Cannabis-Teillegalisierung (6): Was sagen Justiz und Strafverteidigung?

Nordoberpfalz. Zum 1. April 2024 ist die Teillegalisierung des Cannabiskonsums in Deutschland geplant. Aufgrund der enormen gesellschaftlichen Relevanz lässt OberpfalzECHO verschiedene Experten zu Wort kommen. Heute - im letzten Teil - die Einschätzung von Strafverteidigung und Richterbund.

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Cannabis-Konsum soll teilweise legalisiert werden. Die Parteivertreter urteilen unterschiedlich. Foto: Pixabay

In unserer Aufklärungsserie über die geplante Teillegalisierung von Cannabis kommen bei OberpfalzECHO heute im letzten Teil der Weidener Strafverteidiger Rouven Colbatz und der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes Sven Rebehn zu Wort.

Rouven Colbatz ist Strafverteidiger, der am Weidener Landgericht schon viele Mandanten vertrat, denen Drogendelikte – teilweise in nicht geringem Umfang – vorgehalten wurden. Letzter größerer Strafprozess war am Landgericht Weiden das Verfahren gegen einen 80-Jährigen, der eine Cannabis-Plantage betrieb.

Strafverteidiger Rouven Colbatz begrüßt eine Anpassung

“Von einer ‚Legali­sierung‘ kann zwar mit Blick auf die Inhalte des Gesetzes kaum gesprochen werden; vielmehr handelt es sich um eine „teilweise“ Legalisierung. Da das Strafrecht als schärfstes Schwert des Rechts­staats nur als letztes Mittel zum Einsatz kommen darf, ist der eingeschlagene Weg jedoch der richtige. Es ist daher zu begrüßen, dass hier Strafvorschriften angepasst werden und insbesondere auch bereits ausgespro­chene, aber noch nicht vollstreckte Strafen für Taten, die nach der neuen Rechtslage nicht mehr strafbar wären, erlassen werden.

Es findet hier tatsächlich eine Entkriminalisierung statt. Problematisch ist die Festlegung der Grenzen, da grundsätzlich der Wirkstoffgehalt (THC) maßgebend sein sollte.”

Der Deutsche Richterbund kritisiert den Gesetzentwurf

Der Deutsche Richterbund hat über seinen Pressesprecher Matthias Schröter eine Erklärung herausgegeben, die sehr deutliche Kritik an der geplanten Novellierung übt:

Der Entwurf sei nicht geeignet, um zu einer nennenswerten Entlastung der Justiz beizutragen. Die Einschätzung der Regierung, dass ihre Pläne bei der Justiz und der Polizei zu Einsparungen von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr führten, träfe nicht zu. Die Justiz werde durch die Gesetzespläne nicht entlastet, sondern im Gegenteil eher zusätzlich belastet, sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn anlässlich der Befassung des Bundeskabinetts mit dem Gesetzentwurf.

„Das sehr kleinteilige Gesetz würde zu einem hohen behördlichen Kontrollaufwand, zu zahlreichen neuen Streitfragen und zu vielen Verfahren vor den Gerichten führen. Einige der geplanten Strafvorschriften sind mit erheblichen Nachweisschwierigkeiten und großem Ermittlungsaufwand für die Staatsanwaltschaften verbunden“, sagte Rebehn. Auch verwaltungsgerichtliche Verfahren oder nachbarschaftliche Streitigkeiten rund um den Cannabis-Anbau dürften sich häufen. Zudem ist aus DRB-Sicht kaum zu erwarten, dass der Schwarzmarkt durch die sehr bürokratischen Ampel-Pläne für den legalen Bezug künftig eingedämmt werden könne.

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