Weidens Windpotentialanalyse weckt Emotionen
Weiden. Einen unerwartet hohen Zuspruch fand die Vorstellung der Windpotentialanalyse im großen Saal des Weidener Rathauses. Dabei waren durchaus große Emotionen auf Seiten der Bürgerschaft zu erkennen.

Hoch erfreut zeigte sich Weidens Oberbürgermeister Jens Meyer über das große Interesse an der Veranstaltung, bei der die Windpotenzialanalyse von Weiden und den angrenzenden Kommunen vorgestellt wurde: „Wenn wir das gewusst hätten, wären wir in die Max-Reger-Halle gegangen!“ Die Sitzplätze im großen Sitzungssaal waren schnell besetzt. Viele Interessenten mussten mit einem Stehplatz vorliebnehmen.
OB Meyer betont Willen zur Bürgerbeteiligung
In seiner Begrüßung stellte der Oberbürgermeister den absoluten Willen zur Bürgerbeteiligung in den Vordergrund: „Wir stellen Ihnen zum frühest möglichen Zeitpunkt dieses Gutachten vor. Darüber hinaus betonen wir, dass die Analyse nur das Potenzial, also die Möglichkeiten der Gewinnung von Windenergie, darstellt. Damit wollen wir die Chance zur frühestmöglichen klimaneutralen Energieversorgung Weidens nützen.“
Weidener Weg zur Windenergie – vom Schwarzstorch gelernt
Bevor aber die bei der Stadt Weiden zuständigen Fachleute mit ihren Ausführungen begannen, ergriff Baudezernent Oliver Seidel das Wort. Auch er betonte den Willen zur absoluten Transparenz seitens der Verwaltung: „Vor zwölf Jahren passierten beim ersten Anlauf, Windenergie in Weiden zu etablieren bei allen Seiten Fehler, die zu Verwerfungen geführt haben. Zumindest die Verwaltung hat aus der Diskussion um den Schwarzstorch gelernt. Deshalb wollen wir mit dieser Auftaktveranstaltung die Bürger informieren und fortan auf dem Laufenden halten. Wir bitten daher alle Beteiligten um konstruktive Mitarbeit.“
Windenergie – am besten zusammen!
Jana Janota (Leiterin der Stadtplanungsabteilung) stellte ihre Einführung unter das Motto „Gemeinsamkeit“ oder besser gesagt unter Slogan: „Windenergie – am besten zusammen.“
So ist die Planungsabteilung dem gesetzlichen Auftrag gefolgt, für ihren Anteil an der ‚Planungsregion 6‘ (Landkreise Schwandorf, Amberg/Sulzbach, Neustadt/WN, Tirschenreuth sowie die darin eingebetteten kreisfreien Städte) eine Windpotenzialanalyse zu erstellen. Darin enthalten ist eine Pflichtausweisung von 1,8 Prozent der zur Verfügung stehenden Gesamtfläche. Die Stadtplanerin betonte, dass nicht die Stadt Weiden, sondern der Planungsverband letztendlich die Entscheidung trifft, wo Windenergieanlagen (WEA) errichtet werden könnten.
Ergebnisse der Windpotenzialanalyse anhand Grafiken präsentiert
Einen tiefen Einblick in die Ergebnisse der Studie gab Sachbearbeiterin Anna-Lena Schieder. Ausgehend vom Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) wurden ‚harte‘ (muss) und ‚weiche‘ (kann) Tabukriterien definiert. Zu den ‚harten‘ Kriterien zählen beispielsweise Wohngebäude oder Naturschutzgebiete. ‚Weiche‘ Kriterien sind Hochwasserschutzgebiete, Bau- oder Bodendenkmäler. Nun wurde seitens der Stadt eine Kombination beider Faktoren erstellt und in eine Landkarte übertragen.
Ziel ist es, diese Karten (Quelle: Stadt Weiden) mit allen Beteiligten so zu optimieren, dass größtmöglicher Konsens entsteht. „Nur so können wir auf den Planungsverband einwirken und das Beste für die Region erreichen.“
Wertschöpfung in der Region halten
Interessant waren die Informationen von Klaus Bergmann (Firma ETZ). Als Fachmann für Windenenergieanlagen berichtete er, dass mittlerweile Strom aus Solaranlagen und Windrädern hinsichtlich der Gestehungskosten wesentlich günstiger ist, als herkömmliche Methoden, die mit fossilen Brennstoffen arbeiten.
Als große Chancen für die Region sieht er die Möglichkeiten eines regionalen, günstigeren Stromtarifs. Auch die Investoren könnten als regionale Genossenschaften die Wertschöpfung vor Ort behalten.
Der Klimaschutzbeauftragte der Stadt Weiden David Kienle bekräftigte zusätzlich die Bereitschaft der Kommune zum Interessensausgleich aller Beteiligten: „Je größer der Schulterschluss, desto mehr wird Region profitieren.“
Nachfragen erwünscht
Um allen Besuchern der Veranstaltung Gelegenheit zu geben, Nachfragen zustellen, verteilte das Windenergie-Team Karten, auf denen Fragen gestellt werden konnten. Diese waren größtenteils konstruktiv und dienten der Sache.
Unruhig wurde es im Saal, als ein Anwesender mit einem langatmigen Statement versuchte, die Veranstaltung an sich zu reißen. Zunächst versuchte er im Publikum Stadträte persönlich per Handzeichen zu identifizieren. Auf mehrmaliges Drängen der Veranstalter schloss er endlich mit seinem Appell „den Naturschutz nicht zu vergessen“. Warum eine sinnvolle Nutzung der Windkraft gegen den Naturschutz steht, ließ er allerdings offen.
Weitere Termine im neuen Jahr
Am 24. Januar 2024 geht es um 19 Uhr mit einer Informationsveranstaltung für Grundstücksbesitzer in der Max-Reger-Halle weiter. Am 7. Februar 2024 werden die bis dahin gewonnenen neuen Erkenntnisse um 18 Uhr in der Max-Reger-Halle der gesamten Öffentlichkeit präsentiert.
Bis zu den Folgeterminen stehen die Türen der Stadtverwaltung für persönliche Gespräche, per E-Mail oder telefonisch offen. Zusätzlich können sich die Bürger Tag und Nacht hier über den aktuellen Stand informieren.
Vorsicht Yes-Butter! (Kommentar)
Vorab: Anglizismen sind in Presseartikeln nicht unbedingt schick. Doch bei der Windpotenzialanalyse drängte sich ein englischer Ausdruck direkt auf: „Yes-Butter“. Auf gut Deutsch: „Ja Aberer!“
Damit wird ein Mensch bezeichnet, der scheinbar zustimmt, dann aber durch seine nachfolgenden Bedenken sein „Yes!“ bewusst in ein „No!“ verkehrt.
Ein Redebeitrag zielte vermutlich auf diesen rhetorischen Trick ab. Er gipfelte in einem Ja zur Windenergie mit dem äußerst eigenartigen Appell an die Verwaltung: „Bitte vergessen Sie aber den Naturschutz nicht!“.
Diskussionsteilnehmer, die ihren Redebeitrag mit „Ich bin für Windenergie“ beginnen und anschließend mit einem sorgfältig vorbereiteten und langatmig vorgetragenen „aber“ fortfahren, schaden ihrer Sache und vor allem ihren Mitbürgern.
Die Stadtverwaltung hat glaubwürdig versichert, alle Beteiligten zu einem größtmöglichen Konsens zusammenzuführen.
Die „Yes-Butter“ tun gut daran, die ausgestreckte Hand der Kommune ohne „Ja, aber“ zu ergreifen.
Gefragt sind jetzt „Whynotter“, die konstruktiv an einer tragfähigen Lösung bei der Energiewende nach dem Motto mitarbeiten: Warum eigentlich nicht?
Martin Stangl
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