Cannabis-Teillegalisierung (3): Was sagt die Expertin der Weidener Suchtambulanz?

Nordoberpfalz. Zum 1. April 2024 ist die Teillegalisierung des Cannabiskonsums in Deutschland geplant. Aufgrund der enormen gesellschaftlichen Relevanz lässt OberpfalzECHO verschiedene Experten zu Wort kommen. Heute Diplom-Sozialpädagogin (FH) Michaela Lang (Fachambulanz für Suchtprobleme Weiden bei der Caritas).

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Suchtambulanz-Expertin Michaela Lang nimmt Stellung zur geplanten Teillegalisierung des Cannabiskonsums in Deutschland. Foto: Pixabay

In unserer Aufklärungsserie über die geplante Teillegalisierung von Cannabis kommt bei OberpfalzECHO heute eine Expertin zu Wort, die in ihrer beruflichen Praxis mit Suchtkrankheiten zu tun hat:

Diplom-Sozialpädagogin (FH) Michaela Lang ist Teamleiterin der Fachambulanz für Suchtprobleme Weiden bei der Caritas (Hinweis: Das Interview wurde leicht gekürzt und in Stichpunkte zusammengefasst).

Wie beurteilen Sie dieses Gesetz hinsichtlich Ihrer beruflichen Erfahrung?

  • Als Einstiegsdrogen können Alkohol und Zigaretten angesehen werden.
  • Nicht jeder, der Cannabis konsumiert, wird auch andere illegale Suchtmittel konsumieren.
  • Beim Konsum anderer illegaler Suchtmittel (z.B. Methamphetamine, Opioide …) tritt der Beikonsum von THC (Cannabis) häufig auf.
  • Cannabis ist schon seit längerer Zeit das Suchtmittel, das an zweiter Stelle nach Alkohol bei uns in der Beratung Thema ist. Es ist tatsächlich in städtischen als auch in ländlichen Gebieten sehr leicht erhältlich.
  • Ob das Gesetz Auswirkungen auf den lokalen Drogenmarkt haben wird, bleibt abzuwarten.
  • Meine Vermutung ist, dass es trotz der Beschränkungen weiterhin den illegalen Verkauf geben wird, außer der Preis würde den auf dem lokalen Drogenmarkt deutlich unterschreiten.
  • Gesundheitliche Aspekte (Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung, Psychosen etc.) sollten definitiv nicht unterschätzt werden.

Welche/n Vorteil/e sehen Sie in dem geplanten Gesetz?

  • Ein großer Vorteil ist die Entkriminalisierung des Besitzes und Erwerbs zugelassener Mengen.
  • Die Enttabuisierung des Konsums bietet Möglichkeiten, dass Konsumierende schneller bzw. leichter den Weg in ein Hilfesystem finden.
  • Des Weiteren ist es ebenfalls zu begrüßen, dass Anbauvereinigungen nicht gewinnorientiert handeln sollen und auch zum Beispiel auf Werbung verzichten sollen.

Welche/n Nachteil/e sehen Sie in dem geplanten Gesetz?

  • Unklar sind nach wie vor die Umsetzung bzw. Kontrolle der Regelungen.
  • Es wird weiterhin einen Schwarzmarkt für Cannabisprodukte geben. Damit verbunden sind weiterhin Unsicherheiten über die Qualität der Produkte. Damit wäre der bundesweite Ausbau von Drug Checking auch auf Cannabisprodukte notwendig.
  • Ein ebenso wichtiger Punkt wird die Ausgestaltung bzw. Umsetzung des Jugendschutzgesetzes und auch Prävention sein.
  • Auswirkungen auf den Straßenverkehr: praxistaugliche Nachweismethoden, die eine Fahrtauglichkeit oder auch Arbeitstauglichkeit widerspiegeln, müssen gefunden werden.

Wie bewerten Sie das geplante Gesetz hinsichtlich der Auswirkung auf Kriminalität?

  • Der Schwarzmarkt wird nicht völlig ausgerottet werden.
  • Die zulässigen Höchstmengen werden auch weiterhin überschritten werden und somit auch zu weiteren kriminellen Handlungen führen.

Wie bewerten Sie das geplante Gesetz hinsichtlich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen?

Wichtig hierbei wird sein, dass es beispielsweise eine gute und auch verstärkte Zusammenarbeit zwischen Suchthilfe, Schulsozialarbeitern, Kinder – und Jugendberatungsstellen und vor allem auch der offenen Kinder- und Jugendarbeit geben muss.

Dabei wird es eine intensive Aufgabe, Kinder und vor allem Jugendliche präventiv zu begleiten und auch Aufklärungsarbeit zu leisten. Deswegen wird der Ausbau der aktuellen Präventionsarbeit als dringend notwendig erachtet.

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Wie seht ihr die geplante Teillegalisierung des Cannabis-Konsums in Deutschland?

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