Leider sei das der Politik nicht gelungen: „Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich ein neues Gerät in die Hand nehme, weil ich es nicht mehr selbst reparieren kann“, sagt der gelernte Elektriker Donhauser. Glück zog am Ende seines Lebens die bittere Bilanz: „Meine Generation hat bei dem Thema bitter versagt. Wir wissen seit 30 Jahren um die Realitäten durch entsprechende Gutachten.“

Saubere Luft im Fraktionszimmer

Zumindest in einem Punkt aber ist es den „grünen“ Christsozialen Glück, der 1988 Fraktionsvorsitzender wurde, und Donhauser, der 1990 in den Landtag einzog, gelungen, ihre Umwelt nachhaltig sauberer zu machen. „Glück war mein erster Fraktionsvorsitzender“, erinnert sich der Amberger Abgeordnete. „Bei Fraktionsbesprechungen saßen damals 123 Abgeordnete in einem Raum, von denen die Hälfte gepafft hat, was das Zeug hielt.“ Der Novize habe daraufhin mit dem „Alois“ geredet: „Da ist ein Nebel drin, das ist den Nichtrauchern nicht mehr zumutbar.“

Glück habe diplomatisch geantwortet: „Gut, wenn du den Antrag stellst, werde ich das vortragen und abstimmen lassen.“ Donhauser sei damals überhaupt nicht klar gewesen, was er damit lostrete. Der junge Abgeordnete mit seinen 39 Jährchen war für leidenschaftliche Raucher unter den Fraktionskollegen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten im Maximilianeum saßen, so etwas wie der Vorbote des: „Jetzt wollen sie uns auch noch das Rauchen verbieten!“ Glück stellte den Antrag zur Diskussion, ohne Namen zu nennen.

Kleiner Parteitag in Weiden 2001: (von links) Horst Seehofer, Emilia Müller, Alois Glück, Moderatorin Anuschka Horn, Josef Miller und Eberhard Sinner. Foto: OberpfalzECHO

Unaufgeregte „Methode Glück“

„Was da für Ausdrücke fielen, kann ich hier gar nicht zitieren“, sagt Donhauser verschmitzt grinsend. Schließlich kam es zur Abstimmung: „Die Nichtraucher setzten sich mit 52 zu 48 durch“, freute er sich diebisch. „Die Zeit arbeitete für mich.“ Zum Glück sei seines Wissens niemals herausgekommen, wer für das Ende der qualmenden Ära verantwortlich war. Bis heute … „Die hätten mich gefressen, wenn sie gewusst hätten, dass da ein 39-jähriger Neuling daherkommt und solche Anträge stellt.“

Zugleich zeigt das Beispiel stellvertretend für andere Konflikte die „Methode Glück“: „Er hat solche Entscheidungen ganz unaufgeregt, fast beiläufig herbeigeführt, ohne die Emotionen weder der einen noch der anderen Seite hochkochen zu lassen.“ Nach dem Motto: Wo kein Verursacher zu identifizieren ist, da kann man auch keinen Sündenbock festnageln.

Kondolenzbuch zum Tod von Alois Glück im Bayerischen Landtag. Foto: OberpfalzECHO

Ein politisches Leben

Alois Glück wuchs auf einem Bauernhof in Hörzing mit zwei Schwestern auf. Sein Vater fiel am 7. Juni 1944 in der Normandie bei La Cambe. Schon mit 17 Jahren übernahm der Halbwaise die Verantwortung auf dem Hof. Von 1964 bis 1971 war er Landessekretär der Katholischen Landjugendbewegung Bayerns, bildete sich zu den Themen Jugend- und Erwachsenenbildung sowie im Bereich Journalismus fort. Von 1966 bis 1970 war Alois Glück freier Mitarbeiter bei diversen Rundfunksendern, unter anderem ständiger freier Mitarbeiter beim Bayerischen Rundfunk.

1970 wurde Glück für die CSU in den Bayerischen Landtag gewählt. Zu Beginn seiner politischen Tätigkeit fokussierte er sich auf die Sozialpolitik mit Akzent auf der Behindertenhilfe. Glück hatte im familiären Umfeld schon früh Erfahrungen mit Behinderung gemacht; seine ältere Schwester saß wegen Kinderlähmung im Rollstuhl und sein Sohn ist schwerstbehindert.

Von 1974 bis 1986 war er Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen. Unter der Leitung Glücks wurde das CSU-Programm „Umweltpolitik in den 80er Jahren“ sowie das Grundsatzpapier „Fortschritt im Dienste des Lebens – Wege und Ziele der Fortentwicklung der Industriegesellschaft“ erarbeitet. Alois Glück zählt zu den Pionieren der Umweltpolitik in Deutschland.

1986 berief ihn Franz Josef Strauß zum Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, seit 1988 führte er als Vorsitzender die CSU-Landtagsfraktion und von 1994 bis 2007 den CSU-Bezirksverband Oberbayern. Er war Mitglied im Parteivorstand, im Parteipräsidium und Vorsitzender der CSU-Grundsatzkommission. 2003 wurde er zum Landtagspräsidenten gewählt. Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Landtag 2008 war er mit 38 Mandatsjahren der dienstälteste Parlamentarier in Deutschland.

Im März 2011 nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima berief Bundeskanzlerin Merkel Glück in eine neu geschaffene Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung. Als Ergebnis entstanden Leitgedanken für das Gemeinschaftswerk „Energiezukunft Deutschlands“. Von Juli 2011 bis Oktober 2016 war er auch Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung, einem Beratungsgremium der Bundesregierung.

Von 1983 bis zu seinem Tod gehörte Glück dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an. Am 20. November 2009 wurde er mit 169 von 189 Stimmen zum Nachfolger von Hans Joachim Meyer als Präsident des ZdK gewählt. Er ließ seine Ämter bei dem in Teilen des Episkopats umstrittenen Verein „Donum vitae“ ruhen, blieb aber Mitglied. In Reaktion auf die im Januar 2010 aufbrechende Diskussion über sexuellen Missbrauch in der Kirche forderte Glück als Präsident des ZdK mit Nachdruck eine offene und ehrliche Diskussion, bei der vor allem die Erfahrung der Betroffenen im Mittelpunkt stehen müsse.

Glück war verheiratet und Vater zweier Kinder. Er starb am 26. Februar 2024 im Alter von 84 Jahren in einer Klinik in München.

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